Blick in die Behörden: So läuft eine Einbürgerung ab

Stand: 26.07.2024 14:53 Uhr

Wer sich in Deutschland einbürgern will, braucht Geduld. Das Verfahren dauert, auch wegen der Sicherheitsüberprüfungen. Die Wartelisten sind oft lang. Ein Besuch in der Einbürgerungsbehörde in Neumünster.

von Hauke von Hallern

Die Einbürgerung ist nun nach fünf statt acht Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich, zwei Pässe zu haben ist erlaubt: Nach einer Novelle des Staatsangehörigkeitsrechts der Bundesregierung haben die Einbürgerungsbehörden in Schleswig-Holstein mehr zu tun. In Neumünster leitet Mohammad Alabbadi die Behörde. Vor drei Jahren durchlief der gebürtige Jordanier selbst das Einbürgerungsverfahren. Seitdem ist der 35-Jährige Deutscher. Er zeigt NDR Schleswig-Holstein, wie seine Behörde arbeitet und wieso Verfahren so lange dauern - und welche Rolle die Sicherheitskontrollen dabei spielen.

Mehr als 90 Tagessätze Geldstrafe? Keine Chance auf Einbürgerung

Der erste Termin des Chefs der Einbürgerunsgbehörde ist am Morgen mit einer jungen Syrerin. Sie möchte anonym bleiben. Eine halbe Stunde dauert das Gespräch mit dem Amtsleiter. Danach steht fest: Die Frau hat schlechte Chancen auf eine Einbürgerung. Das liegt unter anderem daran, dass ihre Sprachkenntnisse nicht ausreichen.

Mohammad Alabbadi, Leiter Einbürgerungsbehörde Neumünster, blickt in die Kamera bei einem Interview. © NDR
Mohammad Alabbadi leitet die Einbürgerungsbehörde in Neumünster. Vor drei Jahren durchlief der gebürtige Jordanier selbst das Einbürgerungsverfahren.

Es gibt aber noch mehr Hürden: Das Team filtert Aspiranten ohne Aussicht schnell aus. Zum Beispiel Ausländer, die Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen verbüßt haben, oder rassistisch oder antisemitisch auffällig geworden sind. "Das führt zu einer Ablehnung. Am Ende ist es eine Win-Win-Situation für alle: Die sparen 255 Euro Kosten, wir sparen Zeit und können andere Leute auf der Warteliste bearbeiten."

Sicherheitsabfragen gehen an LKA, Verfassungsschutz und das Zentralregister

Und dabei kommt es nicht nur auf die Selbstauskunft an: "Wir schicken Sicherheitsfragen an das Landeskriminalamt, um zu sehen, ob gegen die Person Verfahren laufen. Weitere Sicherheitsabfragen schicken wir an den Verfassungsschutz und an das Bundeszentralregister", erklärt Alabbadi.

Wer schon einmal ein Führungszeugnis beim Arbeitgeber oder Sportverein einreichen musste, kennt das Bundeszentralregister. Dort sind Gerichtsurteile gegen Personen erfasst. Die Einbürgerungsbehörde erhält unbeschränkte Auskünfte - anders als Arbeitgeber. So wird verhindert, dass Kriminelle eingebürgert werden.

"Wir möchten gerne alles sehen. Bis alle Sicherheitsfragen beantwortet sind, vergehen schon mal bis zu zwei Monate Zeit." Mohammad Alabbadi, Chef der Einbürgerungsbehörde Neumünster

Großteil der Anträge in Neumünster erfolgreich

Geschätzt 60 Prozent der Aspiranten sind in Neumünster erfolgreich und werden eingebürgert. Offizielle landesweite Zahlen gibt es laut der Behörde nicht. Diejenigen, die keinen Erfolg haben, scheitern oft an den Sprachkenntnissen. "An den Sicherheitsfragen scheitern nur wenige, das sind Einzelfälle", so der Behördenleiter. Auch hier gibt es keine offiziellen Zahlen.

