Pilot aus SH in Gaza: Hilfe, Selbstschutz und Emotionen
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal, eine Luftbrücke für Hilfsgüter soll den Menschen dort helfen. Auch Deutschland ist beteiligt - einer der Piloten ist der Bruder von NDR Moderator Horst Hoof.
Seit einer knappen Woche beteiligt sich auch die Bundeswehr an der Luftbrücke von Jordanien aus, um über dem Gazastreifen Hilfsgüter abzuwerfen. Einer der Bundeswehrpiloten dort ist Horst Hoofs jüngerer Bruder Stefan. Horst Hoof moderiert "Guten Morgen Schleswig-Holstein" bei NDR 1 Welle Nord.
Sein Bruder, Hauptmann Stefan, war lange in Schleswig-Holstein in Hohn (Kreis Rendsburg-Eckernförde) stationiert und ist dort die Transall geflogen. Inzwischen ist er Teil der deutsch-französischen Hercules-Staffel in der Normandie. Hercules ist die neue Transportmaschine, die jetzt bei der Luftbrücke zum Einsatz kommt. Horst Hoof hat seinen Bruder gebeten, Fragen per Sprachnachricht zu beantworten.
Wie läuft der Einsatz am Morgen und der Vormittag ab?
Hauptmann Stefan: Nach der Vorbesprechung starten die Maschinen aller Teilnehmernationen im Abstand von circa fünf Minuten. Dann fliegen die eine festgelegte Route zu einer Drop-Zone, die uns vorher zugeteilt wurde auf dem Weg dahin. Rechtzeitig vorher gehen wir dann in den Sinkflug auf 3.000 Fuß, das sind diese Tausend Meter. Zirka drei Minuten vor dem eigentlichen Drop, also dem Absetzen der Last, öffnen wir die Rampe, sodass wir dann sekundengenau zu einem vorher berechneten Zeitpunkt die Last absetzen können, sodass die Last oder die Lasten dann einigermaßen sanft zu Boden gleiten.
Wie gefährlich ist das? In den Zeitungen war ja zu lesen, dass ihr auch beschossen werden könntet, weil ihr die Hilfsgüter im Tiefflug abwerfen müsst.
Hauptmann Stefan: Tatsächlich ist die Gefahr durch Handfeuerwaffen im weitesten Sinne in der Flughöhe von 3.000 Fuß eher gering. Allerdings gibt es im Einsatzgebiet auch sogenannte MANPADS. Das sind gelenkte Raketen, die per Hitzesuchkopf automatisch auf das Triebwerk eines Flugzeugs steuern. Da kommt dann der aktive Selbstschutz zum Tragen. Das bedeutet, dass wir im Falle eines Abschusses einen solchen Rakete eine Anzeige im Cockpit bekommen und dann Täuschkörper ausstoßen. Man kann sich das vorstellen wie sehr heiß verbrennende Fackeln, die dadurch den Hitzesuchkopf einer solchen Rakete ablenken. Nichtsdestotrotz gehen wir aktuell nicht davon aus, dass seitens der Bevölkerung die Absicht besteht, uns zu beschießen.
Das klingt erst einmal beruhigend. Mein Bruder hat ja auch eine Frau und eine junge Tochter. Mit welchem Gefühl gehst du dann in solchen Einsatz?
Hauptmann Stefan: Ja, völlig klar, meine Frau und meine Tochter vermisse ich natürlich gerade bei längeren Missionen vom ersten Tag an. Es kommt tatsächlich dazu, dass ich feststelle, dass mich die Anwesenheit hier und die Aktion hier emotional durchaus näher an das Leid und die Situation im Gazastreifen bringt, sodass ich hoffe, dass unser Beitrag hier - auch wenn es nur die berühmten Tropfen auf den heißen Stein sind - etwas beitragen, das Leid dort zu lindern. Einerseits belastet es natürlich die Gesamtsituation. Andererseits tröstet es dann ein bisschen darüber hinweg, dass ich meine eigene Familie jetzt gerade nicht sehen kann.
Das Interview führte Horst Hoof, NDR Schleswig-Holstein