Leben mit Beeinträchtigung: So helfen Assistenzhunde
Assistenzhund "Toni" ist für sein Frauchen Doris Leipelt eine wichtige Stütze im Alltag: Die Lübeckerin ist Contergan-geschädigt. Doch "Toni" ist mehr als eine Haushaltshilfe auf vier Pfoten.
Immer zur Stelle, wenn sein Frauchen ihn braucht: Der neunjährige "Toni" hat im Haushalt von Doris Leipelt in Lübeck verschiedene Jobs. Dazu gehört unter anderem, die Waschmaschine auszuräumen. Neugierig steckt er seine schwarze Schnauze in die Wäschetrommel, holt Handtücher raus und gibt sie seinem Frauchen vorsichtig in die Hand. "Wenn ich das anderen Leuten erzähle, glaubt mir immer keiner", sagt Leipelt und lacht. Für sie selbst ist es zu beschwerlich, die Waschmaschine auszuräumen: Die 62-Jährige wurde mit verkürzten Armen geboren, hat Missbildungen an den Händen.
Ihre Mutter hat in der Schwangerschaft das Medikament Contergan genommen. Der Wirkstoff Thalidomid führte bei vielen Ungeborenen im frühen Stadium der Schwangerschaft zu Missbildungen: einer der größten Arzneimittelskandale in Deutschland. Doris Leipelt geht damit gelassen um. "Ich weiß ja auch nicht, wie ihr mit den langen Armen umgeht. Ich habe das nicht anders gelernt. Für mich ist das so und ich leb' mit den Armen genauso wie Sie mit Ihren."
Leben mit Servicehund "Toni"
Und deshalb lebt Doris Leipelt mit Double-Doodle "Toni": Eine Mischung aus Labrador, Golden Retriever und Pudel. Durch ihr freundliches Wesen und die Freude am Apportieren eignet sich diese Rasse besonders für die Arbeit als Assistenzhund. Aber "Toni" ist für sein Frauchen mehr als das. "Ich kann mit ihm reden, er widerspricht nicht. Auch wenn es mir mal nicht gut geht, wenn ich mal traurig bin, er ist immer da. Allein das hilft sehr viel", sagt Doris Leipelt und tätschelt liebevoll über "Tonis" Kopf. Die beiden sind nun schon seit acht Jahren ein unzertrennliches Team. Ganz gleich, ob "Toni" die Waschmaschine ausräumt, Doris Leipelt die Schuhe bringt oder ihr die Socken auszieht. Außerdem kann er die Haustür aufmachen, wenn die beiden von ihren täglichen Gassigängen zurückkommen. Das demonstrieren die beiden prompt stolz: Doris Leipelt gibt den Zugangscode ein, dann ertönt ein Summen. Als der Hund das hört, drückt er mit seiner Schnauze die Tür auf.
Kostspielige Ausbildung
Ausgebildet werden Assistenzhunde wie "Toni" in der Regel von privaten Initiativen beziehungsweise Vereinen, die sich über Spenden und Sponsoren finanzieren. "Tonis" Ausbildung hat seinerzeit 18.000 Euro gekostet. "Einen Großteil davon hat die Contergan-Stiftung gezahlt", sagt Doris Leipelt. Von der Krankenkasse gibt es für sogenannte Servicehunde wie "Toni" kein Geld: Die zahlt nur für Blindenhunde. Experten gehen davon aus, dass bundesweit etwa 2.000 bis 3.000 Assistenzhunde im Einsatz sind.
"Toni" braucht tägliches Training
Mit der Ausbildung ist die Arbeit mit dem Hund aber noch lange nicht getan. Damit er im Training bleibt, übt Doris Leipelt täglich mit ihm. Dazu gehören unter anderem Übungen zur Unterordnung: "Toni" muss sich zum Beispiel hinsetzen und sein Frauchen entfernt sich. Er darf erst zu ihr laufen, wenn er das Kommando dazu bekommt. "Ich bin auch acht Jahre lang mit ihm zur Hundeschule gegangen. Da habe ich viel gelernt, wie man mit Hunden umgeht. Das hat auch die Bindung unwahrscheinlich gestärkt. Und es hat Spaß gemacht!"
"Toni" geht bald in Rente - bleibt aber bei Doris Leipelt
Da "Toni" mit neun Jahren schon ein betagter Hundeherr ist, darf er nächstes Jahr in Rente gehen. Doch er bleibt bei seinem Frauchen. Sie bekommt dann im nächsten Jahr einen neuen Servicehund: ebenfalls einen Double-Doodle, so wie "Toni". Dieses Mal hat sich Doris Leipelt für eine Hündin entschieden. "Die ist eine ganz schöne Hummel, so wie ich", sagt sie und lacht. Im kommenden Jahr hat die Nachfolgerin von "Toni" ihre Ausbildung zum Assistenzhund abgeschlossen.