Auch die Pässe werden kontrolliert

Im Schnitt dauert das Einbürgerungsverfahren in Neumünster zehn Monate. Zeit koste es manchmal auch die Echtheit der Pässe zu kontrollieren. Bei Auffälligkeiten würden die Pässe an das Bundeskriminalamt geschickt und dort noch einmal genauer kontrolliert. "Wenn die Pässe gefälscht sind, dann passiert das meistens aus der Not heraus, nicht um die Identität zu verschleiern. In den Heimatländern dauert es manchmal sehr lange an Pässe zu kommen. Die Betroffenen wollen das oft nur beschleunigen", meint Alabbadi.

Behördenleiter profitiert von eigener Erfahrung

Vor neun Jahren kam Mohammad Alabbadi nach Deutschland. In Kiel beendete er sein Masterstudium und wollte danach bleiben. Er spricht Arabisch und kann sich seine Erfahrung zunutze machen, da er viele Einbürgerungsaspiranten auch emotional versteht.

"Die meisten kommen zu uns und haben relativ lange gewartet. Ich verstehe deren Frust, denn ich war selbst in dieser Situation." Mohammad Alabbadi, Chef der Einbürgerungsbehörde Neumünster

Viele hätten einfach Angst, dass sie am Ende nicht eingebürgert werden. "Das Warten macht sie fertig", so Alabbadi. Für ihn gehe es darum, seinen Klienten klar zu machen, dass das Warten nun vorbei ist: "Auch wenn sich das Verfahren hinzieht, weil zum Beispiel die Geburtsurkunde aus der Heimat fehlt: Das Verfahren läuft und die Wartezeit ist vorbei." Sobald die benötigten Unterlagen vorliegen gehe die Bearbeitung zügig weiter. Das beruhige viele Aspiranten und die Stimmung in den Gesprächen sei deshalb gut.

Wartenzeiten in anderen Städten länger

Im Nachbarbüro sitzt ein Iraker. Ein Mitarbeiter der Behörde kontrolliert ein Formular: "Sie haben einen Grund angegeben, warum sie deutscher Staatsbürger werden wollen. Sie arbeiten, haben Erwerbseinkünfte, sind nicht straffällig geworden, haben das Foto eingeklebt und unterschrieben, wunderbar." Im Fall des Irakers ist die Einbürgerung nur noch eine Formalie.

Der Einbürgerungskandidat berichtet von seinen Sorgen, als er noch auf der Warteliste stand: "Von Bekannten aus anderen Städten habe ich gehört, dass sie dort zwei oder sogar drei Jahre auf einen Termin in der Einbürgerungsbehörde warten müssen. Das ist hier in Neumünster zum Glück anders. Hier geht alles sehr schnell", sagt er. Ende Mai hatte er nach wenigen Monaten Wartezeit seinen ersten Termin.

Ausländer können bereits nach fünf Jahren einen Antrag stellen

Auch weil die Zeit, die Asprianten vor ihrer Einbürgerung in Deutschland verbracht haben müssen von acht auf fünf Jahre gesenkt wurde, erleben Einbürgerungsbehörden derzeit einen Ansturm. Behörden wie zum Beispiel im Kreis Herzogtum Lauenburg sind wegen zu wenig Personal oft überlastet. Das führt dazu, dass sich Ausländer auf die Warteliste setzen lassen, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, berichtet der Chef der Behörde in Neumünster. "Sie hoffen, dass sie es tun, wenn sie endlich dran sind. Hier in Neumünster ist das Personal deshalb aufgestockt worden, auf vier Mitarbeiter", erklärt Mohammad Alabbadi.

Der nächste Termin von Mohammad Alabbadi ist ein erfreulicher: Eine Ukrainerin wartet vor seinem Büro. Sie will ihre Einbürgerungsurkunde abholen. Danach kann sie den Deutschen Pass beantragen. Das komplizierte Einbürgerungsverfahren ist für sie damit abgeschlossen.

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 26.07.2024 | 19:30 Uhr

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