Beispiel Rellingen: Wie Kommunen gegen wegbrechende Einnahmen kämpfen
Die Gemeinde im Kreis Pinneberg war jahrelang schuldenfrei. Nun aber führt kein Weg an Steuerhöhungen und Krediten vorbei. Nur eines von vielen Beispielen: die Hundesteuer. Sie wurde um 50 Prozent angehoben.
Die Liste der Investitionen in Rellingen ist lang: 1,8 Millionen Euro für Tiefbaumaßnahmen am Leitungssystem der Gemeinde für die Trinkwasserversorgung. Für einen Schulneubau an der Caspar-Voght-Schule sind es acht Millionen. Der Gemeindeanteil für die Kitas liegt bei vier Millionen. Für die Feuerwehr 930.000 Euro. Am Ende stehen 53 Millionen, die Rellingen 2024 ausgeben wird, wie Bürgermeister Marc Trampe (parteilos) sagt. Sein Problem: Die Einnahmen fallen geringer aus.
Jedes Jahr neue Schulden
Trampe rechnet mit Einnahmen von etwa 50 Millionen Euro. Unterm Strich bleibt also ein Minus von drei Millionen. Die müsse man jetzt über Kredite finanzieren. Auch die Aussichten für die kommenden Jahre seien schlecht. Laut Trampe wird Rellingen vermutlich jedes Jahr weitere Schulden zwischen drei und fünf Millionen Euro machen müssen.
Das liegt vor allem an der Gewerbesteuer. Die macht etwa 40 Prozent des Gesamthaushaltes in Rellingen aus - und ist wegen der schwachen Konjunktur stark rückläufig. Trampe, seit 2016 in der Gemeinde Bürgermeister, kalkuliert allein für dieses Jahr mit etwa 4 Millionen Euro weniger an Gewerbesteuer-Einnahmen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, erhöht die Gemeinde nun die Steuern - nicht nur eine, sondern alle.
Für die Bürger in Rellingen wird es teurer
So wurden die Hebesätze für die Grundsteuer A (landwirtschaftliche Flächen) und die Grundsteuer B (Grundstücksbesitzer) angehoben. Auch die Hundesteuer steigt deutlich, und zwar von 50 auf 75 Euro. Für Unternehmen wird die Gewerbesteuer erhöht. Lange Zeit war das in Rellingen nicht nötig. "Es ging uns gut", sagt Trampe.
Neben den Steuererhöhungen möchte die Gemeinde auch mithilfe neuer Gewerbegebiete für mehr Einnahmen sorgen. Zwar koste es Geld, die Grundstücke anzukaufen und auszuweisen, doch am Ende entstünden Arbeitsplätze und die Gemeinde sei insgesamt breiter aufgestellt. Gewerbesteuer-Ausfälle in einer einzelnen Branche wären dann leichter aufzufangen.
"Die Spielräume werden enger für die Gemeinden", sagt Jörg Bülow, geschäftsführender Vorstand des schleswig-holsteinischen Gemeindetages. Zu den Gründen gehört auch der kommunale Finanzausgleich, durch den in diesem Jahr etwa 275 Millionen Euro weniger auf die Konten der Kommunen fließen. Auch die jüngsten Steuerschätzungen seien ernüchternd, so Bülow. Die Einnahmen für die Kommunen 2023 seien fast identisch zu 2022 - und das bei weiter steigenden Kosten für Städte und Gemeinden. Denn alle Kommunen kämpfen mit Energiekrise, Flüchtlingskrise, Baukrise oder Inflation. Es blieben also kaum andere Möglichkeiten, als Investitionen zu verschieben oder die Grund- und die Gewerbesteuer zu erhöhen, erklärt Bülow.
Alles kommt auf den Prüfstand
In Rellingen eröffnete kürzlich eine neue Bücherei. 1,2 Millionen Euro gab die Gemeinde dafür aus. Ob solche und andere Angebote für Kultur und Sport, Senioren oder Jugendliche in den kommenden Jahren weiter finanzierbar sein werden, ist offen. Rellingen will bis zum Sommer alle Posten des Haushaltes auf den Prüfstand stellen.