Scholz in Lübeck: Kanzler stellt sich Fragen von Schleswig-Holsteinern
Die SPD hat mit Bundeskanzler Olaf Scholz den Wahlkampf in Schleswig-Holstein eingeläutet. 400 angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten dem Kanzler in der Lübecker Kulturwerft ihre Fragen stellen. Scholz ging ausführlich auf jede Wortmeldung ein.
Minutenlang streckten einige Teilnehmer ihre Hände in die Luft. Nicht alle konnte der Bundeskanzler dran nehmen. Dafür nahm sich Olaf Scholz viel Zeit für die Beantwortung aller Fragen. Die Themen reichten vom Krieg in der Ukraine bis zur Sozialpolitik. Der Kanzler gab sich mit offenem Hemdkragen gelassen. Gleich zu Beginn bot der SPD-Politiker allen Anwesenden das "Du" an. Die mussten sich nicht nur beim Melden für ihre Fragen gedulden. Vor dem Einlass in die Kulturwerft Gollan in Lübeck hatte es strenge Sicherheitsvorkehrungen der Polizei gegeben. Jeder Teilnehmer wurde lange durchsucht. Rucksäcke und Taschen mussten draußen bleiben.
Scholz will Bundeswehr mit freiwilligem Wehrdienst stärken
Der Bundeskanzler kommt direkt zur Sache. Er wolle keine langen Ausführungen machen, sondern sich gleich mit den Fragen beschäftigen, sagt Scholz vorweg. Ein Mann aus Schleswig-Holstein will wissen, wie die Bundeswehr für den Verteidigungsfall gestärkt werden kann. Eine Wehrpflicht wie früher lehnt Scholz ab. Er setzt auf eine - wie er es nennt - freiwillige Wehrpflicht. Frauen und Männer im wehrfähigen Alter sollen angeschrieben werden. Die Männer müssen verpflichtend darauf antworten, können aber ablehnen.
"Dürfen die Ukraine nicht alleine lassen"
Der Ukraine sichert der Kanzler weitere Hilfen zu. Die Finanzierung dürfe aber nicht zu Lasten von Ausgaben für Renten oder Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur gehen. Sein Ziel sei es weiterhin, dass Russland nicht den Krieg gewinnt. Allerdings nicht um jeden Preis. Man müsse eine Eskalation vermeiden und dabei "alles ausloten für dauerhaften Frieden", so Scholz. Dafür gibt es kurzen Applaus aus dem Publikum.
Erwerbstätige zur Vollzeit animieren
Dann geht es um Sozialpolitik. Eine Zuschauerin will wissen, was die SPD plant, damit die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherungen nicht steigen. Scholz will mehr Menschen in die Vollzeitbeschäftigung bringen und damit die Sozialabgaben erhöhen. Aktuell würden zu viele Erwerbstätige in Teilzeit arbeiten, so Scholz. "Weil Deutschland nicht gut ist zu jungen Eltern und der Frage wie man Berufstätigkeit und Familie in Einklang bringen kann." Das wolle er in Ordnung bringen. Wie genau er das anstellen will, lässt der Kanzler offen.
Wohnungsbau gegen steigende Mieten
Eine Lehramtsstudentin aus Lübeck erzählt dem Kanzler offen von ihren Sorgen, bald nicht mehr die Miete ihrer Wohnung zahlen zu können. Scholz will daran festhalten, mehr Wohnungen zu bauen. Der Krieg in der Ukraine, die Inflation und gestiegene Zinsen haben den Wohnungsbau laut Scholz aber zwischenzeitlich ins Stocken gebracht. Das Ziel seien aber weiterhin 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Dafür müsse man auch neue Stadtteile erschließen. In einer möglichen neuen Amtszeit will Scholz außerdem das Gesetz zur Mietpreisbremse verlängern.
Kaum kritische Fragen an den Kanzler
Kritische Töne waren beim Bürgerdialog kaum zu hören. Die meisten Fragenstellerinnen und Fragensteller nahmen das Angebot des Kanzlers an und duzten den SPD-Politiker. Der wurde in seinen Ausführungen nie laut und blieb stets gelassen. Eine Stunde war für die Fragerunde angesetzt. Scholz überzog um einige Minuten. Wer seine Frage nicht mehr loswerden konnte, durfte im Anschluss noch ein Selfie mit dem Bundeskanzler machen. Auch hier war die Schlange so lang, dass nur etwa die Hälfte dran kam. "Ob ich jetzt die SPD wähle, weiß ich noch nicht", sagte ein Teilnehmer nach dem Auftritt. Die Wahlkampftour von Olaf Scholz geht jetzt im Süden Deutschlands weiter.