Kappelner Literaturpreis für Hörspielautorin Heinke Hannig
Mit dem Niederdeutschen Literaturpreis der Stadt Kappeln wird das Gesamtwerk der Autorin Heinke Hannig aus Nordfriesland gewürdigt. Die ehemalige Realschullehrerin schreibt Kurzgeschichten, Erzählungen und Anekdoten und gestaltet Hörspiele.
Seit mehr als 20 Jahren schreibt die Autorin Heinke Hannig aus Drelsdorf (Kreis Nordfriesland) Hörspiele und Geschichten, meist in Plattdeutsch. Dafür wird sie jetzt mit dem 32. Kappelner Literaturpreis ausgezeichnet.
Seit 1991 verleihen die Stadt Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg) und der Schleswig-Holsteinische Heimatbund gemeinsam den Niederdeutschen Literaturpreis. In diesem Jahr geht der Preis erstmals an eine Autorin, die sich hauptsächlich mit Hörspielen einen Namen gemacht hat.
Auf Helgoland nicht glücklich
Heinke Hannig war früher Realschullehrerin, eine ihrer ersten Stationen war in den 1980er-Jahren Helgoland. "Wirklich glücklich weer ik dor aver nich. Ik hebb nämlich markt, ik kann mit dat Meer överhaupt nix anfangen", erzählt sie. Also wieder aufs Festland, nach Bredstedt (Kreis Nordfriesland). Da hatte sie zwar wieder Natur, Garten und ein bisschen Wald - aber beruflich war die Nordfriesin immer noch nicht zufrieden. 1994 entschied sie sich dazu, ein Jahr Auszeit zu nehmen. Und danach war ihr klar: Sie möchte nicht zurück in den Beruf.
Hannig gibt Nachhilfe und trägt Zeitungen aus
Seitdem gibt Heinke Hannig Nachhilfe, betreut Grundschulklassen in ihrem Wohnort Drelsdorf. Sie trägt Zeitungen aus, steht an sechs Tagen in der Woche morgens um 3 Uhr auf. Und sie verbringt ganz viel Zeit dort, wo sie sich richtig wohl fühlt: In der Natur. Sie liebt den Garten, Kräuter- und den Gemüseanbau. Sie und ihr Mann Bernd leben als Selbstversorger und geben gemeinsam Pilzkurse. Dass sie den sicheren Beamtenstatus aufgegeben hat, habe sie nie bereut, sagt Heinke Hannig: "Mien Leven is dordörch veel bunter worrn."
Kurzgeschichten, Erzählungen und Anekdoten
1999 kam dann das Schreiben dazu. Drei Bücher mit Kurzgeschichten, Erzählungen und Anekdoten veröffentlichte die Nordfriesin innerhalb von fünf Jahren. 2004 gab es dann den ersten Sieg beim Schreibwettbewerb "Vertell doch mal", 2005 den Freudenthal-Preis für ihre Geschichten. Zwar lasse sie sich immer gern von ihrem Alltag inspirieren, aber "mien Leven leev ik, dat bruuk ik nich ok noch opschrieven."
Hannig: Hörspiele müssen packend sein
Später kamen dann Hörspiele dazu - auch deshalb, weil sie die selbst so gerne höre, erzählte Heinke Hannig 2013 in einem Interview: "Ik nehm se meistens ok op un wenn se mi gefullen hebben, denn höör ik se ok immer wedder. Denn acht' ik ganz dull dorop - wie hett de Autor dat egentlich maakt, dat he mi packen deit? Un denn kiekt man sik notürlich ok en beten wat af."
Ernste und heitere Themen
In ihren Werken beweist die Autorin immer wieder, wie vielfältig sie ist: Mal wählt sie heitere und komische Settings, mal sehr ernste Themen. In "Schattenkind" aus dem Jahr 2011 geht es zum Beispiel um Eltern, die ihr erstes Kind verloren haben und deren zweites Kind nun im Schatten der verstorbenen großen Schwester aufwächst.
"Virtuoser Umgang" mit Gattung Hörspiel
In der Begründung der Jury, bestehend aus Christoph Ahlers (NDR), Hans-Hermann Briese (Kappeln-Preisträger 2022), Marianne Ehlers (Plattdeutscher Rat), Jan Graf (SHHB) und Robert Langhanke (Europa Universität Flensburg), heißt es dazu:
"Mit Stücken wie "Schattenkind", "Swartsuer" oder jüngst "De Stubenreis" hat Heinke Hannig herausragende Hörspiele geschaffen und bewiesen, dass sie mit den speziellen Anforderungen dieser literarischen Gattung virtuos umgehen kann. Zugleich hat sie dem Hörspiel neue, zeitgenössische Themenkreise erschlossen und gezeigt, dass sie sowohl die tiefgründig-ernsten als auch die leichten Stoffe mit Tendenz zum schwarzen Humor beherrscht." Auszug aus der Jurybegründung
Drei prämierte Hörspiele
Sieben Hörspiele von Heinke Hannig sind mittlerweile produziert und veröffentlicht worden. Und drei davon sind prämiert, unter anderem mit dem Hans-Henning-Holm-Preis. Mit dem Niederdeutschen Literaturpreis der Stadt Kappeln soll nun ausdrücklich ihr Gesamtwerk gewürdigt werden.
Das Schreiben sei für sie indes ein richtiges Bedürfnis, erzählte Heinke Hannig einst: "Wenn ik denn ersmol irgendwat to packen hebb, denn hebb ik dor ok richtig Lust to. De Idee is een Geschenk un denn bruuk ik veel Geduld, mi dor rintofriemeln un irgendwann is denn een Stück fardig un denn is dat een ganz tolles Geföhl."
Nissen: "tritt mit wunderbaren Ergebissen ans Tageslicht"
Dass sie gerne allein vor sich hinarbeite und dann "mit wunderbaren Ergebnissen ans Tageslicht tritt" hat auch Peter Nissen beobachtet. Der Dramaturg, Übersetzer und Herausgeber hatte bereits 2003 gemeinsam mit Hartmut Cyriacks den Kappelner Literaturpreis gewonnen und wird bei der Preisverleihung die Laudatio halten. Er kenne und schätze Heinke Hannig seit Jahrzehnten, so Nissen. "So haben Hartmut und ich auch jeweils Geschichten von ihr in die von uns zusammengestellten Anthologien aufgenommen."
Den mit 3.000 Euro dotierten Preis hat Heinke Hannig in der Alten Maschinenhalle in Kappeln erhalten. Der Anruf, dass sie die diesjährige Preisträgerin sei, habe sie sehr überrascht: "Ik weer so wat vun platt, kort vör Schockstarre!", sagt die Autorin lachend. Mittlerweile freue sie sich aber sehr über die Auszeichnung und die Anerkennung ihrer Arbeit.