Extreme Hitze: Hätte der Kiel-Lauf abgesagt werden müssen?
Heißes Wetter hat beim Kiel-Lauf am Sonntag viele Sportlerinnen und Sportler mit Kreislaufproblemen kollabieren lassen. Veranstalter und Feuerwehr erklären, warum es keinen Abbruch gab. Und ein Sportmediziner appelliert, bei heißem Wetter mit dem eigenen Körper vorsichtig zu sein.
Einen Tag nach dem tragischen Todesfall beim Kiel-Lauf stellte sich die Frage, ob der Kiel-Lauf hätte abgebrochen werden sollen. Auch wenn sich inzwischen herausstellte, dass der gestorbene 37-Jährige offenbar gesundheitlich vorbelastet war: Viele Teilnehmer klagten bei großer Hitze über Kreislaufprobleme und mussten teils im Krankenhaus behandelt werden. Veranstalter Rainer Ziplinsky sagte, dass mit Sicherheitskräften und Feuerwehr zunächst ein Abbruch diskutiert wurde. Weil die Veranstaltung aber zu diesem Zeitpunkt kurz vor ihrem Ende stand, entschied man sich allerdings dagegen.
Laut Markus Brandau von der Feuerwehr Kiel wäre ein Abbruch zu diesem späten Zeitpunkt keine zusätzliche Hilfe gewesen. Ein Abbruch hätte zu einer Massenpanik und laut Brandau außerdem zu massiven Verkehrsproblemen führen können. "Man kann sich nicht sicher sein, dass sich alle Läufer und alle Teilnehmerinnen an die Anweisungen halten und so vielleicht Drittorte erzeugen", so Brandau.
Zahl der Einsatzkräfte angepasst
Im Vorfeld hatte Veranstalter Ziplinsky allerdings mit Blick auf die hohen Temperaturen die Getränkemenge an der Strecke neu berechnen lassen. Die Anzahl der Stände wurde aber nicht erhöht. Rückblickend betrachtet sei das auch nicht nötig gewesen, da sehr viele Getränke von den Verpflegungsstellen zurückgegangen seien, sagte Ziplinsky. Die konkreten Temperaturen im Vorfeld zu berücksichtigen ist laut Markus Brandau schwierig, denn Sicherheitskonzepte würden Monate im Voraus erstellt. Deshalb seien die Auflagen an so eine Veranstaltung sehr allgemein gehalten.
Zudem erklärte Ziplinsky, er habe sich vor dem Lauf beim Sanitätsdienst versichert, dass die Zahl der Einsatzkräfte und Fahrzeuge entsprechend angepasst würde. Der Sanitätsdienst vor Ort habe dann später die Berufsfeuerwehr angefordert, weil die Einsatzkräfte an einer Lastgrenze gewesen seien, so Brandau.
Veranstalter sieht Verantwortung bei jedem einzelnen Teilnehmer
Der Veranstalter sieht eine große Verantwortung auch bei den Läuferinnen und Läufern selbst. Jeder sollte Bewusstheit und Achtsamkeit auf seinen Körper legen und entscheiden, ob er fit genug ist und auch antreten kann, sagte Ziplinsky, der selbst teilnahm. Einige der Läuferinnen und Läufer hätten sich überschätzt.
Das Konzept des Kiel-Laufs sieht vor, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorab anhand ihrer angegebenen Laufzeiten in Blöcke eingeteilt werden. Sie entscheiden dann aber freiwillig, ob sie in den zugeteilten Blöcken starten wollen. Die Einteilung für die Blöcke war auf freiwilliger Basis. Im nächsten Jahr könnte man überlegen mit Securitys zu arbeiten, so Ziplinsky weiter.
Sportmediziner: "Eigenes Verhalten an Wetterlage anpassen"
Was im Körper bei extremer Hitze passieren kann, ist laut dem Sportmediziner Jan Eßer von der Ostsee Sportklinik in Bad Schwartau (Kreis Ostholstein) absolut ernstzunehmen. Der Körper versuche die Kerntemperatur zu erhalten, was bedeute, dass die Blutgefäße sich weiten und das Blut dann mehr in die Haut fließt. Dadurch sinke allerdings auch der Blutdruck und es komme eher zu einem Kollaps, sagt Eßer.
Für Leistungssportler sei dies weniger gefährlich, denn sie seien oft an die Bedingungen gewöhnt. Ein normal trainierter Mensch gewöhne sich erst nach etwa 10 Tagen an die hohen Temperaturen. Dennoch findet Eßer, dass jeder für sich selber verantwortlich sein sollte: "Überall in den Nachrichten kommt die Hitzewarnung, dementsprechend sollte man das Verhalten dann anpassen." So sollte man vor dem Sport das Wetter anschauen, die funktionale Kleidung anpassen und viel trinken: Vor, nach und während des Sports.