Firmen im Kreis Stormarn fürchten Abwanderung von Azubis
Viele Berufsschulklassen im Land sind zu klein, deshalb sollen sie jetzt zusammengelegt werden. Das bedeutet für viele Auszubildende weitere Anfahrtswege. So auch für die Auszubildenden aus Bad Oldesloe.
Marten Schnoor steht an seiner Werkbank in der Ausbildungshalle und feilt an einem Werkstück. Es soll ein Flaschenöffner werden, eine klassische Aufgabe für Azubis im ersten Lehrjahr. Der 17-Jährige lernt bei der Firma Herose in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) den Beruf des Zerspanungsmechanikers. Bislang geht es für ihn zweimal die Woche zur Berufsschule nach Ahrensburg. Von Bad Oldesloe ist der Weg überschaubar, dauert etwa 25 Minuten.
Zentrale Berufsschule für Zerspaner in Mölln geplant
Doch ab dem Schuljahr 2025/26 wird er vermutlich deutlich weiter fahren müssen, voraussichtlich nach Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg). Dort soll dann die Berufsschule für Zerspaner-Azubis zentralisiert werden. "Als ich davon gehört habe, war ich überhaupt nicht begeistert. Das werden sehr lange Tage für mich. Ich verstehe auch nicht, warum man nicht eine Berufsschule in Lübeck macht. Da würden die Azubis aus Mölln und auch wir viel besser hinkommen", sagt Marten Schnoor.
Aufstehen um 4.30 Uhr - wieder zu Hause um 17 Uhr
Ihm gegenüber arbeitet Jannik Ellerbrock, ebenfalls Azubi, er ist im zweiten Lehrjahr. Er rechnet vor: "Die Fahrtzeit zur Berufsschule würde sich für mich verdoppeln. Ich müsste um 4.30 Uhr aufstehen, weil der Unterricht auch schon eine halbe Stunde früher anfängt als jetzt. Zu Hause wäre ich dann um 17 Uhr. Da bleibt nicht mehr viel vom Tag", sagt der Azubi.
Fehlende Mobilität der Azubis ist auch ein Problem
Im Kreis Stormarn haben sich neben Firma Herose zehn weitere Firmen zusammengetan, um gegen die Pläne des Instituts für berufliche Bildung zu protestieren. Diese sehen vor, dass die Berufsschulen im Land stark reduziert und zentralisiert werden. Für die Zerspaner gibt es aktuell landesweit noch neun Berufsschulen, ab dem Schuljahr 2025/2026 sollen es nur noch fünf sein.
Institut für berufliche Bildung: "Wir mussten reagieren"
Über eineinhalb Jahre habe es mehr als 180 Gespräche zu den neuen Plänen zwischen Institut, Berufsschulen sowie Kreisen und Innungen gegeben, erklärt Dr. Thomas Hill vom Institut. Er hat den Entwurf mit ausgearbeitet. "Viele Berufsschulklassen sind inzwischen einfach zu klein, da mussten wir reagieren. Für viele Berufsschulen rechnet sich der Aufwand nicht mehr. Und die Zerspaner im Kreis Stormarn sind unser Härtefall. Wir wollten aber mit dem Standort in Mölln auch die ländliche Region stärken", sagt Hill.
Sonderregelung für nähere Schule soll möglich sein
Sollte eine Berufsschule für Azubis zu weit weg sein, könnten sich die Nachwuchs-Fachkräfte mit einer Sonderregelung an einer dichter gelegenen Schule anmelden. Für die Azubis aus Bad Oldesloe wäre das laut Thomas Hill beispielsweise Neumünster.
Firmen fürchten weniger leistungsbereite Azubis
Die Firma Herose in Bad Oldesloe gibt es seit 1873, sie stellt Sicherheitsventile für Gase und Flüssigkeiten her. Seit 50 Jahren bildet sie Zerspanungsmechaniker aus. In den vergangenen Jahren seien die Bewerberzahlen für diesen Beruf konstant zurückgegangen. Aktuell lernen ihn nur Marten Schnoor und Jannik Ellerbrock.
Mit Sorge blickt auch ihr Ausbilder Manuel Mielke auf die Pläne aus Kiel und dass seine beiden Azubis künftig einmal die Woche nach Mölln fahren müssen. "Die meisten Azubis sind minderjährig und haben keinen Führerschein, müssen also öffentliche Verkehrsmittel nehmen. Durch den Mehraufwand haben wir die Sorge, dass sich das auf die Leistungsbereitschaft der Azubis auswirken könnte", sagt Mielke.
Beruf des Zerspanungsmechanikers vor ungewisser Zukunft
Vor drei Jahren erst hat die Firma den IHK-Ausbildungsaward bekommen. Verliehen wird dieser für besondere Projekte, die Qualität der Ausbildung oder spezielles Engagement. Geht es um den Beruf des Zerspanungsmechanikers, blickt die Geschäftsführung in eine ungewisse Zukunft für den ohnehin eher unbekannten Beruf.
"Wir fürchten, dass die Azubis und potentielle Bewerber früher oder später abwandern und wir den Beruf nicht mehr ausbilden können. Dabei müssen wir gerade durch die Ausbildung die Fachkräfte in der Region sichern und einen stabilen Arbeitsmarkt schaffen", sagt Carmen Hamann, Mitglied der Geschäftsleitung.
Masterplan zur landesweiten Schulentwicklung in Endphase
Der Masterplan zur landesweiten Schulentwicklung ist laut Thomas Hill indes in der Endphase, bis Juli soll er abgeschlossen sein. Ein paar wenige Änderungen werde es noch geben, Details könne er noch nicht verraten. Bleibt also noch Hoffnung für die Azubis aus Bad Oldesloe, dass sie ihre Ausbildung vielleicht doch noch an der Berufsschule in Ahrensburg beenden können.