Handyverbot an Schulen: In Dänemark sind die Smartphones weggepackt
Das dänische Bildungsministerium rät den Schulen im Land dazu, auf Handys im Unterricht zu verzichten. Viele Schulen in Dänemark tun dies längst - wie die der Deutschen Minderheit in Sonderburg.
Montagmorgen, kurz vor acht Uhr: Noch haben die Schülerinnen und Schüler ihr Handy in der Hand. Noch mal schnell Nachrichten checken oder schreiben, die Social-Media-Kanäle durchforsten. Punkt acht Uhr läutet es zum Unterricht. Vorher aber heißt es: weg mit den Handys. Nacheinander legen sie ihre Geräte in einen bemalten kleinen Schrank - das so genannte Handyhotel. Lehrerin Mette Zempel kommt, zückt den Schlüsselbund und schließt ab. Erst nach dem Unterrichtstag bekommen die Schülerinnen und Schüler ihre Smartphones zurück.
Weniger Digitales im Unterricht
An der Deutschen Schule in Sonderburg heißt die Strategie: So wenig Digitales wie möglich, so viel wie nötig. Die Schüler haben zwar eigene Laptops. Die dürfen sie aber nur in Prüfungen benutzen oder um bestimmte Aufgaben zu lösen. "Wir können natürlich nicht ganz verhindern, dass die Schülerinnen und Schüler dann doch mal im Netz oder in den Sozialen Medien sind", sagt Schulleiterin Henriette Tvede Andersen. Deshalb sollen die Geräte eigentlich auch in den Taschen verschwinden, sobald sie nicht mehr benötigt werden. "Aber wir können ja nicht überall sein in den Pausen", so die Schulleiterin.
Handy als größter Störfaktor
Als größten Stressfaktor haben sie hier an der Schule allerdings das Handy identifiziert. Deshalb haben sie bereits seit 2004 eine sogenannte Handyordnung. "Ursprünglich mussten die Schülerinnen und Schüler die Handys ausgeschaltet in der Tasche lassen", sagt die Schulleiterin. Doch dann sei irgendwann auch Mobbing Thema geworden. "Und dann haben wir entschieden, dass es einfacher ist, die Handys ganz wegzuschließen." Das war vor fünf Jahren. Eine Entscheidung, die Eltern und Schülervertreter gleichermaßen mitgetragen hätten, wie Henriette Tvede Andersen sagt.
Weniger Stress auf beiden Seiten
Das Wegschließen der Handys sei eine Win-Win-Situation: "Die Lehrkräfte müssen nicht mehr kontrollieren, ob die Handys wirklich aus sind oder nicht doch benutzt werden. Die Schüler sind weniger gestresst, weil sie nicht ständig das Handy checken und dadurch abgelenkt sind", erklärt die Schulleiterin. Zum Teil bestätigen das die Schüler: "Man kann sich besser im Unterricht konzentrieren", findet beispielsweise die 15-jährige Arwen. Sie ist bereits seit der 5. Klasse an der Deutschen Schule in Sonderburg - sie kennt es nicht anders.
Zu großer Eingriff ins Private
Für die 14-jährige Enya-Katharina ist das Handyverbot ein großer Einschnitt. Sie ist neu hier in Sonderburg, war vorher in Deutschland auf einer Schule. "Ich kann verstehen, dass wir es abgeben sollen. Aber ich mag es nicht. Außerdem ist das ja mein Eigentum", sagt sie. Und auch Christoffer, 15 Jahre alt, ist nicht begeistert davon, sich von seinem Smartphone trennen zu müssen. "Das macht echt keinen Sinn. Wie kann ein Handy den Unterricht schlechter machen, wenn man einfach sein Handy in der Hosentasche hat?"
Abkehr von der Digitalisierung und zurück zu Büchern?
Wenn nicht gerade Tests oder Arbeiten geschrieben werden, gibt es an der Schule morgens von 8 bis 8.15 Uhr eine Lesezeit. Um die Leselust zu wecken, wie Henriette Tvede Andersen sagt. "Wir schauen da natürlich auch im Deutsch- oder Dänischunterricht, dass wir etwas Interessantes finden." Doch ganz weg vom Digitalen geht es hier nicht mehr. Dazu seien einige Bücher auch zu schnell überholt.
"Außerdem sind die Prüfungen digital und wir haben auch verschiedene Portale, auf die die Schüler zugreifen müssen." Und sie räumt ein: Die Leselust werde bei den Schülern nicht allein dadurch stärker, dass man im Unterricht auf digitale Geräte verzichte. "Da sind auch die Eltern gefragt."
Dennoch seien Bücher wichtig - ebenso wie die Balance zwischen analog und digital. Inzwischen gibt es auch eine Empfehlung des dänischen Bildungsministeriums an alle Schulen: handyfreier Schultag und Computer nur, wenn es die Aufgabe erfordert. So, wie sie es in Sonderburg schon lange machen.
Keine besseren Noten, aber bessere Kommunikation durch Handyverbot
Die Noten hätten sich zwar durch den handyfreien Schultag nicht unbedingt verbessert. Doch die Schüler haben gelernt, ihre Kommunikation besser auf den Empfänger auszurichten. "Es ist schon so, dass die Schüler sich an ihre eigene Sprache gewöhnt haben, wenn sie zum Beispiel Nachrichten an Freunde schicken. Das hat sich verbessert", sagt die Schulleiterin. Daran arbeiten sie mit den Schülern: In Prüfungsaufgaben etwa müssen sie Anschreiben so formulieren, dass sie zum Empfänger passen. Das Wichtigste ist für Henriette Tvede Andersen, dass die Schüler mit dem Kopf im Unterricht sind, die Handynutzung in der Schule unter Kontrolle ist. "Zuhause ist das Sache der Eltern."