Kurzzeitpflege in Schleswig-Holstein überlastet
Theoretisch stehen jedem pflegenden Angehörigen bis zu acht Wochen im Jahr zu, in denen er den Pflegebedürftigen in eine Kurzzeitpflege geben kann. Doch es gibt weniger Plätze als gebraucht werden.
Wer zuhause einen pflegebedürftigen Partner oder ein schwerbehindertes Kind betreut, ist rund um die Uhr zuständig und verantwortlich. Um das durchzuhalten, brauchen pflegende Angehörige Entlastung und Auszeiten, um Kraft zu schöpfen. Dafür gibt es die Kurzzeitpflege. Heißt: Die Pflegeperson kann den zu Pflegenden für bis zu acht Wochen in einer vollstationären Einrichtung betreuen lassen. Die Kosten dafür übernehmen die Pflegekassen mit bis zu 1.850 Euro.
Das Problem: Für die rund 176.000 Menschen mit anerkanntem Pflegegrad, von denen die meisten zu Hause betreut werden, gibt es nur rund 1.700 Kurzzeitpflege-Plätze in Pflegeheimen. Solitäre Kurzzeitpflege, also Einrichtungen, die ausschließlich für die Kurzzeitpflege gedacht sind, gibt es kaum: genau eine in Uhlebüll.
Auch Pflegestützpunkte können oft nicht weiterhelfen
Für Nicole Knudsen vom Verband der pflegenden Angehörigen "wir pflegen" ist klar: "Wir brauchen zusätzlich auch solitäre Kurzzeitpflege-Plätze!" Auch die von NDR Schleswig-Holstein angefragten Pflegestützpunkte in Schleswig-Holstein wissen bei der Vermittlung von Plätzen oft nicht weiter. So bekommt etwa der Pflegestützpunkt Herzogtum Lauenburg 15 bis 20 Anfragen monatlich. Aber: "Die vorhandenen eingestreuten Kurzeitpflegeplätze sind zu wenig und planbare Pflege gibt es gar nicht. Und es gibt kaum Möglichkeiten für pflegebedürftige Kinder und Jugendliche", sagt Cornelia Hagelstein vom Pflegestützpunkt.
Droht im ländlichen Raum eine Pflegetriage?
Für die Heime ist Kurzzeitpflege nach Angaben des Sozialministeriums aufgrund des hohen personellen und organisatorischen Aufwands wenig attraktiv. Freie Plätze werden lieber für die Pflege von "Langzeitgästen" verwendet. Für den Verband "wir pflegen" ist die Lage insgesamt kaum mehr tragbar. Insbesondere auf den Dörfern würden Tagespflegeeinrichtungen schließen. Ambulante Dienste würden ganze Landstriche nicht mehr anfahren, Heimplätze hätten jahrelange Wartezeiten. "Pflegende Angehörige bleiben mit hochkomplexen Pflegesituationen alleine. Ein Zustand, der im ländlichen Raum schon als Pflegetriage bezeichnet wird", sagt Nicole Knudsen von "wir pflegen".
Lichtblick in Flensburg
In Flensburg ist unterdessen ein erster Schritt gemacht - am Donnerstag (16.1.) erfolgte der Spatenstich im Sünderuper Weg in Flensburg für eine weitere solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtung. Hier entstehen immerhin 46 neue Plätze, das bedeutet mehr Plätze für Pflegebedürftige und mehr Entlastung für Pflegende. Das Land unterstützt den Bau mit 2,3 Millionen Euro aus IMPULS-Mitteln. Doch das Sozialministerium appelliert ganz klar, wenn die Kurzzeitpflege richtig funktionieren soll, muss die Finanzierungsstruktur der Pflegeversicherung von Grund auf reformiert werden.