Winterquartier: Alte Bunker in SH ziehen Fledermäuse an

Stand: 06.03.2024 17:52 Uhr

Der abgelegene Bunker auf dem ehemaligen Militärgelände nördlich von Eggebek ist seit Jahrzenten für den Menschen nutzlos. Für Fledermäuse dagegen ist er mittlerweile richtig nützlich, aber nur wenn die Bedingungen stimmen.

von Frank Goldenstein

Die Stahltür des alten Bunkers ist verschlossen und knarzt beim Öffnen. Thorsten Roos, Fachbereichsleiter Umwelt beim Kreis Schleswig-Flensburg und Fledermaus-Experte Matthias Göttsche stapfen mit ihren Gummistiefeln hinein. Sie wollen sich einen Überblick darüber verschaffen, wie gut die Fledermäuse den 2020 entkernten Bunker angenommen haben.

Alte ungenutzte Militäranlagen bieten ideale Voraussetzungen

Drei Männer stehen in einem Munitionsbunker der mit Wasser vollgelaufen ist. © NDR Foto: Frank Goldenstein
Im Dienst der Fledermaus: Christopher Spann (Stiftung Naturschutz SH), Matthias Göttsche und Thorsten Roos im Bunker.

Roos hat den Umbau vor vier Jahren verantwortet: "Ich bin gespannt und hoffe, dass wir noch einige Fledermäuse finden werden. Ich weiß ja noch wie es hier vor zehn Jahren aussah", verrät Roos. Denn in diesem Bunker befand sich früher die Schaltanlage für die Tanklager. Im Rahmen des Umbaus wurden neue Mauern eingezogen, der Boden geflutet und verschiedene Schlafmöglichkeiten für Fledermäuse an Wänden und Decken angebracht. "Die Tiere brauchen viele Verstecke, sie wollen geschützt und störungsfrei schlafen", weiß Göttsche. All das ist hier der Fall.

Jetzt steht auf dem Boden das Regenwasser 30 Zentimeter hoch. Es ist kühl, dunkel und feucht. Licht fällt nur über ein DIN A4 großes Loch in der Wand hinein. Dieses dient den Fledermäusen zum Einflug.

Forschungsarbeit im Dunkeln

Eine Fotokamer steht in einem Munitionsbunker um Fledermäuse zu dokumentieren. © NDR Foto: Frank Goldenstein
Fotostudio für Fledermäuse: Ein Koffer mit Fotokamera ist auf das Einflugloch gerichtet und löst aus, wenn die Lichtschranke aktiviert wird.

Genau dort hat der Kreis eine Lichtschranke einbauen lassen, um die Flugbewegungen zu zählen. Außerdem ist ein schwarzer Koffer im Bunker aufgebaut, in dem sich eine Fotokamera befindet und Bilder von Fledermäusen schießt. Göttsche ist begeistert: "Hier findet auch ein bisschen Forschung statt. Denn wir können nachvollziehen, welche Arten wann zum Winterschlaf kommen und wie lange sie bleiben." Wasserfledermäuse machen zum Beispiel sieben Monate lang Winterschlaf.

Nach dem Umbau hat es ein bisschen gedauert, bis die ersten Fledermäuse das neue Quartier für sich entdeckt haben. 2022 zählte Göttsche hier zwei Fledermäuse, diesen Januar schon 17. Einige davon haben ihren Winterschlaf bereits beendet. Bei ihrer Inspektion im März finden Roos und Göttsche aber noch ein braunes Langohr, eine Fransenfledermaus und eine Wasserfledermaus. Sie verstecken sich in angebrachten Hohlblocksteinen oder in Wandspalten im Mauerwerk.

Im Archepark überwintern Fledermäuse bereits seit Jahren

Fünf Kilometer weiter südlich gibt es ein weiteres ehemaliges Militärgelände. Dort befindet sich jetzt der Archepark Eggebek. Das Gelände ist für Menschen gesperrt - das heißt unberührter Wald, dazu die Treene gleich neben an. Die Nahrungsgrundlage für Fledermäuse ist hier ideal, denn es gibt viele Insekten. Zehn alte Munitionsbunker dienen den kleinen Säugetieren seit 2012 als Quartiere. Auch sie wurden vom Kreis Schleswig-Flensburg artgerecht umgebaut und mit einem vielfältigen Angebot an Verstecken ausgestattet.

Fledermäuse sind anspruchsvoll bei der Immobiliensuche

Noch vor 30, 40 Jahren haben die Verantwortlichen nur kleine Maßnahmen in neuen Quartieren umgesetzt und sich gewundert, warum keine Fledermäuse einzogen. Mittlerweile hat ein Umdenken stattgefunden. Heute wird gleich eine ganze Palette an Verstecken bereit gestellt: neben Wandspalten und Hohlblocksteinen auch Trapezlichtplatten und Spaltenkästen.

"Die Fledermäuse bewerten Quartiere für sich. Das ist vergleichbar mit einer Wohnungsbesichtigung bei uns Menschen. Eine topmöblierte Wohnung ist interessanter als eine Scheune mit einem alten Sofa." Matthias Göttsche, Fledermaus-Experte

Jedes Jahr im Januar werden die Fledermäuse gezählt

Ein Untersucht ein Mauerwerk nach Spuren von Fledermäusen. © NDR Foto: Frank Goldenstein
Fledermaus-Experte Matthias Göttsche sucht mit Spiegel und Taschenlampe nach Fledermäusen.

Göttsche kümmert sich seit 2001 im Auftrag des Umweltministeriums um das jährliche Fledermaus-Monitoring. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein unterstützt ihn dabei und betreut viele Quartiere im Land. Das Monitoring zeigt, dass man beim Schutz von Fledermäusen Geduld braucht. Im Archepark haben sie 2013 nur zwei Tiere gezählt, 2017 dann 15, in diesem Jahr stolze 195 Fledermäuse.

In ganz Schleswig-Holstein ist der Trend ebenfalls positiv. In diesem Jahr haben sie gut 11.300 Fledermäuse gezählt. Doppelt so viele wie 2017. "Die Entwicklung bestärkt uns natürlich und motiviert uns auch dazu aufzurufen, mehr zu machen für den Schutz der Fledermäuse und das Ganze weiterzuführen", sagt Göttsche stolz. Die steigenden Zahlen deuten für ihn darauf hin, dass auch die Population in Schleswig-Holstein wächst.

Info-Center in Eggebek geplant

Rund 50 Bunker gibt es aktuell bei uns im Land, die den Fledermäusen als Winterquartier zur Verfügung stehen. Die letzten Arten werden im April das Winterquartier verlassen. Auf dem Gelände des ehemaligen Tanklagers will der Kreis noch dieses Jahr einen weiteren Bunker bezugsfertig machen. Die eine Hälfte allein für Fledermäuse, die andere Hälfte für eine Art Informationszentrum. Dort soll ein Winterquartier nachgebaut werden, dass dann für Gäste ganzjährig zugänglich ist.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 05.03.2024 | 19:30 Uhr

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