Kommunalpolitik in SH: Es bleibt bei größeren Fraktionen

Stand: 02.02.2024 17:33 Uhr

Die Änderungen im Kommunalrecht, die im Juni 2023 in Kraft traten, sind rechtens. Das hat das Landesverfassungsgericht in Schleswig entschieden. Demnach müssen Fraktionen in Gemeindevertretungen mindestens aus drei statt aus zwei Personen bestehen.

von Fabian Boerger

Die neue Mindestgröße gilt künftig in Gemeinden, Kreisen und kreisfreien Städten, in denen die Vertretungen mindestens 31 Mitglieder haben. Außerdem gelten künftig neue Voraussetzungen für Bürgerbegehren und -entscheide. 

Mit dem Urteil hat das Gericht Anträge von FDP und SSW abgelehnt. Sie hielten die Änderung für verfassungswidrig und reichten eine Normenkontrollklage ein. Konkret sahen sie in der höheren Mindestgröße von Fraktionen einen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung und das Demokratie-Prinzip. Durch die geänderten Voraussetzungen bei Bürgerbeteiligungen befürchteten sie massive Einschnitte in die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger. 

Bereitsin einer Anhörung im November 2023 hatten Vertreter der Landesregierung der Kritik widersprochen und die Anträge zurückgewiesen. Einen Eilantrag gegen die Änderungen hatte das Gericht bereits im Mai abgelehnt. 

Was hat das Landesverfassungsgericht entschieden?

Das Landesverfassungsgericht in Schleswig hat entschieden, dass die Änderungen des Kommunalrechts mit der Landesverfassung vereinbar sind. Die Anträge von FDP und SSW seien wiederum teilweise unzulässig, teilweise unbegründet, so die Richter.

Mehrere Richter sitzen an einem langen Tisch in einem Gerichtssaal des Landesverfassungsgerichts in Schleswig. © NDR Foto: Fabian Boerger
Das Landesverfassungsgericht in Schleswig hat die Klage von FDP und SSW gegen eine Änderung des Kommunalrechts abgewiesen.

Die Änderungen würden weder gegen das Demokratie-Prinzip noch gegen die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung verstoßen. "Die rechtliche Stellung des einzelnen Vertretungsmitglieds wird durch die Anhebung nicht beeinträchtigt", schreibt das Gericht in einer Mitteilung. Außerdem ließe sich aus dem verfassungsrechtlichen Schutz von Minderheiten kein Grund ableiten, weshalb die Erhöhung der Mindestgröße nicht möglich wäre.

Hinsichtlich der Bürgerbegehren und -entscheiden sieht das Gericht ebenfalls kein Problem bei den Rechtsänderungen. Der Spielraum bei der Ausgestaltung dieser Form der Bürgerbeteiligung sei groß genug. Es werde daher auch nicht gegen die Landesverfassung verstoßen.

Wie waren die Reaktionen nach dem Urteil?  

Bernd Buchholz (FDP) zeigte sich nach dem Urteil wenig begeistert von dem Ergebnis. Er vertrat die FDP als Antragsteller in dem Prozess.

"Es ist schon enttäuschend. Aber es ist das Landesverfassungsgericht und das schafft Rechtsklarheit. Wir sind politisch weiterhin anderer Auffassung und werden politisch dafür kämpfen, das bestimmte Dinge so nicht stattfinden." Bernd Buchholz, FDP

Florian Becker, Leiter des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Kiel, vertrat die Landesregierung vor Gericht. Er sagte:

"Ich bin dem Gericht dankbar, dass es seine Entscheidung verfassungsrechtlich klar dargestellt hat und auf diese Art und Weise die verfassungsrechtliche Diskussion einem guten Ende zugefügt hat." Florian Becker, Vertreter der Landesregierung

Für den SSW nahm Lars Harms an dem Prozess teil. Er sagte NDR Schleswig-Holstein nach dem Prozess: 

"Ich habe mir schon sehr erhofft, dass sich Gemeindevertreter auch zu zweit zusammenschließen und eine Fraktion bilden können. Aber wir haben nun rechtliche Klarheit. Das gilt es zu akzeptieren." Lars Harms, SSW

Die kommunalpolitische Sprecherin der Grünen, Bina Braun, begrüßte das Urteil zu den Fraktionsgrößen. Sie sagte am Freitag:

"Mir sind nach der Einführung der neuen Regelung, die auch in Teilen unserer kommunalen Ebene skeptisch gesehen wurde, keine negativen Auswirkungen berichtet worden, eher im Gegenteil." Bina Braun, Grüne

Warum will das Land die Mindestgröße der Fraktionen ändern?

Mit der Änderung verfolgte die Landesregierung das Ziel, eine Zersplitterung der kommunalen Parlamente zu verhindern und Entscheidungsprozesse zu entschlacken. Je weniger Fraktionen in den Räten und Gemeindevertretungen sitzen, desto schlanker sind Sitzungen und desto niedriger ist die Belastung der gewählten Gemeindevertreter.

Der Grund: Jede Fraktion hat unter anderem das Recht, vor der Gemeindevertretung zu reden oder Anfragen zu stellen. Gibt es viele kleine Gruppierungen und einzelne Bewerberinnen und Bewerber, die eigenständige Fraktionen bilden können, dann werden insgesamt mehr Reden gehalten und Anfragen gestellt.

Das dauert und ziehe die Sitzungen in die Länge, so die Kritik. Längere Sitzungen bedeuten wiederum einen höheren Aufwand für Gemeindevertreterinnen und -vertreter. Sie sind in der Regel ehrenamtlich aktiv. Die Sorge ist, dass die Belastungen zu groß werden und immer mehr Ehrenamtliche abwandern. Durch eine höhere Mindestgröße soll die Zahl der Fraktionen gesenkt und damit der Arbeits- und Zeitaufwand verringert werden. 

Was ändert sich bei den Bürgerbeteiligungen? 

Mit der Änderung des Kommunalrechts wurden neben der Fraktionsgröße auch die Hürden für Bürgerbegehren und -entscheide angepasst.  

Zum Beispiel sollen künftig Bürgerbegehren ausgeschlossen werden können, die sich gegen Bauleitplanungen richten, die in der kommunalen Vertretung bereits mit einer Zweidrittel-Mehrheit beschlossen wurden. Das soll jene Bauplanungen stärken, so das Argument der Landesregierung, für die es in den Gemeindevertretungen bereits große Einigkeit und politische Zustimmung gegeben hat.

Außerdem werden die Fristen bei Bürgerbegehren verkürzt. Begehren gegen einen Beschluss der Kommunalvertretung sollen künftig innerhalb von drei Monaten folgen müssen. Außerdem soll eine Wiederholung eines Begehrens frühestens nach einer Sperrfrist von drei Jahren wieder möglich sein. Die Landesregierung verfolgt damit das Ziel, dass Planungen beschleunigt werden.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 02.02.2024 | 19:30 Uhr

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