Entlassungen bei Northvolt: Verunsicherung in Heide wächst
Der Batteriezellen-Hersteller Northvolt ist im Krisenmodus. Die Auswirkungen auf das Werk in Heide sind unklar, die Bürger in der Region verunsichert. Die Politik zeigt sich zuversichtlich, dass der Bau der Giga-Fabrik wie geplant vorangeht.
Der Batteriezellen-Hersteller Northvolt steckt in der Krise und hat die Entlassung von etwa 1.600 Mitarbeitenden in Schweden beschlossen. Das entspricht knapp einem Viertel der Northvolt-Belegschaft in dem skandinavischen Land. Weltweit arbeiten insgesamt etwa 7.100 Menschen für das Unternehmen. Der Schritt war bereits zuvor angekündigt worden, aber noch ohne genaue Zahlen. Ob die Stellenstreichungen auch Auswirkungen auf den geplanten Standort einer großen Fabrik bei Heide (Kreis Dithmarschen) haben, ist noch nicht klar.
Heider wünschen sich Klarheit über Bau der Batteriefabrik
"Es ist zu wenig konkrete Information, die man bekommt", meinte Holger Heuermann in der Heider Innenstadt. Er sprach aus, was sich viele Menschen in der Region wünschen, wenn es um das Thema Northvolt-Batteriefabrik geht: "Dass die Politik konkreter mit Northvolt spricht und eine konkrete Aussage auch den Bürgern gibt." Uwe Tank kommt ebenfalls aus der Region und sagte NDR Schleswig-Holstein: "Es wird viel diskutiert in der Stadt, was alles umgemodelt werden muss, es ist jetzt alles in Gang gebracht worden. (...) Aber man weiß noch nicht, was da kommt."
Planungsgruppe und Landesregierung zuversichtlich
Am Dienstag, einen Tag nach Bekanntgabe der Entlassungen, traf sich die Northvolt-Steuerungsgruppe in Kiel zu einer regulären Sitzung. Dort werden etwa alle sechs Wochen Fortschritte und Herausforderungen des Projekts besprochen. Der Chef der Staatskanzlei, Dirk Schrödter, sagte, er habe keine Zweifel daran, dass in Heide wie geplant weiter gebaut werde.
"Das Unternehmen hat mitgeteilt, dass die Entscheidungen in Bezug auf Schweden keine Auswirkungen auf Heide haben." Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei
Auch der Vorstand der Entwicklungsagentur Region Heide, Dirk Burmeister, zeigte sich vor dem Treffen zuversichtlich: "Wir gehen in der Region null Millimeter vom Gaspedal mit der ganzen Entwicklung." Es gebe die Meldung aus Schweden, dass der Hochlauf der Zellproduktion in Heide kommen müsse.
Bundeswirtschaftsminister in Dauerkontakt mit Northvolt
Die Sinne sind ganz offensichtlich bis in höchste Regierungsebenen geschärft: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte der schwedischen Wirtschaftszeitung "Dagens Industri" am Montag am Rande des sogenannten Autogipfels gesagt, man stünde "in dauerndem Kontakt mit Northvolt". Im schwedischen Stammwerk müsse die Produktion nun hochgefahren werden, um mehr Einnahmen zu generieren, sagte der Bundeswirtschaftsminister. Northvolt hänge dem Zeitplan hinterher.
Northvolt-Experte aus Schweden malt düsteres Zukunftsbild
Anders Hägerstrand ging sogar noch einen Schritt weiter. Er berichtet als Journalist von der "Dagens Industri" regelmäßig über Northvolt. Er sagte im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein gesagt, dass er einen Produktionsbeginn in Heide in zwei Jahren für fast unmöglich halte. Northvolt konzentriere sich nun darauf, seine Produktion im Werk im schwedischen Skellefteå zu steigern. Denn die Situation des Unternehmens sei sehr ernst.
Über Zeitplan-Anpassungen "noch nicht entschieden"
Ein Unternehmenssprecher von Northvolt hatte am Montag erklärt, dass die Arbeiten in Heide "von den heutigen Entscheidungen nicht betroffen" seien und die Baumaßnahmen "in gewohnter Weise" weiterliefen. Aber er sagte auch: "Über eventuelle Anpassungen der Zeitpläne wurde noch nicht entschieden." Das entspricht der Linie, die Northvolt-Deutschland-Chef Christofer Haux im Juli vertreten hatte, als schon einmal über die Ausbau-Pläne des Batteriezellen-Herstellers diskutiert worden war.
Northvolt will sich auf Kerngeschäft konzentrieren: Batteriezellen
Northvolt will insgesamt 20 Prozent seiner globalen Belegschaft entlassen - und begründet den Schritt damit, sich auf das Kerngeschäft konzentrieren zu wollen: die Produktion von Batteriezellen. Für Professor Holger Görg vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) ist das "ein sehr guter Weg". Das Unternehmen habe ausprobiert, in verschiedene Branchen zu gehen - und fokussiere sich jetzt auf das Kerngeschäft, so Görg. Es sei "normal, was passiert".
Milliarden-Projekt bei Heide soll 2026 erste Produkte liefern
Zum Kerngeschäft soll auch der Standort Heide beitragen. Northvolt will in Dithmarschen künftig bis zu eine Million Batteriezellen für Elektroautos pro Jahr bauen. 3.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Die ersten Produkte sollen nach bisherigem Planungsstand bereits 2026 ausgeliefert werden. Den Startschuss für den Bau des 4,5-Milliarden-Euro-Projekts hatten Ende März unter anderem Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Habeck gegeben. Denn ein solches Werk in Deutschland ist strategisch wichtig für Deutschland und Europa, um sich auf dem Markt der E-Mobilität im Rennen mit China zu behaupten. Daran ist auch Volkswagen beteiligt: Der Autobauer hält etwa ein Fünftel der Anteile bei Northvolt.
Ex-Tesla-Manager Carlsson hatte Ausbaupläne eingedampft
Wegen wegbrechender Aufträge und Problemen beim Hochfahren der Produktion hatte der Konzern im Sommer angekündigt, seine internationalen Ausbaupläne einzudampfen. Northvolt, geführt vom ehemaligen Tesla-Manager Peter Carlsson, hat sich das Ziel gesetzt, die weltweit umweltfreundlichsten Batterien zu produzieren. Carlsson hatte am Montag auf "Gegenwind" im Automobilmarkt und beim Industrieklima im Allgemeinen verwiesen und die angekündigten Entlassungen als "schwierige und schmerzhafte" Entscheidung bezeichnet. Sie seien jedoch notwendig für den langfristigen Erfolg von Northvolt.