Kämpferin für Kinderrechte: Irene Johns wird verabschiedet
22 Jahre war Irene Johns Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Kinderschutzbundes. Am Freitag wurde sie im Kieler Landeshaus verabschiedet. Damit geht eine Ära zu Ende.
Es sei etwas ganz Blödes passiert, sagt sie am Telefon. Sie habe gerade einen Unfall gehabt. Leider könne sie das vereinbarte Interview nicht geben, sie müsse operiert werden. Ihr Oberarm sei gebrochen. Aber im gleichen Gespräch macht sich Irene Johns darüber Gedanken, wie der Dreh mit dem NDR Team doch noch zu realisieren wäre. Bis zuletzt ist es der Vorsitzenden des Kinderschutzbundes Schleswig-Holstein wichtig, das Thema Kinderschutz in die Öffentlichkeit zu bringen. "So ist sie", sagt Susanne Günther, die Geschäftsführerin. Sie kenne sie nun seit elf Jahren und "Irene Johns denkt nie an sich selbst, sondern immer an den Kinderschutz".
Ihr Kampf beginnt in den 80ern
1981 tritt Irene Johns dem Kinderschutzbund bei und wird fortan für Kinder kämpfen, als engagierte Lobbyistin "mit viel Herzblut, mit viel Engagement", erinnert sich Wegbegleiterin Monika Heinold (Grüne).
Wenn man den Namen Irene Johns im ARD-internen Archiv als Suchbegriff eingibt, kommen 163 Einträge. Der älteste Beitrag stammt aus dem Juni 1989: Ein Tagesschau-Beitrag, die Nachricht: "In der Bundesrepublik werden immer mehr Fälle von sexuellen Misshandlungen an Kindern bekannt. Nach Angaben des Kinderschutzbundes sei zwar die Zahl dieser Straftaten nicht gestiegen, doch hätten immer mehr Angehörige den Mut, die Taten zu melden." Irene Johns wird als Fachfrau in diesem Beitrag interviewt und betont: Alle, die professionell mit Kindern zu tun hätten, nicht nur Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch die Kriminalpolizei, müssten "sensibilisiert werden, die Signale der Kinder wahrzunehmen und als Möglichkeit in Betracht zu ziehen, es könnte sich um sexuelle Misshandlung handeln."
Durchhalten für eine kinderfreundliche Gesellschaft
Das wird ein zentrales Anliegen von Irene Johns bleiben, bis zuletzt: Kinder mit ihren Nöten wahrnehmen und ernst nehmen. "Irene Johns ist eine Kämpferin," so Susanne Günther. "Sie spricht die Themen an und das macht sie oft unbequem." Was sie anspreche, seien oft Wahrheiten, die die anderen vielleicht auch schon kennen, "aber keiner spricht sie aus, aber Irene Johns spricht sie aus". Johns sei überzeugt von den Themen und bereit, durchzuhalten und für eine kinderfreundliche Gesellschaft zu kämpfen.
Medienprofi von Anfang an
Regina Müller-Kronbügel kennt Irene Johns seit 30 Jahren. Als Kriminalbeamtin hat sie mit ihr im Kriminalpräventiven Rat zusammengearbeitet. "Bevor ich sie persönlich kennengelernt habe, kannte ich sie schon aus den Medien, weil sie ganz früh verstanden hat, wie wichtig es ist, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden."
Sie ist unermüdlich und beharrlich kämpferisch
Und so wird Irene Johns über all die Jahre nicht müde, die Landespolitikerinnen und -politiker immer wieder öffentlich zu mahnen: Sie fordert von ihnen, die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern, sich gegen Gewalt gegen Kinder einzusetzen, die grassierende Kinderarmut zu bekämpfen, Geld für kostenloses Mittagessen bereitzustellen, Schutzzentren zu fördern und und und. Sie prangert an, erinnert, fordert, immer wieder.
Vielfach ausgezeichnet
Für dieses Engagement wird sie mehrfach ausgezeichnet, 2010 vom Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens, verliehen im Landeshaus durch den damaligen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU). Er sagt: "Irene Johns hat sich ausgezeichnet durch eine Beharrlichkeit, durch eine freundliche Beharrlichkeit." Er habe über die Jahre viele Lobbyisten erlebt, die maulig und aufdringlich gewesen seien. Gegen deren Interessen hätte er dann leicht gegenhalten können. "Das war bei Irene Johns überhaupt nicht möglich, weil sie eine Freundlichkeit an den Tag legte, dass man ihr nichts abschlagen konnte." "Sie weiß genau was sie will", ergänzt Regina Müller-Kronbügel, "und sie kann das ganz fröhlich und charmant vortragen, egal mit wem sie redet." Und mit dieser Art habe sie alle überzeugt.
Der Abschied ist auch ein Neuanfang
So habe sie zusammen mit ihrem Team immer wieder öffentlichkeitswirksame Aktionen und Petitionen gestartet, einen Notruf für Kinder und Jugendliche eingerichtet, erreicht, dass Kinderrechte in der Landesverfassung verankert sind, im eigenen Verband einen Jugendbeirat gegründet, um beim Thema Partizipation Vorbild für andere Institutionen zu sein. Auch hätten Kinder und Jugendliche seit 2020 endlich ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, so Susanne Günther. Da sei der Kinderschutzbund Schleswig-Holstein auch eine treibende Kraft gewesen.
Die Liste der Erfolge ist beachtlich. Durch Irene Johns Unermüdlichkeit, die Themen immer wieder anzusprechen, habe sich aber nicht nur politisch viel bewegt, auch das Bewusstsein in der gesamten Gesellschaft habe sich positiv verändert. Monika Heinold formuliert es so: "Ohne Frau Johns und ohne einen starken Kinderschutz wäre unsere Gesellschaft ärmer. Und viele Kinder hätten viel vermisst, was sie in den letzten Jahren durch den Kinderschutzbund erfahren haben."
Dass Irene Johns jetzt geht, darauf hat sie ihr Team lange und intensiv vorbereitet. "Sie hat uns alle fit gemacht für das, was kommt." Sie habe alle motiviert, weiterzumachen, so Susanne Günther. Dass Irene Johns geht, ist also ein Abschied und ein Neuanfang.