Lebenswerk Totenstätte: Lübecks erster Indoor-Friedhof
Lübeck hat einen neuen Friedhof. Und das mitten in der Altstadt an der Untertrave. Nach jahrelangen Problemen mit Brandschutzvorschriften ist das Kolumbarium "Die Eiche" nun offiziell eröffnet worden.
Es ist eine ganz besondere Atmosphäre, die dieses Haus am Rande der Lübecker Innenstadt versprüht. 1873 erbaut im Auftrag des Kaufmanns und Senators Thomas Johann Heinrich Mann, dem Vater des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Das siebenstöckige Gebäude war damals als Kornspeicher genutzt worden. Heute hat es eine andere Funktion als Urnenbegräbnisstätte bekommen.
In der Feierhalle im Erdgeschoss, dem zentralen Ort des Kolumbariums, hängt eine mehrere Meter hohe Lichtskulptur mit mehr als 12.000 Porzellanplättchen. Hier finden die Trauerfeiern statt. In den oberen Etagen finden 3.400 Urnen Platz in kunstvoll gestalteten Fächern. Und die Nachfrage ist hoch.
Deutlich anonymer: Veränderte Bestattungskultur
Die Bestattungskultur in Deutschland erlebt aktuell einen Wandel. Klassische Bestattungen in Särgen auf Friedhöfen werden seltener. Viele Gräber bleiben leer. "Wir beobachten seit Jahren einen Kulturwandel hin zu anonymen Bestattungen", erklärt Michael Angern, der mit seiner Lebensgefährtin Peggy Morenz "Die Eiche" ins Leben gerufen hat. "Die Menschen wollen ihren Nachkommen keine Grabpflege mehr aufbürden". Diesem Trend wollten die Gründer etwas entgegensetzen.
"Wir wollen die Erinnerungen an den einzelnen Menschen aufrechterhalten und versuchen, ein kulturelles Gedächtnis zu bewahren." Michael Angern
Knapp 30 Urnen sind bereits beigesetzt worden, 100 Grabkammern wurden reserviert. "Nicht nur von alten oder kranken Menschen, auch von jungen Menschen, die es hier so schön finden", ergänzt Peggy Morenz. "Für sie gibt es Einzelgräber, Doppelgräber, Gräber für Familien und auch ein Gemeinschaftsgrab". Die Kosten sind abhängig von der Art des Grabes. Die Bestattung in einem Gemeinschaftsgrab ist mit rund 2.800 Euro am günstigsten. Rechtlicher Träger der Einrichtung ist die Heilsarmee, die auch ehrenamtliche Trauerbegleitende stellt.
Firma verkauft, Friedhof gebaut
Fertig umgebaut ist das Gebäude bereits seit drei Jahren. Insgesamt verfolgen die beiden das Projekt seit inzwischen zehn Jahren. Mehrere Millionen Euro aus ihrem Privatvermögen sind hineingeflossen. "Das Geld stammt aus dem Verkauf meiner Firma", erzählt Michael Angern. Der IT-Experte hatte in seinem vorherigen Berufsleben eine Software für Bestattungsunternehmen geschrieben. Seine Lebensgefährtin gestaltete Porzellanurnen.
"Insofern hatten wir beide schon Berührungspunkte mit dem Thema Bestattung", so Angern. "Und auf diese Weise wollten wir etwas zurückgeben, für zwei wirklich außerordentlich erfolgreiche Berufsleben".
Brandschutz verzögert Eröffnung
Vor große Hürden stellte die beiden allerdings der Brandschutz. Ihre Konzepte seien 14-mal abgelehnt worden. Erst beim 15. Mal hätten die Behörden es akzeptiert. "Wir sind jetzt der sicherste Ort, wenn es brennt in Lübeck", sagt Angern mit einem kleinen Augenzwinkern. Das langfristige Ziel des Paares: Die Gründung einer Stiftung, die sich mit den Themen rund um die Bestattung und den Neuanfang beschäftigt.