VIDEO: Spitzenkandidaten der Parteien im Landtag im Europawahl-Talk (7 Min)

Europawahl in SH ausgezählt: CDU vor SPD, Grünen und der AfD

Stand: 10.06.2024 16:41 Uhr

Die CDU liegt laut vorläufigem Ergebnis in Schleswig-Holstein vorne. Aber auch die AfD schneidet deutlich besser ab als bei der letzten Wahl. Ministerpräsident Günther sieht diese Entwicklung mit Sorge.

Laut dem vorläufigen Endergebnis liegt die CDU in Schleswig-Holstein bei der Europawahl mit 30,2 Prozent vorne, gefolgt von der SPD mit 16,7 Prozent, den Grünen mit 15,4 Prozent und der AfD mit 12,2 Prozent. Die FDP holte demnach 6,3 Prozent der Stimmen. Damit weicht das Ergebnis aus dem nördlichsten Bundesland teilweise deutlich vom bundesweiten Ergebnis ab. CDU und CSU liegen laut der Hochrechnung von infratest dimap für die ARD von 23:04 Uhr mit 30,2 Prozent der Stimmen vorne. Die AfD ist mit 15,9 Prozent zweitstärkste Kraft. Die SPD holt bundesweit 13,9 Prozent, die Grünen verlieren laut der Hochrechnung deutlich und landen bei 11,9 Prozent.

Günther: Ergebnis für AfD "besorgniserregend"

Daniel Günther (Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) spricht beim CDU-Bundesparteitag vor einem blauen Aufsteller. © dpa Bildfunk Foto: Carsten Koall
Ministerpräsident Günther (CDU) sieht den prognostizierten Erfolg der AfD mit Sorge.

"Das ist ein sehr, sehr guter Erfolg", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer ersten Reaktion. Im Prinzip sei seine Partei genauso stark wie alle drei Ampelparteien zusammen. Es gebe trotzdem "kein Triumphgeheul, denn wir sind nur ein bisschen stärker als bei der letzten Europawahl". Das prognostizierteErgebnis für die AfD bezeichnete er als "besorgniserregend" und als "bitteren Befund". Das sei nun "eine Aufgabe für alle Demokratinnen und Demokraten."

SPD selbstkritisch

Oppositionsführerin Serpil Midyatli (SPD) spricht im Landtag von Schleswig-Holstein. © picture alliance/dpa | Frank Molter
"Heute ist kein guter Tag für die Demokratie - weder in Deutschland noch auf der europäischen Ebene", sagte Schleswig-Holsteins SPD-Parteichefin Serpil Midyatli.

"Unsere Themen haben offenbar nicht verfangen. Wir wollten unser Wahlziel ja verbessern und nicht bei diesem historisch schlechten Ergebnis bleiben", sagte Schleswig-Holsteins SPD-Parteichefin Serpil Midyatli. Mit Blick auf das Abschneiden der AfD sagte sie: "Da haben alle demokratischen Parteien das Wahlziel verfehlt. Das heißt, heute ist kein guter Tag für die Demokratie - weder in Deutschland noch auf der europäischen Ebene. Und da müssen wir alle ran." Auch die SPD-Europawahlkandidatin Delara Burkhardt bezeichnete das Wahlergebnis ihrer Partei als "sehr schmerzhaftes Ergebnis". Sie betonte: "Wir haben viele unserer Wählerinnen und Wähler vor allem an das Nichtwählerlager verloren. Das macht uns nachdenklich." Man habe es offensichtlich nicht geschafft, wichtige Themen offensiv und kämpferisch im Wahlkampf anzugehen.

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Kumbartzky und Krane von der FDP zufrieden

Oliver Kumbartzky (Bürgermeister von Büsum) spricht an einem Rednerpult. © dpa Bildfunk Foto: Frank Molter
"Wir haben deutlich besser abgeschnitten als es bei den Umfragen der vergangenen Wochen zu erwarten gewesen wäre", sagt Oliver Kumbartzky (FDP).

