VIDEO: Prinzip Bruderhahn stellt Betriebe vor Herausforderungen (3 Min)

Der Bruderhahn ist kein Verkaufsschlager

Stand: 16.07.2023 11:05 Uhr

Seit Januar 2022 ist es in Deutschland verboten, die männlichen Küken der Legerassen zu töten. Doch die Aufzucht ist kostenintensiv und wenig ertragreich. Dabei könne sich die Aufzucht für das Tierwohl recht einfach rechnen.

von Marlen Hildebrandt

Geht es darum, das Töten von männlichen Küken zu vermeiden, gibt es zwei Ansätze. Die großen Brütereien setzen auf eine Früherkennung der Geschlechter im Brut-Ei. Die männlichen Tiere werden damit weiterhin aussortiert, nur nicht mehr nachdem sie geschlüpft sind, sondern davor. Es gibt verschiedene Verfahren, mit denen man herausfinden kann, welches Geschlecht das Küken hat. Beispielsweise wird ein kleines Loch in die Eierschale gestochen und Flüssigkeit aus dem Ei entnommen. Diese wird dann mit Hilfe eines Schnelltestes untersucht und verrät, welches Geschlecht der Embryo im Ei hat. Die Männchen werden aussortiert und zu Futtermittel verarbeitet. Tierschützer üben Kritik an diesen Verfahren, da zum Zeitpunkt der Untersuchung der Embryo schon weit ausgebildet sei und Schmerz empfinden könne.

Ökologische Verbände setzen auf Aufzucht

Bei ökologischen Anbauverbänden wie beispielsweise Bioland oder Demeter ist die Geschlechterbestimmung im Ei verboten. Sie verpflichten sich, die männlichen Küken der Legerassen aufzuziehen - die sogenannten Brüderhähne. Auf den Eierverpackungen sind dann oft Aufschriften wie "Bruderhahnaufzucht" oder "der Hahn wurde aufgezogen" zu finden. Das Problem: Der Bruderhahn ist kein Verkaufsschlager. Sein Fleisch ist etwas fester und schmeckt intensiver als beim "klassischen" Hähnchen, sagt Ulrike Schreiber, Leiterin der Tierhaltung vom Gut Wulksfelde. Hinzu kommt laut Schreiber, dass die Aufzucht viel Zeit und Geld kostet. Doch man möchte es nicht mehr verantworten, dass die Männchen nicht aufgezogen werden, so Schreiber.

Die Brüder brauchen Platz

Auf dem Gut in Tangstedt (Kreis Stormarn) leben derzeit etwa 3.000 Legehennen. Für jede wird ein Bruderhahn aufgezogen. Dem Gut selbst fehlt dafür der Platz, deshalb haben sie die Aufzucht der Tiere an einen Biolandwirt in Fischbek (Kreis Stormarn) abgegeben. Lorenz Ann hat sich darauf spezialisiert die Hähne aufzuziehen. Doch die Legerassen sind aufs Eierlegen ausgelegt und nicht auf die Mast. Deshalb sind die Masteigenschaften der Männchen schlecht, erklärt Ann. Sie benötigen ein Drittel mehr Futter. Mindestens 14 Wochen mästet er die Bruderhähne. Das ist in etwa viermal so lang, wie bei einem "klassischen" Masthähnchen. Und am Ende haben sie viel weniger Fleisch, sind aber teurer, erklärt er. Für ihn sei das Geschäft trotzdem lukrativ, er ziehe die Hähne ja auch nur auf. Um die 13 Euro bekommt er dafür, pro Hahn. Das Platzproblem vieler Höfe lasse sich sicherlich lösen, sagt er, doch wichtiger sei es, dass man die Hähnchen verkaufe. Und das sei derzeit das Schwierigste, denn die Nachfrage sei sehr gering.

Ein Bruderhahn pro Jahr

Im Hofladen in Wulksfelde kostet der tiefgekühlte Bruderhahn 18,90 Euro pro Kilogramm. Viele Hähne lässt der Hof nach der Schlachtung weiterverarbeiten, beispielsweise zu Frikassee oder Bolognese, erzählt Ulrike Schreiber. Dabei gebe es laut ihr eine ganz einfache Rechnung. Jeder, der regelmäßig Eier esse, müsste pro Jahr einen Bruderhahn kaufen, dann würde alles passen. Denn ein Schleswig-Holsteiner isst im Durchschnitt etwa 250 Eier pro Jahr als Ei oder verarbeitet in Keksen, Kuchen oder ähnlichem. Ein Huhn legt pro Jahr etwa die gleiche Menge Eier. Das hieße pro Eieresser, eine Legehenne und ein Bruderhahn. So würde sich die Aufzucht für das Tierwohl rechnen.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 15.07.2023 | 19:30 Uhr

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