Experte zu Northvolt-Insolvenz: "Es wird Auswirkungen auf Heide geben"
Laut Northvolt sollen die Arbeiten für die Fabrik bei Heide weitergehen - trotz der in Schweden beantragten Insolvenz. Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) zweifelt daran.
NDR Schleswig-Holstein: Herr Liebscher, welche möglichen Auswirkungen hat die in Schweden angemeldete Insolvenz von Northvolt auf das geplante Werk bei Heide (Kreis Dithmarschen)?
Mark Liebscher: Der schwedische Mutterkonzern sagt zwar, dass es keine Auswirkungen auf die Tochter in Deutschland gebe, auf den Fabrikbau in Heide, doch das ist nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil. Natürlich wird es Auswirkungen geben. Der Mutterkonzern braucht Gelder. Mit den Geldern würde er die Fabrik weiterbauen in Heide. Die Gelder hat er nicht. Das heißt, es besteht zu befürchten, dass die Finanzierung des Fabrikbaus in Heide auch in Mitleidenschaft gezogen wird.
Wie lange könnte es dauern, bis Northvolt beim geplanten Batteriewerk in Heide nicht mehr handlungsfähig ist - zum Beispiel in Bezug auf die Bauarbeiten?
Liebscher: Hier müssen wir unterscheiden. Das eine ist, man kann die Baustelle ruhen lassen, dort nichts mehr tun. Dann laufen keine Kosten, laufen keine Rechnungen auf. Man hat eine ruhende Baustelle, eine ruhende Bautätigkeit. Und damit ist man auch nicht insolvenzgefährdet, weil man tut ja nichts und gibt kein Geld aus. Das andere ist: Sind Forderungen offen und sieht die Baustelle so aus, dass Rechnungen nicht bezahlt werden und auch in Zukunft nicht bezahlt werden würden, dann kann natürlich die Baustelle - sprich die Tochter in Deutschland - in eine Insolvenz geraten, mit dem Umstand, dass die Baustelle dann auch stillsteht.
Welche Szenarien sind mittelfristig in Heide möglich?
Liebscher: Es gibt zwei mögliche Szenarien. Szenario eins ist, dass sich ein Investor findet, der sowohl bei der Mutter einsteigt und/oder bei der Tochter und Heide weiter und zu Ende baut. Oder Szenario zwei: Diesen Investor gibt es nicht. Dann wird Heide eine Baustellenruine vor der Tür haben.
Wie lukrativ ist eine Übernahme für einen Investor unter den jetzigen Voraussetzungen?
Liebscher: Wie lukrativ eine Übernahme der Tochtergesellschaft oder des Northvolt-Mutterkonzerns ist, ist schwer zu sagen. Klar ist: wahrscheinlich nicht sehr lukrativ. Northvolt hat es nicht geschafft, Batterien zu bauen. Northvolt hat es nicht geschafft, weitere Investoren zu finden. Northvolt hat es geschafft, 15 Milliarden Euro, was man hört, zu versenken. Northvolt hat es geschafft, jetzt noch rund 5,8 Milliarden Dollar Schulden zu haben. Das heißt, jemand, der da rein geht, der wird wahrscheinlich auf einen negativen Kaufpreis bestehen. Ein negativer Kaufpreis ist, wenn der Verkäufer noch Geld mit dazu gibt, damit jemand das übernimmt und da rein investiert. Das heißt, es könnte auch passieren, dass von staatlicher Seite sogar ein negativer Kaufpreis in Form von weiteren Förderdarlehen und so weiter bezahlt werden muss, damit es hier weitergeht.
Das Interview führte Janina Harder, NDR Studio Heide.
