Landesweite Busstreiks in SH gehen weiter

Stand: 07.11.2024 20:56 Uhr

Im Tarifkonflikt im privaten Busgewerbe in Schleswig-Holstein geht der Kampf weiter: Am Freitag soll vor allem der Schülerverkehr betroffen sein. Bereits Mittwoch fielen in weiten Teilen des Nordens die Busse aus.

Die Gewerkschaft ver.di macht ihre Ankündigung zu spontanen Streiks auch am Freitag wahr: Im Tarifkonflikt bei den privaten Busunternehmen in Schleswig-Holstein hat ver.di die Beschäftigten landesweit zu einem weiteren Streiktag aufgerufen. Davon sind laut Gewerkschaftssprecher Frank Schischefsky mit hoher Wahrscheinlichkeit neben zahlreiche Verbindungen im Schülerverkehr auch die Fahrten des Flughafenzubringers Kielius betroffen. Der Streik soll mit dem Frühdienst am Freitag beginnen und am Abend mit der letzten Schicht enden.

Laut Frank Schischefsky ist es zwingend notwendig, den Druck weiter zu erhöhen: "Nachdem, was man von den Arbeitgebern auch über die Medien so hört, scheint da immer noch nicht angekommen zu sein, wie hoch die Not bei den Beschäftigten ist.

ÖPNV in kreisfreien Städten fährt

Schon am Montag hatte die Gewerkschaft ver.di mitgeteilt, dass die Streiks nun jederzeit und überall im Land stattfinden können - nicht betroffen seien die Betriebe der vier kreisfreien Städte, wie zum Beispiel die KVG in Kiel. Auf den Strecken, auf denen aber die Autokraft in die Stadt hineinfährt, könne es zu Ausfällen kommen.

Autokraft wird einzelne Verbindungen voraussichtlich befahren

Die Autokraft GmbH hat auf ihrer Internetseite Streikfahrpläne für den Kreis Ostholstein und den Kreis Rendsburg-Eckernförde veröffentlicht. Darin werden Verbindungen aufgeführt, die "trotz Streik voraussichtlich durchgeführt werden".

Auch bei der Ahrensburger Busgesellschaft mbH (Kreis Stormarn) und der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (Kreis Pinneberg) gibt es Fahrten, die laut der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH trotz des Streiks planmäßig verkehren:

  • Linie 374 Bf. Bargteheide - S Poppenbüttel
  • Linie 574 Schülerbeförderung Bergstedt
  • Linie 627 (Nachtbusverkehr in der Nacht von Freitag auf Sonnabend)
  • Linie 776 Schülerbeförderung GS Wöhrendamm - Meilsdorf
  • Linie 776 Schülerbeförderung Reinbek / Glinde - Berufliche Schulen Ahrensburg

OVN: In den meisten Mitgliedsunternehmen gibt es keinerlei Streiks

Mit Beginn der Frühschicht waren bereits am Mittwochmorgen die Beschäftigten der Betriebe des Omnibusverbands Nord bis zum Dienstende zum Streik aufgerufen. "Wir bekommen aus den meisten Standorten die Rückmeldungen, dass ein Großteil der Verkehre auch steht", sagte ver.di-Sprecher Frank Schischefsky am Mittwoch. Es gab laut dem Sprecher aber immer mal vereinzelt Busse, die fuhren.

Zum Omnibusverband Nord gehören rund 80 private Omnibusunternehmen aus Hamburg und Schleswig-Holstein mit etwa 1.700 Bussen. Doch aus Sicht des OVN sind üblicherweise lediglich sechs bis acht Mitgliedsunternehmen vom Streik betroffen - in den meisten Mitgliedsunternehmen gebe es keinerlei Streiks, teilte OVN-Geschäftsführer Joachim Schack am Mittwoch mit. Daher fänden gerade im landesweiten Schülerverkehr die vorgesehenen Busfahrten vielfach ganz regulär statt. Hier sollten sich Fahrgäste stets mit dem jeweiligen Busunternehmen in Verbindung setzen beziehungsweise sich auf dessen Webseite erkundigen.

Busse im Kreis Pinneberg trotz Streik unterwegs

Im Kreis Pinneberg fuhren am Mittwoch trotz Streik viele Busse der Pinneberger Kreisverkehrsgesellschaft (KviP). Nach Angaben der KviP mache das eine Vereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und den Beschäftigten möglich. Demnach sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab sofort mehr Geld bekommen - und zwar bis es einen Tarifabschluss gibt. Die Gewerkschaft ver.di reagierte erstaunt: Das Argument des Omnibusverbandes Nord (OVN) sei bisher, dass kein Geld vorhanden sei, um Löhne zu erhöhen. Die Vereinbarung bei der KviP sei der Beweis, dass das Geld da sei, so Schischefsky.

