Größte NATO-Übung seit 35 Jahren: Eckernförder Soldaten berichten
Die Zeit der Abrüstung ist vorbei. Grund ist vor allem der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die NATO trainiert ihre militärischen Fähigkeiten. "Nordic Response" war nur ein Teil der NATO-Übung "Steadfast Defender", die Monate dauert.
Seit Januar läuft die größte NATO-Übung der letzten 35 Jahre: "Steadfast Defender" (Standhafter Verteidiger). Am Ende sollen 90.000 Soldatinnen und Soldaten aus allen 32 Nato-Staaten daran teilgenommen haben. Eines der Manöver: "Nordic Response" (Nördliche Antwort) in Norwegen. Das ist gerade zuende gegangen. Mit dabei 130 Soldatinnen und Soldaten vom Seebatallion Eckernförde. Sie sind am Mittwochabend nach Alt-Duvenstedt in ihre Kaserne zurückgekehrt. Gemeinsam mit knapp 20.000 Männern und Frauen aus 13 Staaten der NATO haben sie geübt, wie sie die Nordflanke des Bündnisgebietes verteidigen. Die Bundeswehr nimmt unter dem Namen "Quadriga" mit tausenden Männern und Frauen an allen großen Übungen der NATO teil.
Von Schnee und Eis zurück ins norddeutsche Schietwetter
Vor wenigen Tagen noch waren die Soldatinnen und Soldaten des Seebataillons im norwegischen Schneegestöber unterwegs. Nun sind sie zurück im norddeutschen Nieselregen. Bei der Übung hinter dem Polarkreis mussten sie schwieriges Gelände in einem Fjord vom Wasser aus einnehmen. Zusammen mit niederländischen Landungsbooten und erstmals auch schwedischen und finnischen Militäreinheiten.
Fregattenkapitän Clemens S. zieht ein positives Fazit: "Das Training unter harten Bedingungen bereitet uns gut auf das vor, was noch kommen könnte. Natürlich ist das nicht immer im Kopf, wenn man da im Schnee sitzt, in erster Linie schaue ich bei so einer Übung links und rechts, was die Kameradinnen und Kameraden machen. Nichtsdestotrotz sind sich alle bewusst, dass ihr Beitrag im großen und ganzen jetzt eine andere Rolle spielt." Er und seine Truppe nähmen die Bedrohung aus dem Osten mittlerweile anders wahr, als noch vor ein paar Jahren.
So sieht es auch Bootsmann Lukas K.: "Es ist Krieg in Europa. Natürlich ist die Angst bei unseren Angehörigen jetzt präsenter. Aber wir machen weiter wie vorher, wir üben unser Handwerk." Das jüngste Manöver sollte die Zusammenarbeit verschiedener Nationen im großen Stil testen. Zum ersten Mal dabei waren auch die neuesten NATO-Mitglieder Schweden und Finnland. Die gesamte Übung "Steadfast Defender" dauert noch bis Ende Mai.
Verteidigungsforscher: "Die Übungen sind dringend nötig."
Dass die NATO längst nicht da ist, wo sie stehen könnte, sagt Prof. Joachim Krause. Er ist emeritierter Sicherheitsforscher an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU). "Eine solche Übung, bei der in diesem großen Stil Truppen an den östlichen Rand des NATO-Gebietes bewegt werden, ist dringend notwendig." Denn in den vergangenen zwei Jahrzehnten seien viele Armeen vor allem zu Interventionskräften geworden, beispielsweise in Afghanistan oder Mali. "Die schnelle Verschiebung großer Truppenverbände samt Material, das war in Europa lange kein Thema", sagt Krause.
Die mangelnde Angriffstärke der russischen Armee nennt er ein "Fettpolster" für das nordatlantische Verteidigungsbündnis. Für ihn war die Kaltstartfähigkeit der NATO aufgrund eklatanter Mängel, beispielweise bei der Munitionsversorgung, nicht gegeben. "Man hat nach dem kalten Krieg drei Jahrzehnte lang zurückgebaut. Das muss jetzt alles erst einmal wieder ins Rollen kommen." Gemeint sei damit sowohl die Logistik, als auch die Munitionsversorgung und die Anschaffung neuer Gerätschaften - nicht nur bei der deutschen Armee.
NATO und Bundeswehr üben weiter
Die Übungsserie im Rahmen von "Steadfast Defender" endet im Mai in Litauen. Bis dahin sollen von deutscher Seite aus 12.000 Soldatinnen und Soldaten, 3.000 Fahrzeuge und 30 Luftfahrzeuge an den Übungen teilgenommen haben. Bei der Abschlussübung sind dann auch die Soldatinnen und Soldaten des Feldjägerregiments 1 aus Schleswig-Holstein dabei. Es ist ein Manöver vor allem deutscher Panzerverbände. Bis 2027 sollen 5000 deutsche Männer und Frauen in Litauen fest stationiert sein.
"Wir wollen ja die Demokratie beschützen"
In Alt-Duvenstedt vom Seebattallion Eckernförde resümiert Fregattenkapitän Clemens S.: "Wenn man von einem Schiff runterkommt, auf dem viele Menschen drauf sind, und dann Flugzeuge über einen rüber fliegen, dann merkt man doch, dass das Ganze ein bisschen größer ist und eine andere Wertstellung hat." Und Bootsmann Lukas K. fasst die Übung für sich so zusammen: "Wir wissen ja, wofür wir es machen. Und deshalb fällt es mir teilweise auch leichter in der angespannten politischen Lage zu so einer Übung zu fahren. Wir wollen ja die Demokratie beschützen."