Der Vorsitzende der FDP Schleswig-Holstein, Oliver Kumbartzky, zeigte sich mit dem Abschneiden der FDP zufrieden. "Wir haben deutlich besser abgeschnitten als es bei den Umfragen der vergangenen Wochen zu erwarten gewesen wäre." Insgesamt wolle die Partei langfristig höher hinaus, sagte FDP-Europawahlkandidat Helmar Krane. Dennoch habe man in einem herausfordernden Umfeld einen guten Wahlkampf gemacht und über Inhalte wie Mittelstand und Migration gesprochen.

Grüne: Erdmann nicht überrascht

Neumünster: Anke Erdmann, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, spricht beim Landesparteitag der Grünen Schleswig-Holstein. © dpa Foto: Frank Molter
Anke Erdmann zeigte sich über das Wahlergebnis der Grünen nicht begeistert, aber auch nicht überrascht.

Anke Erdmann von den Grünen sagte, ihre Partei habe damit gerechnet, dass man nicht an das Rekordergebnis der letzten Europawahl anknüpfen könne. "Letztes Mal war es eine Klimawahl. Die fünf Jahre, die zwischen der letzten Wahl und dieser Wahl lagen, die haben die Welt komplett anders gemacht. Und deswegen sind wir nicht begeistert, aber auch nicht überrascht." Es sei ein bitteres Wahlergebnis für seine Partei, sagte auch Rasmus Andresen, der Europawahlkandidat von den Grünen, NDR Schleswig-Holstein. "Wir sind enttäuscht. Wir haben unsere Wahlziele nicht erreicht." Nun gehe es darum herauszufinden, was die Gründe für das schlechte Ergebnis waren.

Herbst: Parteienlandschaft komplizierter geworden

Niclas Herbst (CDU) lächelt an der Kieler Förde in die Kamera. © NDR
Niklas Herbst (CDU) sprach von einer Parteienlandschaft, die komplizierter geworden sei.

CDU- Europawahlkandidat Niklas Herbst zeigte sich erfreut, "dass wir zulegen konnten und auf Platz eins sind." Er betonte: "Die Parteienlandschaft ist komplizierter geworden." Das habe man auch im Wahlkampf gemerkt. Das gute Abschneiden der AfD "müssen wir nicht nur analysieren, sondern da müssen wir auch was gegen tun."

AfD: Skandale waren gemacht

Kurt Kleinschmidt spricht mit Medienvertretern. © NDR Foto: NDR
Der AfD-Landesvorsitzende Kurt Kleinschmidt sagte, die Skandale um die AfD-Politiker Krah und Bystron seien "gemachte Skandale".

"Die Skandale, das waren gemachte Skandale. Und ich gehe davon aus, das haben unsere Wähler auch gesehen", sagte der AfD-Landesvorsitzende Kurt Kleinschmidt NDR Schleswig-Holstein auf die Frage, inwieweit die Ereignisse um die AfD-Politiker Maximilian Krah und Petr Bystron seinen Wahlkampf beeinflusst hätten. "Wir waren nie radikal. Wir wollen uns auch nicht radikalisieren. Wir sind bis letztes Jahr nicht im Verfassungschutzbericht aufgetaucht, weder die AfD noch unsere Junge Alternative."

SSW: Hiobsbotschaft für Minderheiten

Jette Waldinger-Thiering, Mitglied des Bildungsausschusses. © Screenshot
Jette Waldinger-Thiering vom SSW erachtet das Wahlergebnis als "Hiobsbotschaft", insbesondere für Minderheiten.

Der SSW, der nicht an der Europawahl teilgenommen hat, zeigt sich von den Ergebnissen bestürzt. Die europapolitische Sprecherin der SSW-Landtagsfraktion, Jette Waldinger-Thiering, sagt, dass Europa "ein beängstigendes Stück nach rechts" gerückt sei. Sie ergänzt: "Das Ergebnis der Europawahl in Deutschland zeigt, dass die Menschen verunsichert sind und das Land gespalten ist." Insbesondere für Minderheiten sei das Resultat eine Hiobsbotschaft. "Von rechtskonservativen Parteien ist nicht zu erwarten, dass Minderheitenrechte in der EU gestärkt werden", sagt Waldinger-Thiering. Auch der Parteiwunsch nach einem Kommissar für Minderheiten sei damit in weite Ferne gerückt.

Vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung in SH

Die Wahlbeteiligung war in Schleswig-Holstein mit 64,4 Prozent vergleichsweise hoch. 2019 waren es 59,7 Prozent. Die damalige Wahlbeteiligung lag also mehr als vier Prozentpunkte unter dem aktuellen Wert, 2014 lag sie sogar etwa 21 Prozent unter dem aktuellen Wert. Ministerpräsident Günther bezeichnete die hohe Wahlbeteiligung als "erfreulich". "Offenkundig haben die Menschen in Schleswig-Holstein - aber auch in Deutschland - erkannt, dass die Europawahl eine extrem hohe Bedeutung hat."

Knelangen: Ampelparteien nicht durchgedrungen

Bundesweit wird die Wahlbeteiligung auf 66 Prozent geschätzt. Wilhelm Knelangen, Professor an der Christian Albrecht Universität zu Kiel (CAU), sagte NDR Schleswig-Holstein zu der vergleichsweise hohen Wahlbeteiligung, dass es unterschiedliche Motive für die Teilnahme an der Wahl gegeben habe.

"Ich glaube, es gibt zwei Grundrichtungen: die einen, denen Europa wirklich wichtig ist und die deswegen an dieser Wahl teilnehmen. Und es gibt andere, denen ist Europa ziemlich egal, die nutzen die Europawahl, um ein Zeichen zu setzen, [...] die wollen in erster Linie der Ampel eins auswischen." Wilhelm Knelangen, Politikwissenschaftler

Westerland: Eine Frau geht am Sonntagmorgen mit ihrem Hund an der Leine in eine Wahlkabine im Wahllokal im Tourismus-Zentrum Sylt in Westerland. © dpa Foto: Lea Sarah Albert
Bei der Europawahl hatten etwa 350 Millionen EU-Bürgerinnen und EU-Bürger die Möglichkeit, ein neues Europäisches Parlament zu wählen.

Insbesondere die Ampelparteien seien bei dieser Europawahl nicht durchgedrungen. Gerade die Grünen und die SPD hätten ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wichtige Themen seien von den meisten Parteien nicht glaubwürdig vertreten worden. "Daran scheint es gehapert zu haben." Im Wahlkampf habe er sich mehr Inhalt gewünscht, so Knelangen. "Etwa die Frage: Wie wollen wir in Zukunft mit dem russischen Angriffskrieg umgehen? Tatsächlich haben sich alle Parteien ein bisschen versteckt und haben versucht ein bisschen unerkannt durch den Wahlkampf zu kommen", so seine Beobachtung. Kleine Parteien mit Nischenthemen hätten vergleichsweise gut abgeschnitten.

Erstmals auch 16-Jährige wahlberechtigt

Insgesamt waren rund 2,3 Millionen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner berechtigt, an der Europawahl teilzunehmen. Auch etwa 107.400 Staatsangehörige anderer EU-Länder waren im nördlichsten Bundesland stimmberechtigt. Neu war außerdem, dass in Deutschland erstmals auch Jugendliche ab 16 Jahren wählen durften.

Zur Wahl standen 34 Parteien und sonstige politische Vereinigungen. Insgesamt wollten 62 Bewerberinnen und Bewerber aus dem nördlichsten Bundesland ins Europäische Parlament in Straßburg und Brüssel einziehen. Zurzeit vertreten dort vier Abgeordnete die Interessen und Belange aus Schleswig-Holstein. Parallel zur Europawahl fanden im Land auch Bürgermeisterwahlen in acht Städten und Gemeinden statt.

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Daniel Günther (Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) spricht beim CDU-Bundesparteitag vor einem blauen Aufsteller. © dpa Bildfunk Foto: Carsten Koall

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 09.06.2024 | 23:00 Uhr

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