Ver.di-Verhandlungsführer: "Eine andere Möglichkeit haben wir als Gewerkschaft nicht"

Ver.di wendet ein, dass die genannten sechs bis acht Betriebe allerdings etwa 80 Prozent der Busfahrer und Busfahrerinnen ausmachen würden, den Großteil im Verband. Der Verhandlungsführer von ver.di Nord, Sascha Bähring, machte noch einmal deutlich, warum kein Weg an den Streiks vorbeiführe: "Wir haben einen klaren Auftrag der Mitglieder in den Betrieben bekommen, in den sogenannten Erzwingungsstreik zu gehen. Eine andere Möglichkeit haben wir als Gewerkschaft nicht, wenn Arbeitgeber so brutal einen ausgehandelten Kompromiss abräumen."

Urabstimmung war eindeutig

In einer Urabstimmung hatten zuvor fast 99 Prozent der stimmberechtigten ver.di-Gewerkschaftsmitglieder in den Betrieben in Schleswig-Holstein für eine Ausweitung des Arbeitskampfes, also unbefristete Streiks, gestimmt.

OVN kritisiert Streiks, ist aber zu Gesprächen mit ver.di bereit

"Streiks bleiben auch weiterhin überflüssig und sinnlos", schrieb OVN-Verhandlungsführer und Vorsitzender Klaus Schmidt auf die Streikankündigung von ver.di. Sie würden nur diejenigen schaden, die auf dem Land auf den ÖPNV angewiesen wären. Der OVN lädt deshalb in der kommenden Woche am Montag (11.11.) zu Gesprächen ein. Schmidt hofft auf eine baldige Einigung, verweist aber gleichzeitig auf die aktuellen Kürzungen des Landes im öffentlichen Nahverkehr.

Zurückgezogener Tarifvertrag sorgte für Warnstreiks

Hintergrund der Streiks ist ein geplatzter Tarifvertrag: Die ursprüngliche Einigung zwischen ver.di und OVN sah eine Erhöhung der Entgelte um 275 Euro und die Auszahlung einer Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 850 Euro vor. Schon im Frühjahr hatten sich die Gewerkschaft und die Arbeitgeberseite zudem darauf geeinigt, dass die wöchentliche Arbeitszeit spätestens mit den neuen Ausschreibungen der Linien auf 37,5 Stunden sinkt.

Der OVN hatte jedoch seine feste Zusage überraschend wieder zurückgezogen. Die Begründung: Die Landesregierung hatte nach Angaben des Verbandes weniger Geld für den öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung gestellt. Der neue Tarifvertrag sei damit nicht mehr zu finanzieren. Die Beschäftigten des privaten Busgewerbes hatten deshalb mehrfach ihre Arbeit niedergelegt, zuletzt erst Mitte Oktober.

Warnstreik am Donnerstag bei Verkehrsbetrieben Kreis Plön

Zum privaten Bussektor gehören nicht die Verkehrsbetriebe Kreis Plön (VKP), für die ein anderer Tarifvertrag gilt. Fahrgäste der VKP mussten sich am Donnerstag allerdings Alternativen suchen. Denn ver.di hatte die Beschäftigten auch in den Betriebshöfen Schönberg, Plön, Preetz, Lütjenburg, Kiel und Bornhöved zu einem Warnstreik aufgerufen. In diesem Tarifstreit geht es um einen neuen Eisenbahn-Tarifvertrag, an den die VKP gebunden ist. Kommenden Montag soll weiter verhandelt werden.

Weitere Informationen
Mehrere parkende Busse des öffentlichen Personen-Nahverkehrs mit Kieler Kennzeichen. © NDR

Streik im privaten Busgewerbe: Großraum Kiel betroffen

Ver.di hat für Donnerstag Beschäftigte der Autokraft im Großraum Kiel zum Warnstreik aufgerufen. Es geht um den Tarifvertrag für das private Busgewerbe. mehr

Ein Linienbus mit Fahrtrichtung Alt-Duvenstedt. © Daniel Kummetz Foto: Daniel Kummetz

Privates Busgewerbe: Tarifkompromiss geplatzt, Streiks möglich

Der Omnibusverband Nord begründet den Schritt mit fehlenden finanziellen Mitteln. Ver.di sagt, nun seien auch unangekündigte Streiks möglich. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 07.11.2024 | 19:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Gewerkschaften

Öffentlicher Nahverkehr

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M.) übergibt Christian Lindner (r./FDP) Entlassungsurkunde als Finanzminister. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaut zu. © dpa bildfunk Foto: Christoph Soeder

Nach Ampel-Aus - Nord-Politiker uneins über die Zukunft im Bund

Während die SPD-Länderchefs Weil, Schwesig und Tschentscher das Vorgehen des Kanzlers unterstützen, fordert SH-Ministerpräsident Günther schnelle Neuwahlen. mehr

Videos