Flugtraining im Wohnzimmer - die Fledermaus-Pflegerin aus Elmshorn
In freier Wildbahn bekommt man Fledermäuse tagsüber fast nie zu Gesicht. Wenn doch, dann brauchen sie Hilfe. Ines Kock aus Elmshorn päppelt genau solche verletzten oder schwachen Tiere in ihrer Wohnung auf.
Langsam öffnet Ines Kock die Jalousie in ihrem Schlafzimmer - nicht, weil sie gerade aufgestanden ist. Sondern, um die Fledermäuse zu versorgen, die hier die meiste Zeit des Tages im Dunkeln verbringen. Vorsichtig holt sie ein Zwergfledermaus-Weibchen aus dem Terrarium, um es auf einem kleinen Tisch zu untersuchen. "Wahrscheinlich ist sie gegen eine Tür geflogen", erinnert sich Ines Kock, während sie einen Flügel der Fledermaus ausbreitet, um ihn zu untersuchen. "Sie wurde vor knapp drei Monaten verletzt vor einem Hauseingang gefunden."
70 Fledermäuse in zehn Jahren
Seit zehn Jahren kümmert sich die Frau aus Elmshorn (Kreis Pinneberg) ehrenamtlich um die nachtaktiven Säugetiere. Damals hatte sie selbst eine Fledermaus gefunden, ist vom NABU geschult worden und hat seitdem rund 70 Tiere aufgepäppelt. Die hat sie vom NABU selbst und von der Wildtierstation Klein Offenseth-Sparrieshoop übernommen.
Viele Fledermäuse haben im Sommer mit den heißen Temperaturen zu kämpfen und dehydrieren. Andere fliegen gegen Fensterscheiben oder werden von einer Katze erwischt. "Fledermäuse sind faszinierende Tiere, mit einem ganz tollen Charakter", schwärmt Ines Kock. "Die haben einfach verdient, dass ihnen auch geholfen wird." 15 Fledermausarten gibt es in Schleswig-Holstein. Und alle sind bedroht.
Drei nachtaktive Mitbewohner
In ihrer Küche bereitet die 51-Jährige ihren Schützlingen täglich Wurmbrei zu. Junge Findelkinder müssen alle drei Stunden gefüttert werden - auch nachts. In einem Sommer hatte Ines Kock mal 21 Fledermäuse gleichzeitig in Pflege. "Manchmal ist es schon sehr stressig", sagt sie, während sie den Brei mit einer kleinen Spritze aufzieht. "Aber ich habe noch nie bereut was ich tue."
Zurzeit leben in ihrer Zwei-Zimmer-Wohnung zwei Zwergfledermäuse und "Dicke", eine Breitflügelfledermaus. Das ist die Lieblingsart von Ines Kock. "Breitflügelfledermäuse haben einen ganz eigenen Charakter", erzählt sie. "Die sind meistens sehr zickig und nicht so zugänglich, aber genau das macht sie interessant." Nachdem sie "Dicke" in ihrer Hand aufgewärmt hat, flößt sie ihr den Brei mit der Spritze ein.
80 Prozent kommen durch
Beim Wiegen nach dem Füttern zeigt sich: Ein Gramm muss Dicke noch zulegen, bis sie mit 28 Gramm fit für die Auswilderung ist. Als nächstes steht Flugtraining auf dem Programm. Dazu setzt Ines Kock die Fledermaus wieder in ihr Flugzelt, das im Schlafzimmer auf dem Fußboden steht.
In spätestens einer Woche will sie ihre verbliebenen Schützlinge auswildern, damit sie noch genug Zeit haben, sich einen Platz für den Winterschlaf zu suchen. "Wenn man sie immer um sich hat, und dann ist plötzlich keine mehr da - das ist schon traurig", sagt Ines Kock. Aber letztendlich überwiege die Freude, wenn sie es geschafft hat, dass ein Tier wieder gesund und flugfähig ist. "Wenn ich sie dann in die Nacht entlassen kann und sie wegfliegen, das ist ein tolles Gefühl."
80 Prozent ihrer bedrohten Schützlinge kommen durch und können dank ihrer Hilfe wieder in die Freiheit entlassen werden.