E-Rezept: Skepsis bei den Kassenärzten in SH
Bisher wird es erst zögerlich genutzt, aber vom Jahreswechsel an ist es Pflicht: Das E-Rezept soll helfen, Bürokratie abzubauen und Gerenne zu vermeiden. Für die Apotheken ist das E-Rezept noch aus einem anderen Grund wichtig.
Langsam geht der Balken nach oben. Die Zahl der Arztpraxen, die E-Rezepte ausstellen, wächst. Bundesweit waren es in der vergangenen Woche 11.121 medizinische Einrichtungen - so steht es im Dashboard der Gematik, also der Behörde, die sich um die digitale Infrastruktur im Gesundheitswesen kümmert. Insgesamt gibt es in Deutschland laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung allerdings 99.658 Praxen.
Bisher ist das E-Rezept also nur bei einem Teil im Alltag angekommen. Es brauche "mehr Tempo", heißt es von der Gematik. "Mit Blick auf die verbindliche Einführung des E-Rezepts empfehlen wir deshalb den Praxisteams, sich jetzt intensiv mit der Umstellung aufs E-Rezept zu beschäftigen."
Skeptische Ärzte, wackelige Leitungen
Denn zum Jahreswechsel wird das E-Rezept Pflicht. Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein blickt auf diese Frist "mit Skepsis." Es seien zwar 90 Prozent der Praxen mit den erforderlichen Modulen ausgestattet. Aber es hapere an der Technik. Die Ärztinnen und Ärzte brauchen nämlich eine digitale Unterschrift, mit der sie die Rezepte unterschreiben. Die Einrichtung dieser Signatur "ist aufwändig und kann in den meisten Fällen nur von einem externen Techniker eingerichtet werden. Die Techniker sind jedoch zur Zeit ebenfalls überlastet", so ein Sprecher.
Dazu kommen die Tücken der Digitalisierung: "Unabhängig vom E-Rezept, kommt es in vielen Praxen weiterhin zu regelmäßigen Systemabstürzen, die den Praxisbetrieb lahm legen."
Vorteile für Ärzte und Versicherte - wenn alles klappt
Dabei sollen die Ärzte eigentlich von der Einführung profitieren. "Wenn es reibungslos funktioniert, ist es eine Entlastung im Praxisablauf", so die KVSH. Effizientere Abläufe in der Praxis - und auch für Versicherte bietet das E-Rezept laut Gematik Vorteile. Etwa bei Folgerezepten: Wer regelmäßig Medikamente braucht, muss nicht für jedes neue Rezept in der Praxis erscheinen. Einlösen können Versicherte das E-Rezept entweder mit der Gesundheitskarte, der E-Rezept-App - oder auch mit dem ausgedruckten QR-Code.
Bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) sieht man zwar einen gewissen Mehrwert für Nutzer durch das E-Rezept. Allerdings vor allem dann, wenn man die App nutzt. Mit der man zum Beispiel vorab in der Apotheke anfragen kann, ob ein Medikament vorrätig ist. Doch gerade die App sei schwer zu bedienen, sagt Marcel Weigand, Leiter des Bereichs digitale Transformation bei der UPD. "Selbst Digitalexperten scheitern daran, sich anzumelden", sagt er.
Schwierige Anmeldung bei der App
Einerseits braucht es dafür eine PIN der Krankenkasse. Im Idealfall kann man die online beantragen, bei manchen Kassen muss man aber auch persönlich vorbeikommen. Andererseits braucht man eine Gesundheitskarte, die NFC-fähig ("Near Field Communication") ist, also kontaktlos ausgelesen werden kann - die hält man dann ans Handy. Bei Weigand selbst, berichtet er, habe es erst nach dem zehnten Versuch geklappt. Nach zusätzlicher Netzrecherche und mit Tricks. "Das sind natürlich Dinge, die kann ich zum Beispiel meiner Mutter nicht vermitteln", sagt Weigand.
Laut Gematik soll die Anmeldung in der App demnächst erleichtert werden. Fürs Erste jedoch scheint die Gesundheitskarte der einfachste Zugang zum E-Rezept zu sein: "Eben ohne komplizierte App, Papier oder PIN. Einfach Karte ins Lesegerät beim Apotheker und es funktioniert", heißt es von der KVSH.
Apotheker sind zuversichtlich
Bei der Apothekerkammer herrscht etwas mehr Zuversicht, was die Einführung des E-Rezepts angeht. Auch wenn Geschäftsführer Felix-Alexander Litty davon ausgeht, dass noch viele Detailfragen zu klären sein werden, wenn der Betrieb erst einmal richtig angelaufen ist. "Da wird eine Menge hinzukommen", sagt Litty. Außerdem vermisst er - wie auch die KVSH - klare Regeln des Bundesgesetzgebers, etwa im Umgang mit den Patienten in Pflegeheimen.
Für die Apotheken ist aber auch noch ein anderer Punkt wichtig: Pro Woche werden der Kammer etwa 15 gefälschte Rezepte gemeldet. Mit der Einführung des E-Rezepts soll das ein Ende haben.