VIDEO: Bargteheide: Seit 17 Jahre schuldenfrei (4 Min)

Ohne Schulden - Das Geheimnis von Bargteheide

Stand: 01.03.2024 05:00 Uhr

Seit 17 Jahren hält die Stadt Bargteheide im Kreis Stormarn die schwarze Null. Das ist einmalig in Schleswig-Holstein. Das Geheimnis: Ein cleverer Kämmerer und ein gutes Händchen beim Verkauf von Grundstücken.

von Marlen Hildebrandt

Fragt man die Bürger von Bargteheide, dann merkt man schnell: Die allermeisten hier mögen ihre Stadt. Sie sind froh über die vielen Einkaufsmöglichkeiten, über die gut ausgestatteten Schulen und auch die ausreichenden Kita-Plätze. "Es gibt keine Wartelisten für Kita-Kinder", freut sich die parteilose Bürgermeisterin Gabriele Hettwer. Auch leistet sich die 16.000-Einwohner-Stadt ein Freibad, Jugendhäuser, ein kleines Theater und ein Museum.

Stadtkämmerer schaffte die Wende

Joachim Teschke, Kämmerer Bargteheide. © NDR
Er machte Bargteheide schuldenfrei: Stadtkämmerer Joachim Teschke.

Die Spurensuche nach dem Grund für die Schuldenfreiheit führt mehr als 20 Jahre zurück. Bürgermeister von Bargteheide war damals Werner Mitsch (parteilos). Die Stadt kämpfte mit einem für damalige Zeiten enormen Schuldenberg, der Höchststand: mehr als acht Millionen Euro. Allein an Zinsen zahlte die Stadt damals etwa eine Million Euro, erinnert sich Mitsch. Um das zu ändern, gönnte sich Bargteheide erstmals einen Kämmerer - Joachim Teschke. Er hatte zuvor Erfahrung als Haushaltssachbearbeiter in einer anderen Gemeinde gesammelt. Sein Ansatz: Nicht schön rechnen, sondern ehrlich. In vielen Städten und Gemeinden sei das oft nicht der Fall, sagt er.

Sparen bedeutet Einschnitte machen

Er startete damit, die Ausgaben zu senken und zugleich die Einnahmen mit Augenmaß zu erhöhen, das heißt Gebühren, Beiträge, Grund- und Gewerbesteuer. Bargteheide profitierte laut Teschke auch von einer gut laufenden Gewerbeansiedlung. Doch all das reichte nicht, um den Millionen-Schuldenberg abzubauen. Deshalb habe die Stadt zu Beginn ganz bewusst weitere Schulden gemacht und investierte in Projekte, die sich später rechnen sollten. So dämmte die Stadt ihre Gebäude und die Schulen bekamen Photovoltaik. Dadurch reduzierten sich die Betriebskosten massiv. Der sogenannte Break-Even-Point - also der Punkt, an dem Einnahmen und Ausgaben gleich hoch sind - wurde nach wenigen Jahren erreicht.

Die Sache mit dem Bauland

Kinderhände greifen in eine Holzbox mit Stiften. (Kita "Naturtalent" Ludwigslust, MV) © Picture Alliance Foto: Jens Büttner/ZB/dpa
In Bargteheide gibt es keine Warteliste für Kita-Plätze.

Doch den entscheidenden Schritt in die finanzielle Unabhängigkeit machte die Stadt mit ihren Baulandflächen. Sie verkaufte nicht, wie andere Kommunen, an große Investoren, sondern vermarktete ihre Flächen selbst. Damals war das ein Risiko - niemand war sich sicher, ob es funktioniert. Ein paar schlaflose Nächte habe er damals gehabt, räumt der ehemalige Bürgermeister Mitsch ein.

Damals wie heute zog es viele Familien nach Bargteheide. "Wir mussten die Nachfrage nach Bauland für uns nutzen, auch um weiter attraktiv zu bleiben", erklärt Mitsch. Der Vorteil: Die Stadt plante Folgekosten beim Verkauf der Grundstücke mit ein. So waren beispielsweise die Kosten für benötigte Kitas, die durch den Zuzug entstehen, sofort gedeckt. Die Kitas konnten gleichzeitig mit den Einfamilienhäusern entstehen. Zogen die Familien dann schließlich nach Bargteheide, hatten sie sofort auch einen Kitaplatz.

Seit 2007 schuldenfrei

Als im November 2007 die Schwarze Null erreicht war, wurde vieles leichter, sagt Kämmerer Teschke. Zinsen für die Kredite fielen weg. Es gelang Rücklagen zu bilden, worauf es wiederum Zinsen gab. Die Stadt konnte Geld in Vereine oder Verbände investieren. Doch noch schwieriger als die Schulden abzubauen, war es über die Jahre den ausgeglichenen Haushalt zu halten, meint Teschke. Allein während der Finanzkrise brach die Gewerbesteuer von 13 Millionen auf vier Millionen ein. Ein herber Schlag für die Einnahmen der Stadt. Doch genau diese Summe hatten sie als Rücklagen, um den Ausfall zu kompensieren - ein bisschen Glück gehörte eben auch dazu, meint Teschke.

"Teuerste Varianten sind nicht immer die besten"

Ob sie den Meilenstein von 20 Jahren Schuldenfreiheit schaffen, darauf will sich in Bargteheide niemand festlegen. Denn wie lange die Rücklagen reichen, sei noch nicht klar. Neue Ideen für eine bessere Haushaltsführung hat der Kämmerer jedenfalls schon. Er möchte bei der Finanzplanung umdenken: Ehe ein konkretes Budget festgelegt wird, sollen die tatsächlichen Kosten eines Projekts ermittelt werden. Bislang lief das laut Teschke umgekehrt. Er geht nämlich davon aus, dass die teuersten Varianten nicht immer auch die besten sind.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 01.03.2024 | 19:30 Uhr

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