Marode Kirche: St. Marien Lübeck braucht Millionen für Sanierung
Die Marienkirche im Lübecker Zentrum gehört zu den Aushängeschildern der städtischen Architektur. Millionen-Beträge fehlen jedoch noch, um die Kosten für aufwendige Erneuerungsarbeiten zu decken.
Reiches Erbe – teures Erbe. Lübeck, die Königin der Hanse, weist in ihrer Altstadt gleich mit sieben Kirchentürmen auf ihre bedeutsame Geschichte hin. Zwei dieser Kirchtürme gehören zu der Marienkirche im Herzen der Altstadt. Als bekanntes Aushängeschild von Lübeck zieht diese viele Menschen außerhalb und innerhalb der Stadtmauern an. Doch der kulturelle Schatz ist sanierungsbedürftig. Rund 28 Millionen Euro werden die Arbeiten verschlingen. Ein Großteil des Geldes wird zur Hälfte vom Bund sowie von der Kirche bereitgestellt.
Modrow: Bis Oktober fehlen noch 5,3 Millionen Euro
Um die finanziellen Lücken zu schließen, soll die Stiftung "7 Türme+" Abhilfe schaffen. Die Anerkennung der Stiftung steht jedoch noch aus. Bastian Modrow von der Presseabteilung der Kirche und der Stiftung "7 Türme+" geht davon aus, dass im Oktober das Stiftungsvorhaben abgeschlossen ist. Bis dahin müssen auch die restlichen Gelder eingetrieben sein. Von der 7,4 Millionen Euro schweren Lücke konnte durch Spenden schon ein gewisser Betrag eingesammelt werden. 5,3 Millionen müssen bis Oktober jedoch noch besorgt werden.
Herbfallender Putz und undichte Fenster
Vor 70 Jahren wurde die Kirche zuletzt im großen Maßstab saniert, sagt Bauchefin Liane Kreuze. Das Gewölbe sowie die Wandoberflächen im Allgemeinen müssen nun ausgebessert werden. Herabfallender Putz von den Gewölbewänden birgt auch eine Gefahr für Menschen. Und auch die Restaurierung der Wandmalereien gehört zu dem Vorhaben.
Eine weitere tragende Säule bei der Erneuerung der Kirche: die Sanierung der Fenster. "Die Fenster sind undicht und nur einseitig verkittet", erklärt Bauchefin Kreuzer. Schädigendes Wasser könnte von außen in das Gebäude eindringen. An den Fensterstäben zeigen sich ebenfalls Risse. Diese müssen repariert werden. Die Kosten allein für die Fenstersanierung belaufen sich laut Kreuzer auf 5,2 Millionen Euro.
Bodenheizung zum sogenannten Temperieren
Probleme soll man an der Wurzel anpacken. Trotzdem müssen die Maßnahmen zur Sanierung erstmal oben beginnen. Bevor Arbeiten am Boden durchgeführt werden können, müssen die Gewölbe-, Wand- und Fensterarbeiten abgeschlossen sein. Erst dann könne die Erneuerung der Bodenheizung umgesetzt werden, so Kreuzer. Die Bauchefin weist darauf hin, dass die Heizung nicht wie im Eigenheim für eine wohlige Raumtemperatur gedacht ist. Die Bodenheizung dient demnach dem sogenannten Temperieren. Ziel ist es, die Feuchtigkeit aus dem Gebäude zu bekommen. Speziell im Sommer stelle das Lüften eine große Herausforderung dar, weil es tagsüber zu feucht sei. Kreuzer verweist auf den Lübecker Dom, wo im Sommer teilweise auch die Heizung läuft. Auch hier gehe es darum die Feuchtigkeit aus dem Gebäude zu bekommen.
Bauchefin Kreuzer: "Es ist auch unser Erbe"
Wenn von der Stadt mit den sieben Türmen die Rede ist, dann wüssten die Menschen in der Regel, dass es um die Hansestadt Lübeck gehe, sagt Kreuzer. Die Identität der Stadt sei mit den Kirchen verwoben. Sie macht das unter anderem auch daran fest, wie viele Betriebe ihre Marke mit den sieben Türmen bewerben. Für die Bauchefin ist jedoch klar: "Es geht hier nicht um das Erbe der Kirche. Es ist auch unser Erbe". Die Geschichte hinter der Kirche ist für Kreuzer nicht nur eine christliche, sondern die der Stadt.
Was leistet die Marienkirche in Lübeck?
Zweifellos hat die Marienkirche eine touristische Sogwirkung - ähnlich wie das Holstentor, das ein beliebtes Fotomotiv darstellt. Die 102 Meter lange und 125 Meter hohe Marienkirche beeindruckt nicht nur durch die Dimensionen des Gebäudes, sondern auch durch die Bedeutung für die gotische Baukunst in Backstein-Manier. Nach ihrem Vorbild wurden viele weitere Kirche im Ostseeraum gebaut.
Kunstgeschichtlich bietet die Marienkirche Erstaunliches. Und auch die jüngere Geschichte erzählt das Gebäude: einerseits durch die beim Brand 1942 heruntergestürzten Glocken und andererseits durch die von Johannes Schreiter gestalteten Fenster der fast fertig sanierten Briefkapelle.
Darüber bietet die gotische Backstein-Kirche eine Heimat für Musik. Besonders Orgelkonzerte finden dort einen authentischen Rahmen mit entsprechender Akustik.
Lübeck ist nicht allein mit diesem Problem
Im Dezember vergangen Jahres berichtete NDR Schleswig-Holstein über das Großsanierungsprojekt auf der Nordsee-Halbinsel Eiderstedt (Kreis Nordfriesland). 18 alte Kirchen sind hier auf engstem Raum verteilt. 16 davon sind sanierungsbedürftig. Auch dort wurde ein Spendenverein gegründet, um die zusätzlichen Lücken zu schließen. Auf der Internetseite meldete der Spendenverein im Februar, dass fast die Hälfte des Vorhabens erreicht wurde. Und auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein wurde nun gesagt, dass bald zwei Drittel des Sanierungsvorhabens umgesetzt worden ist. 19 Millionen Euro wird das Sanierungsprojekt auf Eiderstedt in Anspruch nehmen. Die Hälfte der Kosten übernimmt auch dort der Bund.
Marode Kirchen-Substanz auch im Norden Schleswig-Holsteins
Die am Südermarkt gelegene Nikolaikirche in Flensburg hat ebenfalls mit Sanierungsbedarf zu kämpfen. Erst im Juli kam die Meldung, dass ein zweiter Bauabschnitt durch das Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes gefördert wird. Bereits 2022 erhielt die Kirche für den ersten Bauabschnitt 580.000 Euro für die Instandsetzung des Innenraums. Ähnlich wie die Marienkirche in Lübeck rahmt die Nikolaikirche das historische Zentrum der Stadt ein.
Bewahrung handwerklicher Tradition
Im Gespräch mit Bauchefin Liane Kreuzer wurde ein unscheinbarer Aspekt angemerkt: Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten bewahren auch handwerkliches Wissen. Materialien und handwerkliche Abläufe haben sich verändert. Moderne Materialien könnten sich negativ auf die historische Substanz auswirken, weshalb es wichtig ist die handwerkliche Tradition zu pflegen.