Diako-Stellenabbau in Flensburg: Zwischen Leid und Hoffnung
Der Abbau von 110 Arbeitsplätzen verunsichert nicht nur die Diako-Belegschaft. Flensburg hängt an seinem größten Krankenhaus. Und: Wer in diesen Zeiten Fachkräfte vor die Tür setzt, macht sich angreifbar.
Wer Menschen in der Flensburger Innenstadt auf das Diako-Krankenhaus anspricht, merkt schnell: Hier hat jeder seine ganz persönliche Geschichte mit der größten Klinik der Stadt, und die spielt jenseits von Insolvenzverfahren und Sanierungskonzepten. "Meine Kinder sind dort geboren. Sparzwänge hin oder her, aber bei der Gesundheit trifft das nicht gerade mein Verständnis", sagt etwa Familienvater Michael Jagosch.
"Das Ruder muss umgerissen werden"
Wie Jagosch geht es wohl vielen Flensburgerinnen und Flensburgern, und doch kommt der Stellenabbau zumindest für Teile der Belegschaft nicht überraschend. 110 Arbeitsplätze fallen weg. Welche genau, soll sich im Januar entscheiden. Dann verhandelt die Klinik-Geschäftsführung mit der Mitarbeitervertretung des Krankenhauses. "Es war schon lange klar, dass etwas geändert werden muss, weil es so einfach nicht weitergehen kann. Vor Weihnachten ist es natürlich besonders ärgerlich für die Beschäftigten. Aber das Ruder muss auch umgerissen werden, damit das Krankenhaus in dieser Form weiterbestehen kann", so Karim Sahsah von der Mitarbeitervertretung. Zu ihren Zielen für die Verhandlungen mit dem Vorstand im Januar wollte sich die Mitarbeitervertretung auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein nicht äußern.
"Ein unglückliches Signal"
In Zeiten des akuten Personalmangels im Gesundheitswesen müssen nun auch begehrte Fachkräfte im Diako-Krankenhaus um ihre Jobs bangen. "Insgesamt ist es in der jetzigen Zeit ein unglückliches Signal, wenn dringend gesuchten Fachkräften im Gesundheitswesen gekündigt wird. Gerade vor Weihnachten ist das überhaupt keine schöne Botschaft", meint Patrick Reimund, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein. Der Diako-Vorstand stand wegen des Insolvenzverfahrens laut eigenen Angaben unter Zugzwang. Der Zeitpunkt der Stellenabbau-Ankündigung vor Weihnachten sei das zwangsläufige Ergebnis einer "betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit". Trotzdem weiß niemand, wie sich die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Krankenhausreform auf den Personalbedarf der Klinik auswirkt. Die Fachkräfte, die das Krankenhaus nun vor die Tür setzt, könnte es womöglich bald wieder dringend brauchen.
"Wir leiden als Stadt mit"
Diese Annahme setzt allerdings ein Gelingen des Sanierungsverfahrens voraus. Die Klinik will bis Ende Juni 2023 ein Gerüst für jährliche Ergebnisverbesserungen von rund 15 Millionen Euro auf die Beine gestellt haben. "Ich denke, dass es so sozialverträglich wie eben möglich gestaltet werden soll. Wir leiden als Stadt natürlich mit. Auf der anderen Seite hoffen wir, dass das Sanierungskonzept am Ende aufgeht", sagt Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD).
Diakonisches Werk: fast alle Krankenhäuser unter Druck
Die Verantwortung für die finanzielle Schieflage liegt für das Diakonische Werk Schleswig-Holstein nicht etwa bei der Klinik-Geschäftsführung unter kirchlicher Trägerschaft: "Wir sehen in der Krankenhauslandschaft, dass wirklich fast alle Häuser derzeit unter einem großen finanziellen Druck stehen. Wir haben zwei Jahre Corona-Pandemie hinter uns und jetzt steigende Energiekosten", so Sprecher Heiko Naß. Schärfere Töne kommen dagegen von der Gewerkschaft ver.di: "Kurz vor Weihnachten erfahren die Beschäftigten, dass sie die Zeche zahlen müssen für die Versäumnisse der Politik und der Geschäftsführung der letzten Jahre. Das kritisieren wir aufs Schärfste", sagt Nico Wickleder von ver.di.