Personalnot der Krankenhäuser in SH spitzt sich zu
Die meisten Krankenhäuser in Schleswig-Holstein bewerten ihre Personalsituation als schlecht. Die Kliniken sehen darin auch ein strukturelles Problem - und hoffen auf die Reform aus Berlin.
Eine "Revolution im Krankenhaussektor" hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit seinen Reformplänen am Dienstag in Berlin angekündigt. Die ist aus Sicht vieler Kliniken nicht nur deshalb überfällig, weil die Einrichtungen derzeit überwiegend rote Zahlen schreiben. Ein zweites gravierendes Problem: Die Personalnot nimmt immer weiter zu. Das bestätigt auch eine aktuelle Umfrage von NDR Schleswig-Holstein unter den 32 Kliniken im Land, die in der Notfallversorgung tätig sind.
Die meisten Krankenhäuser bewerten Situation als "schlecht"
Von den 18 Krankenhäusern, die auf die Fragen zur Personalsituation geantwortet haben, bewerten 11 die Lage als schlecht. Die Patientenversorgung kann nur noch mit Mühe sichergestellt werden. Kein einziges angefragtes Krankenhaus spricht von einer guten Personallage. "Im medizinischen Bereich ist die Situation zum Teil schon sehr schwierig. Dies betrifft vor allem Assistenzärzte und Pflegekräfte", heißt es etwa vom Klinikum Nordfriesland mit seinen Akuteinrichtungen in Husum, Niebüll und auf Föhr. In diesen Kliniken gebe es in diesem Jahr zum ersten Mal auch bei den Ausbildungsplätzen zu wenig Bewerberinnen und Bewerber.
Hoher Krankenstand in vielen Kliniken
Hinzu kommt aktuell in vielen Kliniken noch ein erhöhter Krankenstand: Am Friedrich-Ebert-Krankenhaus in Neumünster liegt dieser im Vergleich zu 2019 um rund ein Drittel höher. Ähnlich sieht es an den Westküstenkliniken (WKK) in Heide und Brunsbüttel aus. Das schafft weitere Probleme: "Kurzfristige Personalausfälle beispielsweise durch Krankheitswellen sind mittlerweile gar nicht oder nur noch mühsam mit teuren Zeitarbeitskräften zu kompensieren", teilen die WKK mit.
Mehr Studienplätze, leichtere Anerkennung von Abschlüssen
Kliniken wie das DRK-Krankenhaus in Ratzeburg fordern deshalb eine schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen aus dem Ausland und bundesweit mehr Studienplätze: "Der Anteil der Medizinstudienplätze in Deutschland müsste um mindestens 50 Prozent gesteigert werden, um eine bedarfsgerechte Anzahl von Medizinern und Medizinerinnen auszubilden." Aber auch dann würde es aufgrund der langen Ausbildungszeit sechs bis sieben Jahre dauern, bis man positive Effekte erwarten könne.
Mit Zentralisierung gegen den Personalmangel?
Der Fachkräftemangel werde zu einem Problem, das die Kliniken allein nicht mehr in den Griff bekommen, meint der Geschäftsführer der Westküstenkliniken in Brunsbüttel und Heide, Dr. Martin Blümke: "Man muss die vorhandenen Fachkräfte an den geeigneten Stellen zusammenführen und da sind wir bei Krankenhausplanung, bei Zentralisierung, bei einer geordneten Versorgungsstruktur. Da sehe ich das Land massiv in der Pflicht, gemeinsam mit den Kliniken einen neuen Zuschnitt zu entwerfen."
Reform verspricht strukturelle Veränderungen
Einen zentralen Beitrag könnten dazu die am Dienstag vorgestellten Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) leisten. Sie sollen die "Über-Ökonomisierung" der Krankenhäuser stoppen und die Kliniken von wirtschaftlichem Druck befreien, zum Beispiel durch die Reform der bisher geltenden einheitlichen Fallpauschalen für Behandlungen. Unter anderem dieser Kostendruck hat in den vergangenen Jahren zu einer "ausgedünnten Personaldecke" geführt, heißt es etwa vom Städtischen Krankenhaus Kiel. Die Hoffnungen sind also groß, dass sich an der Struktur der Kliniken schnell grundsätzlich etwas ändert - und damit auch an der Personalsituation.
Wer wurde gefragt?
Reporterinnen und Reporter aus den fünf NDR Regionalstudios im Land haben in der vergangenen Woche 32 Kliniken angeschrieben. Darunter sind Kliniken der Grund- und Regelversorgung, Schwerpunktkliniken und das UKSH als Maximalversorger. Es handelt sich um Standorte, die für die Akutversorgung von Patienten relevant sind. Einige Betreiber haben für die Beantwortung der Fragen um mehr Zeit gebeten, andere lehnten die Teilnahme ab oder reagierten gar nicht.