Klamme Kassen: Sind in SH bald weniger Züge unterwegs?
Alle sprechen von der Verkehrswende: Doch fehlendes Geld macht dieser Entwicklung möglicherweise einen Strich durch die Rechnung. In Schleswig-Holstein könnte der Zugfahrplan ausgedünnt werden.
Noch ist nicht sicher, ob künftig weniger Züge durch Schleswig-Holstein rollen. Das schleswig-holsteinische Verkehrsministerium macht aber deutlich: Der Bund wird wohl die Regionalisierungsmittel nicht erhöhen. Es steht also nicht ausreichend Geld zur Verfügung, damit die Züge weiter so fahren wie bisher. Auch der Nahverkehrsverbund NAH.SH bestätigt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein: "Es ist richtig, dass die Regionalisierungsmittel nicht ausreichen, um das heutige Bahnangebot dauerhaft zu erhalten."
Takt der Züge könnte verringert werden
Was genau bedeutet das? Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag titelt am Mittwoch, dass jede zehnte Bahn wegfallen soll. Die Antwort an den NDR vom Verkehrsministerium in Kiel: Nein, dass jeder zehnte Zug abbestellt wird, stimmt nicht." Aber es werde darüber nachgedacht, an einzelnen Schrauben zu drehen. Es könne sein, dass Züge nicht mehr so häufig fahren - dass der Takt zum Beispiel von 20 auf 30 Minuten erhöht wird. Es ist auch möglich, dass es in den Randzeiten nicht mehr so viele Verbindungen gibt.
Verkehrsministerkonferenz: Forderungen kommen auf den Tisch
Um das Zugangebot zu reduzieren, müssten Verkehrsverträge abbestellt werden - und das wiederum muss im Detail mit den Verkehrsunternehmen abgesprochen werden. Die Entscheidungen stehen nach Angaben von allen Beteiligten noch aus. Am Mittwoch und Donnerstag in der kommenden Woche steht die Verkehrsministerkonferenz in Münster an. Auch Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) fährt nach Nordrhein-Westfalen. Er verlangt - wie auch andere Minister aus anderen Ländern - deutlich mehr Geld vom Bund. In diesem Jahr erhält Schleswig-Holstein etwa 320 Millionen Euro Regionalisierungsmittel. Das reicht laut Madsen nicht aus.
Madsen: Dem Schienenverkehr fehlen 50 Millionen Euro
Das Land hat nach eigenen Angaben ein Defizit von mindestens 50 Millionen Euro im Schienenverkehr in den kommenden Jahren. Minister Madsen drückt es so aus: "Wenn wir mindestens 50 Millionen Euro jährlich mehr Regionalisierungsmittel bekommen würden, bräuchten wir uns über Abbestellungen im Moment keine Gedanken machen."
Fahrgastverband Pro Bahn: Chaotisches Zeichen aus Berlin
Die ganze Debatte hat scharfe Reaktionen ausgelöst. Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn spricht von einem chaotischen Zeichen aus Berlin - und hofft, dass eventuelle Kürzungen moderat ausfallen: "Wir appellieren an den NAH.SH und an das Wirtschaftsministerium, dass man genau hinschaut, wo man eventuell ein wenig einsparen kann, ohne allzu großen Schaden anzurichten." Naumann zufolge gibt es da mehrere Möglichkeiten. Züge während der Nacht könnten eher reduziert werden als Verbindungen während des Tages. Auch könne überlegt werden, Sprinterzüge zwischen Hamburg und Lübeck weniger einzusetzen. Nicht so gut besetzte Züge müssten dann auch eher dran glauben als zum Beispiel Züge tagsüber zwischen Hamburg und Kiel.
Gemeindetag SH: Auch Kommunen müssen planen
Der Landesgeschäftsführer des Gemeindetages Schleswig-Holstein, Jörg Bülow, kritisierte, dass es keine nachhaltige Finanzierungsplanung gebe. Auch die Kommunen müssten planen, zum Beispiel, was Bahnhöfe angeht. "Wenn sich das bewahrheitet, ist das eine schlechte Nachricht." Die verkehrspolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Sybilla Nitsch, sagte: "Eine Reduzierung des Bahnangebots ist nun wirklich das Gegenteil von dem, was wir gerade brauchen." Was Verkehrsminister Madsen hier plane, sei nichts weniger als ein Sargnagel für die Verkehrswende.