Behörden-Chaos im Fall Brokstedt: Landtagsfraktionen wollen Aufklärung
Zur Sitzung des schleswig-holsteinischen Innen- und Rechtsausschusses am Mittwoch werden auch Vertreter aus Hamburg erwartet. Die Landtagsfraktionen hoffen auf eine gemeinsame Aufarbeitung. Außerdem fordern sie eine bessere Zusammenarbeit der Behörden.
Am Mittwoch befasst sich in Schleswig-Holstein erneut der Innen- und Rechtsausschuss des Landtages mit der tödlichen Messerattacke in einem Regionalzug bei Brokstedt (Kreis Steinburg). Die Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen erhoffen sich dabei weitere Aufklärung über den Informationsfluss zwischen verschiedenen Behörden. Wichtige Details, vor allem Zeiten und Inhalte der Kommunikation mit den Hamburger Behörden, fehlten noch, sagte der Ausschussvorsitzende Jan Kürschner (Grüne). Deshalb wollte er sich mit einer Bewertung zunächst zurückhalten.
Nach Absage: Staatsräte aus Hamburg kommen doch nach Kiel
Nachdem die Hamburger Justizbehörde die Einladung aus Schleswig-Holstein zunächst mit der Begründung abgelehnt hatte, man wolle erst dem eigenen Parlament Rede und Antwort stehen, bestätigte das Ausschussbüro am Dienstag, dass der Justiz-Staatsrat Holger Schatz an der Sitzung teilnehmen wird. Zudem wird Thomas Schuster, Staatsrat der Hamburger Innenbehörde, zum Innen- und Rechtsausschuss erwartet.
SPD: Klarheit über Haftentlassung schaffen
Noch stünden in der Kontroverse zwischen Kiel und Hamburg verschiedene Aussagen im Raum, sagte der innenpolitischen Sprecher der SPD, Niclas Dürbrook. Vor allem die Abläufe rund um die Haftentlassung des späteren mutmaßlichen Täters seien noch unklar. "Ich hoffe, dass wir da ein Stück weiterkommen", sagte Dürbrook am Dienstag.
CDU: Hoffen auf Antworten aus Hamburg
Noch sei es schwierig, zu beurteilen, wer die Fehler gemacht habe, sagte CDU-Innenpolitiker Tim Brockmann. Es sei noch vieles offen. Er hofft auf Antworten auf Hamburg. Im Sinne einer "guten norddeutschen Zusammenarbeit" halte er es für wichtig, dass die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina nach Schleswig-Holstein komme. Er betonte, dass es nicht um Schuldzuweisung, sondern um Aufklärung gehe.
FDP: Buchholz erwartet Aufklärung
Diese erwartet auch der innenpolitische Sprecher der FDP, Bernd Buchholz. "Wir hören permanent, dass alle alles richtig gemacht haben, aber die Informationen dann doch nicht so vorlagen, dass mit ihnen gearbeitet wurde", sagte er. Es sei zwingend eine bessere Zusammenarbeit der Behörden erforderlich.
Bundesjustizminister fordert bessere Behörden-Zusammenarbeit
Zuvor hatte bereits Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) eine engere Zusammenarbeit von Strafverfolgungs- und Ausländerbehörden gefordert.
Abschiebungen und dafür notwendige Anhörungen dürfen nicht daran scheitern, dass Ausländerbehörden nicht über den Aufenthaltsort der betreffenden Person informiert seien. Buschmann schlug deshalb vor, dass die zuständigen Ausländerbehörden künftig nicht nur über den Erlass und die Aufhebung eines Haftbefehls informiert werden, sondern auch über die tatsächliche Inhaftierung oder Haftentlassung - mit Angabe der Anschrift der Haftanstalt und der Anschrift des Entlassenen. Dazu soll eine entsprechende Verwaltungsvorschrift, nämlich die sogenannte Anordnung über Mitteilung in Strafsachen geändert werden. So sollen künftig Fälle wie der in Brokstedt verhindert werden.
CDU: Umgang mit Informationen überdenken
CDU-Innenpolitiker Brockmann befürwortete die Vorschläge. Viel zu lange sei aufgrund von Datenschutzvorgaben von solchen Maßnahmen abgesehen worden. Der Umgang mit Informationen müsse überdacht werden. Vorfälle wie die Amri-Vergleiche von Ibrahim A. müssten an alle zuständigen Stellen weitergeben werden. "Ein einfaches Zur-Kenntnis-nehmen darf es nicht mehr geben", so Brockmann.
SPD und Grüne: Rechtliche Regelungen allein nicht die Lösung
Der SPD-Abgeordnete Dürbrook nannte die Vorschläge des Bundesjustizministers ebenfalls vernünftig. Mit rechtlichen Regelungen allein sei es aber nicht getan. "Man muss sich die Arbeitsabläufe in den Behörden anschauen und klären: Wie konnte es passieren, dass trotz bestehender Regelungen aneinander vorbei kommuniziert wurde."
Ausschussvorsitzender Kürschner sagte, der Ansatz zur Verbesserung des Informationsflusses sei grundsätzlich richtig. Es gebe aber auch jetzt schon entsprechende Vorschriften. Auch in Bezug auf die Hürden für Abschiebungen geht es aus seiner Sicht vor allem darum, die bestehenden Regelungen einzuhalten. Die Hürden noch weiter abzusenken sei nicht der richtige Weg, so Kürschner.