Lärm, Licht, Erschütterungen - Halstenbeker kritisieren Bahn-Pläne
Seit Wochen brodelt es in Halstenbek. Die Deutsche Bahn plant dort den Ausbau der Gleise für eine ICE-Boxenstopp-Anlage. Anwohnerinnen, Anwohner und die Gemeinde kritisieren die Pläne der Bahn.
Seit 15 Jahren gehört Jens Dose das Grundstück am Birkenwäldchen in Halstenbek (Kreis Pinneberg). Der Garten ist für ihn und seine Familie ein Ort der Erholung. "Wir verbringen hier den Großteil unserer Freizeit. Hier sind unsere Kinder groß geworden. Der ganze Sommer spielt sich eigentlich im Garten ab", erklärt der Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Söhnen. Doch die Idylle scheint endlich, denn die Bahn will die Gleisanlagen ausbauen und eine Anlage zur Reinigung und Wartung von ICEs errichten. Vier neue Gleise sollen dabei ausschließlich auf Halstenbeker Gebiet entstehen und damit direkt am Garten von Jens Dose.
Er und weitere Anwohnerinnen und Anwohner leben seit Jahren, teilweise Jahrzehnten, mit der Bahn vor der Gartentür. Sowohl die S-Bahn- als auch die Regional- und Fernverkehrstrasse in Richtung Kiel und Sylt verlaufen dort. Ein aufgeschütteter Lärmschutzwall schützt die meisten Häuser und Wohnung bisher ausreichend vor den Geräuschen, die beim Vorbeifahren der Bahnen entstehen. Schon jetzt gibt es aber Grundstücke, die direkt an die Gleise angrenzen, ohne jede Form eines Lärmschutzes.
Wird es noch lauter in Halstenbek?
Die Sorge von Jens Dose und den anderen Betroffenen: Durch den Gleisausbau im Dreischichtbetrieb und auch, wenn die Anlage dann in Betrieb genommen wird, werden die Auswirkungen noch spür- und vor allem hörbarer: "Man merkt heute schon, wenn hier im Gleisbett gearbeitet wird, dann wackeln unten die Scheiben. In der Betriebsphase werden wir hier dann Dauerbeschallung haben, durch die ein- und ausfahrenden Züge. Die werden dann hier beim Betrieb von Klima- und Heizungsanlagen von innen gereinigt. In Zukunft werden wir hier 24/7 an 365 Tagen im Jahr eine Lärmbelästigung haben."
Im Oktober 2023 wurden Jens Dose und die anderen Anwohnerinnen und Anwohner von der Bahn kontaktiert, wegen der Genehmigung für den Bau einer Lärmschutzwand. Erst dadurch seien sie überhaupt auf die Pläne des Verkehrsunternehmens aufmerksam geworden, sagen sie. Von Mitte November an waren dann die Planungsunterlagen für einen Monat einzusehen, online und in gedruckter Form im Halstenbeker Rathaus. Erst da sei ihnen bewusst geworden, wie massiv die Bauarbeiten und die Einschränkungen werden könnten.
Infoabend erst drei Wochen nach Ende der Einwendungsfrist
Bis zum 16. Januar konnten die Anwohner beim zuständigen Eisenbahn-Bundesamt Einspruch gegen die Pläne der Bahn einlegen. Erst drei Wochen später hat der Konzern zu einem Informationsabend eingeladen. Privatpersonen, die bis dahin keinen Einspruch eingelegt hatten, konnten das dann auch nicht mehr tun. Einzig die Gemeinde hatte wegen einer Fristverlängerung bis 21. Februar dafür Zeit, erklärt Bürgermeister Jan Krohn (CDU).
Auch die Gemeinde ist von den Bahn-Plänen wenig begeistert
Er selbst habe zunächst gar nicht gewusst, was es mit den Aktenordnern und den Unterlagen auf sich habe. Seit Mitte November zählt der Ausbau der ICE-Abstellgleise zu einem der Hauptthemen, mit denen er sich beschäftigt. Die Forderungen der Gemeinde decken sich mit denen der Anwohnerinnen und Anwohner: der maximale Schutz an Lebensqualität. "Idealerweise wäre das eine komplette Einhausung. Das bedeutet, dass die Gleise, auf denen die Baumaßnahmen und später dann Reinigungsmaßnahmen an den Zügen vollzogen werden, komplett in einer Halle verschwinden."
Bahn: Anwohnende müssen keine Verschlechterung befürchten
Die Bahn erklärt auf NDR Anfrage, dass sie den Schutz der Anwohnenden vor Lärm ernst nimmt. Weiter heißt es im Statement einer Sprecherin: "Mit dem geplanten Schallschutz wird ein Vollschutz erreicht, was bedeutet, dass die Anwohnenden keine Verschlechterung der Situation durch das geplante Projekt befürchten müssen."
Bürgermeister Jan Krohn und auch die Halstenbeker Anwohnerinnen und Anwohner um Jens Dose betonen, dass sie grundsätzlich für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sind: "Wir leben hier an der Bahn und bislang leben wir im Einklang mit der Bahn. Wir wehren uns nicht gegen das Projekt. Nur wir möchten den maximalen Schutz für unsere Gesundheit, für unsere Wohnqualität und unsere Lebensqualität. Und das ist auch für die Bahn die Chance, einfach auch mehr Akzeptanz zu bekommen. Das wäre wirklich die Chance - über den Dialog mit uns betroffenen Bürgern", erklärt Wilfried Malchow, der ebenfalls direkter Anwohner der auszubauenden Gleise ist.
Das Eisenbahn-Bundesamt prüft die Einwände der Anwohnerinnen, Anwohner und der Gemeinde jetzt, und entscheidet dann über das weitere Vorgehen. 2025 will die Bahn mit den Bauarbeiten beginnen. Bis dahin hoffen Jens Dose und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter, "dass am Ende doch nicht alles so schlimm kommen wird, wie wir es befürchtet haben." Vielleicht werde ja nochmal nachgebessert, so die Hoffnung der Halstenbeker.