Nachfolge gesucht: Grundschulen in SH fehlen Schulleitungen
Der Lehrermangel setzt den Schulen im Land weiter zu. Auch bei der Neubesetzung von Schulleitungen ist das zu spüren. Eine Schule in Wattenbek sucht seit zweieinhalb Jahren - aus vielerlei Gründen.
Schön gelegene Schule, beste Verkehrsanbindung, leistungsfähiges Kollegium mit netten Schülerinnen und Schülern sucht fähige Schulleitung ab sofort! So oder so ähnlich könnte die Suchanzeige lauten für die Landschule an der Eider in Wattenbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Zweieinhalb Jahre sucht die Schule bereits nach einer Nachfolge für die Schulleitung. Insgesamt zwölf Bewerbungsrunden hat es bereits gegeben. Bisher ohne Erfolg.
Schulleiter-Suche mit ungewöhnlichen Mitteln
Bei Bewerbungsversuch Nummer neun schaltete die Schule sogar eine Anzeige in der Zeitung. Ungewöhnlich, denn normalerweise werden die Stellen über das Nachrichtenblatt des Bildungsministeriums ausgeschrieben oder über ein Online-Portal. Doch auch das führte letztendlich nicht zum Erfolg. Zwar gab es Bewerbungen, doch entweder passten diese nicht zur Schule oder die Bewerber zogen ihren Hut wieder aus dem Ring.
Dutzende offene Leitungsposten über alle Schulformen
Das Problem, keine Nachfolger für die Schulleitung zu finden, hat nicht nur die Grundschule in Wattenbek. Das Problem gibt es landesweit. 54 Stellen waren zu Beginn des gerade auslaufenden Schuljahres über alle Schulformen hinweg offen. Das geht aus Zahlen des schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums hervor. Das entspricht ungefähr jeder 14. Stelle, die nicht besetzt ist.
Doch warum genau wird kein passender Kandidat für die Schule in Wattenbek mit rund 300 Kindern gefunden? Eine einfache Antwort gibt es nicht, sagt Hauke Landt-Hayen. Er ist der Schulverbandvorsteher des Amtes Bordesholm. Die Gründe seien - wie so oft - vielseitig.
Fehlende Lehrer bedeuten: Fehlende Kandidaten
Einen der Gründe sieht er darin, dass der Schule der Unterbau fehle: "Wir haben ja nicht nur einen Schulleiter-Mangel, sondern wir haben auch einen Lehrermangel", so Landt-Hayen. Das sei die Grundlage, auf der die Misere aufbaue. Das führe wiederum zu dem Problem, dass um die Lehrkräfte, die für einen Leitungsposten in Frage kämen, von vielen Seiten gebuhlt werde, so der Schulvorsteher.
Landt-Hayen sagt, früher hätten Schulleitungen fähige Lehrer oder Lehrerinnen ermuntert: "Mensch, bewirb dich doch mal auf die Stelle." Doch das würde heute niemand mehr tun, so Landt-Hayen. Zu groß sei die Angst der Schulleiter, dadurch Kolleginnen und Kollegen zu verlieren, deren Stellen sie anschließend nicht mehr neu besetzen können.
Kommissarische Leiterin mit den Kräften am Ende
In der ländlich gelegenen Grundschule in Wattenbek hat vor rund zweieinhalb Jahren die stellvertretende Schulleiterin Marion Albrecht die Leitung übernommen - allerdings nur vorübergehend. So lange, bis jemand Neues gefunden ist. Denn gänzlich die Stelle zu übernehmen, käme nicht in Frage, sagt sie. Schon jetzt sei die Belastung enorm. Es zehre an den Kräften, mit denen sie so langsam am Ende sei, so Albrecht.
An vielen Schulen wird auf mehrere Schultern verteilt
Es ist eine anstrengende Hängepartie - und das nicht nur für die kommissarische Schulleitung, sondern auch für die restlichen Lehrerinnen und Lehrer der Schule. Sie versuchen, Aufgaben abzunehmen und die Belastung, soweit es geht, gemeinschaftlich abzufedern.
Eine, die das versucht, ist Kerrin Bellmann. Sie ist Lehrerin an der Schule und sieht einen weiteren Grund, dass keine Nachfolge gefunden wird, in der Arbeitsverteilung des Jobs als Schulleiterin. Zu der pädagogischen Arbeit am Kind kämen eben noch die Verwaltungsaufgaben hinzu. Zwei Drittel Verwaltung, ein Drittel Kind: Das sei das Verhältnis, so Bellmann. Viele Lehrkräfte würden jedoch mehr mit den Kindern arbeiten wollen. "Wenn man eine Schule leitet, dann geht das aber nicht."
Es gibt mehr Grundschulen als andere Schulformen
Eine Lösung wäre laut Bellmann, wenn ausgebildete Verwaltungsbeamte auch an Schulen eingestellt würden. Sie könnten dann beim Verwaltungsteil unterstützen und für die Lehrenden bliebe mehr Zeit mit dem Kind. Ein solches Modell werde bereits getestet, sagt sie. Eine Auswertung stehe allerdings noch aus.
Dass Grundschulen unter allen Schulformen das größte Problem haben, Leitungen zu finden, hat laut Bildungsministerium auch damit zu tun, dass es von dieser Schulform die meisten im Land gibt - nämlich 394. Bei den 100 Gymnasien, den 136 Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe und den 44 mit sowie den 83 Förderschulen sei die Zahl offener Stellen deutlich geringer.
Bildungsministerium: Attraktivität soll gesteigert werden
Dass der Beruf des Schulleiters oder der Schulleiterin attraktiver werden müsse, hat man im Bildungsministerium nach eigenen Angaben erkannt. Auf Nachfrage teilte das Ministerium mit, dass deshalb die Bezahlung von Schulleitungen und den Stellvertretern um eine Besoldungsstufe angehoben worden sei. So erhält die Schulleitung einer Grundschule mit mehr als 180 bis zu 360 Schülerinnen und Schülern eine Besoldung nach A14.
Außerdem sei das Angebot an Fortbildungen ausgeweitet worden. Mehrere Programme des Landes widmen sich der Ausbildung von Führungskräften im Schulbereich. Und das Zeitbudget sei angepasst worden, heißt es. Schulleitungen müssen also seit dem Schuljahr 2020/21 weniger Unterricht geben und sollen mehr Zeit für ihre Leitungszeit haben - wobei das Beispiel Kerrin Bellmann zeigt, dass sich manche potenziellen Kandidaten das offenbar genau andersherum wünschen.
Forderung: "Ermäßigung für Schulleiter müssen größer werden"
Es seien dennoch Anpassungen, so der Schulvorsteher Landt-Heyen, die man vor Ort auch wahrnehme. Aber: Es seien auch die Arbeitsbedingungen, die schwieriger geworden sind, sagt er. "Deswegen glaube ich, müssen die Ermäßigungen, die man als Schulleiter für Verwaltungstätigkeiten hat, noch größer werden, als sie jetzt schon sind."