Mutmaßlicher Messerangreifer von Brokstedt verglich sich mit Amri
Nach dem Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt (Kreis Steinburg) werden weitere Details über den Verdächtigen bekannt: Ibrahim A. soll sich mit dem Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri verglichen haben.
Am Sonntag meldete die Deutsche Presse-Agentur, dass Ibrahim A. im Hamburger Gefängnis aggressiv gewesen sein soll. Er soll auch Bedienstete beschimpft haben. Wenige Monate vor seiner Entlassung aus dem Hamburger Gefängnis soll er sich mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen haben. "Es gibt nicht nur einen Anis Amri, es gibt mehrere, ich bin auch einer", habe er zu Bediensteten gesagt. Das teilte die Justizbehörde auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag mit.
Die Äußerung vom August 2022 sei in einem sogenannten Wahrnehmungsbogen in der Gefangenenpersonalakte festgehalten worden. Zudem gehe daraus hervor, dass Ibrahim A. am 6. August 2022 bei der Vorbereitung für die Freistunde auf dem Hof nach Wahrnehmung eines Bediensteten "vor sich hinstammelte": "Großes Auto, Berlin, das ist die Wahrheit". Gegenüber einem weiteren Bediensteten äußerte er den Angaben zufolge auf dem Weg zum Hof zwei Mal, ob dieser auch "unter die Reifen" wolle. Ibrahim A. fiel nach Angabe der Behörde während seiner Untersuchungshaft wiederholt als verbal aggressiv und unangemessen auf. Er versuchte demnach auch, seinen Forderungen mit Beschimpfungen Nachdruck zu verleihen. Abgesehen vom Vorfall vom 6. August 2022 seien jedoch keinerlei Äußerungen dokumentiert, die einen extremistischen Bezug nahelegen könnten. Auch sein übriges Vollzugsverhalten sei insoweit unauffällig gewesen, hieß es.
Automatisierte Abfrage bei den Sicherheitsbehörden
Um extremistische Gefangene zu identifizieren sind im Hamburger Justizvollzug nach Angaben der Behörde verschiedene Maßnahmen etabliert. Bei Aufnahme erfolgt demnach eine automatisierte Abfrage bei den Sicherheitsbehörden, ob Erkenntnisse zu einem extremistischen Hintergrund vorhanden sind. "Derartige Erkenntnisse lagen hier nicht vor", teilte die Behörde mit. Darüber hinaus würden Gefangene besonders erfasst, bei denen ein Hinweis auf eine einschlägige Straftat besteht, etwa ein Staatsschutzdelikt. Eine solche Straftat sei hier auch nicht gegeben gewesen.
Schließlich werde von den Bediensteten beobachtet, ob es Hinweise auf eine extremistische Haltung oder eine Radikalisierung gibt. Entsprechende Hinweise stellte die Anstalt in der Gesamtschau des Vollzugsverhaltens nicht fest, wie es von der Behörde weiter hieß. Unmittelbar nach der Tat vom 25. Januar erfolgte den Angaben zufolge eine Kontaktaufnahme mit dem Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz, das bestätigte, dass Ibrahim A. nicht als extremistisch bekannt ist. Die Hamburger Justizbehörde hat nach eigenen Angaben der Staatsanwaltschaft Itzehoe am 3. Februar eine Kopie der Gefangenenpersonalakte übergeben.
Mutmaßlicher Täter sitzt in Untersuchungshaft
Der mutmaßliche Täter, ein 33 Jahre alter Palästinenser, sitzt wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen in Untersuchungshaft. Bei dem Messerangriff in einem Regionalzug von Kiel in Richtung Hamburg am 25. Januar waren fünf weitere Menschen verletzt worden, drei davon lebensgefährlich.
Verantwortlichkeit zwischen Hamburg und Kiel weiter ungeklärt
Die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg sind sich seit Tagen uneinig über die Verantwortung und versäumte Weitergaben von Informationen: Der mutmaßliche Messerangreifer Ibrahim A. saß zuvor wegen einer anderen Tat in Hamburg in Untersuchungshaft. Zuletzt hatte es Vorwürfe aus Kiel gegeben, wichtige Informationen zur Haft des Mannes in Hamburg seien nicht übermittelt worden. Hätte die Ausländerbehörde in Kiel von der Haft des mutmaßlichen Täters gewusst, hätte schon vor dessen Entlassung über seinen Aufenthaltsstatus entschieden werden können. Der Hamburger Senat weist diese Vorwürfe zurück.
Angehörige und Helfer gedenken Opfern der Messerattacke von Brokstedt
Zum Gedenken an die Opfer der Messerattacke in Brokstedt gab es am Sonntagnachmittag einen ökumenischen Gedenkgottesdienst in Neumünster. Etwa 300 Menschen waren gekommen, darunter Angehörige der Opfer, Rettungskräfte und viel politische Prominenz. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) waren vor Ort.