Hand in Hand für Norddeutschland: Mutter-Kind-Kuren in Plön

Stand: 10.12.2022 16:20 Uhr

Das Caritashaus St. Walburg in Plön möchte im kommenden Jahr die psychologische Unterstützung für Mütter stärken, um die Eltern zu entlasten.

von Sofia Tchernomordik

"Mama, was schenkt denn der Weihnachtsmann einem Krokodil?" Elise hat sich in ihren Sitz zurückfallen lassen. Die Tageszeitung mit einem Bericht über einen Weihnachtsmann im Zoo ist auf dem Schoß der Sechsjährigen ausgebreitet. Abgesehen von der Geschenkverteilung in der Tierwelt, interessiert sie vor allem das Wetter für den kommenden Tag. Davon hängt schließlich ab, wann sie mit ihrer Schwester Florentine im Schnee spielen kann. "Was glaubst du denn?", entgegnet Henriette Zwick ihrer Tochter, die keinen Moment zögert: "Bratfisch!"

"Alles, was man verdrängt, kommt irgendwann raus"

Sich mit Elise und Florentine in Ruhe hinzusetzen, dazu kommt Henriette Zwick im Alltag nur selten, jetzt dafür jeden Tag. Drei Wochen entspannen sich die drei in Plön im Caritashaus St. Walburg bei einer Mutter-Kind Kur. Auf die anderen beiden Kinder passt der Vater zu Hause in Berlin auf. Vier Kinder und ein Teilzeitjob als PR-Beraterin hinterlassen ihre Spuren: Zu Hause litt Henriette Zwick unter Verspannungen, wachte mit Kieferschmerzen auf, weil sie nachts mit den Zähnen knirschte. "Dann passiert irgendetwas, ein Rückschlag im Leben, aber ich habe gar keine Zeit das zu verarbeiten. Ich verdränge es dann. Und man kennt das: Alles, was man verdrängt, kommt irgendwann raus", erzählt Zwick.

Verheiratete Menschen können einmal in vier Jahren eine Kur beantragen. Alleinerziehende bereits alle zwei Jahre. "Mir hilft es schon, dass ich mir keinen Kopf darum machen muss, was ich koche", lacht Henriette Zwick. Bei der Kur haben ihre Kinder vormittags Schulunterricht, nachmittags spielen sie, spazieren oder basteln. Sie hat Zeit für sich. An den meisten Tagen für Sport oder Massagen, heute beschäftigt sie sich bei der Psychologin mit ihren Ängsten.

Psychologin: Mehr existenzielle Sorgen

Der Raum, in dem Annette Böhmig ihre Gespräche anbietet, ist weihnachtlich geschmückt. Durch das bodentiefe Fenster fällt auch im Winter genug Licht hinein. Vier Termine bietet sie während der drei Wochen an: "Es wäre auf jeden Fall sinnvoll, wenn es mehr Stunden wären. Es dauert, bis die Mütter hier ankommen, darüber nachdenken, was sie beschäftigt, und sich öffnen." Zudem würde sie gern prüfen können, ob die Werkzeuge, die sie den Müttern gibt, auch wirken, erzählt die Psychologin.

Böhmig stellt seit dem Beginn des Ukraine-Krieges fest, dass viele Mütter existentielle Sorgen entwickeln. "Kann ich meinen Kindern noch ausreichend Essen bieten, wenn die Preise weiterhin so steigen? Oder auch, ob sich die Angriffe irgendwann gegen Deutschland richten", sagt sie.

Mütter wünschen sich mehr Gespräche

Auch Henriette Zwick spricht über ihre Sorgen: "Da fahren wir im Auto, das Radio läuft und es kommen die Nachrichten. Oftmals kommt von meinen Kindern zunächst nichts und dann plötzlich Tage später beim Einkaufen: 'Mama, sind wir in Gefahr?' Da weiß ich oftmals auch nicht, wie ich das auffangen soll." Dazu käme ihre eigene diffuse Angst, ob sie eigentlich mehr Geld sparen müsste oder ihren Kindern doch noch ein Weihnachtsgeschenk kaufen könne. Auch Henriette Zwick wünscht sich, sie hätte mehr Zeit bei Frau Böhmig. Beim Reden würde sie erst auf Themen kommen, die sie zuvor gar nicht wahrgenommen habe, erzählt sie bei ihrer letzten Sitzung.

Durch Spenden könnte Psychologin mehr Stunden anbieten

Die Kapazitäten sind ausgeschöpft, dennoch möchte das Caritashaus die Mütter auffangen. Klinikleiterin Astrid Brunke hat deswegen das Projekt "Das macht Angst" bei der Benefizaktion "Hand in Hand für Norddeutschland" beworben. "Wir haben eine Kraft, die im Moment in Teilzeit arbeitet und die wir gern mit mehr Stunden beschäftigen würden", erklärt sie. Wenn genug Spenden zusammenkommen, kann die Psychologin die Stunden bereits im nächsten Jahr aufstocken, damit all die, die Unterstützung brauchen, sie auch bekommen.

Für den jetzigen Aufenthalt von Henriette Zwick ist es zu spät. Aber die Berlinerin schließt nicht aus, dass sie in vier Jahren noch einmal hierher kommt, um Kraft zu tanken und Ruhezu finden, für die in ihrem Alltag die Zeit sonst oft fehlt.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 09.12.2022 | 19:30 Uhr

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