AfD-Treffen in Neumünster: Breites Bündnis organisiert Proteste
Die AfD Schleswig-Holstein veranstaltet heute ein Vernetzungstreffen in Neumünster. Behörden rechnen mit der Teilnahme rechtsextremer Organisationen in den Räumen eines griechischen Lokals in Neumünster-Einfeld.
Den Veranstaltungsort hatte die Partei bis zuletzt geheim halten wollen, um großen Protesten aus dem Weg zu gehen. Doch bereits Freitagnachmittag verbreiteten sich unter anderem auf der Plattform X Aufrufe zu Demonstrationen zusammen mit dem genauen Veranstatungsort - einem griechischen Restaurant in Neumünster-Einfeld. Am Sonnabendmittag waren nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein rund 140 Demonstrierende vor Ort. Unter anderem ein Bündnis aus CDU, SPD, Grünen, SSW und Volt hatte dazu aufgerufen.
Innenministerium: Mehrere Teilnehmer sind gesichert rechtssxtremistisch
Auf einem Flyer hatte die AfD die Veranstaltung mit einem "ganzen Samstag mit Vortrag und Ausstellern" beworben. Die Partei nennt das den "Tag des Vorfelds". Das Innenministerium in Kiel hingegen wird in seiner Bewertung der Veranstaltung weitaus deutlicher: Zu den Teilnehmern gehören mehrere Organisationen, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch bewertet werden, teilte das Ministerium in Kiel auf Anfrage mit.
Auf dem ursprünglich in Umlauf gebrachten Veranstaltungsflyer ist auch das Logo des rechtsextremen "Compact"-Magazins zu sehen, das am Dienstag vom Bundesinnenministerium verboten wurde. Das Magazin werde nach dem Verbot nicht teilnehmen, die Veranstaltung aber wie geplant stattfinden, teilte AfD-Landeschef Kurt Kleinschmidt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit.
Verleger aus dem Kreis Plön dabei
Auf dem Veranstaltungsflyer wird neben "Compact" auch mit dem "Zuerst"-Magazin geworben, hinter dem der seit Jahrzehnten als rechter Verleger aktive Dietmar Munier aus Martensrade im Kreis Plönsteht. Aufgeführt werden auch eine Publikation sowie eine Online-Plattform mit Sitz in Österreich. Auch das Logo von "Einprozent" ist auf dem Flyer zu sehen: Der Verein wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz seit 2023 als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft.
In einem mittlerweile gelöschten Facebook-Eintrag vom 16. Juni nannte die AfD Schleswig-Holstein "patriotische Radiosender, mutige Fernsehprogramme, unabhängige Medienschaffende" als Bestandteile ihres Vorfeldes. Unter Vorfeldorganisationen werden Gruppen verstanden, die Parteien nahestehen und mit diesen kooperieren. Am Montagmorgen war der Beitrag noch abrufbar.
Rechtsextremismus-Experten: Geeint durch völkische Ideologie
Für die "Regionalen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein" ist der Charakter der Veranstaltung eindeutig: "Das Treffen dient der Vernetzung verschiedener Gruppen und Strömungen innerhalb der Neuen Rechten, die durch völkische Ideologie geeint sind", heißt es auf Anfrage des NDR.
Auf dem Flyer wird auch mit Matthias Helferich geworben. In Nordrhein-Westfalen sitzt er dem AfD-Landesvorstand bei, sein Bundestagsmandat übt er ohne Fraktionszugehörigkeit aus. Er hatte sich in Chats als "das freundliche Gesicht des NS bezeichnet", was er später relativierte. Dennoch läuft gegen ihn ein Parteiausschlussverfahren. Die AfD Schleswig-Holstein teilte dazu mit: "Der Ausschluss von Herrn Helferich ist eine Entscheidung der Bundestagsfraktion. Als Abgeordneter und Mitglied unserer AfD ist er ein gern gesehener Gast bei unserer Veranstaltung." Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein soll Helferich am späten Nachmittag einen Vortrag auf der Veranstaltung halten.
AfD kündigt "offenen Austausch" mit "freien Medien" an
Als Ziel der Veranstaltung nennt die AfD auf Anfrage den "offenen Austausch zwischen politisch interessierten Bürgern, unserer Partei und unserem politischen Vorfeld, zu dem unter anderem Vertreter der freien Medien, des Mittelstands und der Landwirtschaft zählen." In dem gelöschten Facebook-Post war die Partei konkreter geworden: "Ziele sind der Abbau von Vorurteilen gegenüber dem Vorfeld, Vernetzungsarbeit untereinander und ein besseres Verständnis für die Rolle unserer Partei im Mosaik der patriotischen Bewegungen in unserem Land."
Die Beratungsteams gegen Rechtsextremismus erkennen bei der Partei einen Strategiewechsel: "Die AfD Schleswig-Holstein positioniert sich damit klar im rechtsextremen Spektrum und gibt sich keine Mühe mehr, den Schein der Bürgerlichkeit zu wahren."
Innenministerium beobachtet Entwicklung
Das Innenministerium kündigt an, die Entwicklungen rund um den "Tag des Vorfelds" zu verfolgen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor dem Veranstaltungsort im Einsatz. "Beim Feststellen strafbarer rechtsextremistischer Äußerungen werden die Strafverfolgungsbehörden ihrem gesetzlichen Auftrag selbstverständlich nachkommen und entsprechende Maßnahmen ergreifen", kündigt das Ministerium an.
Anmeldungen werden geprüft - und im Zweifel abgelehnt
Nach Informationen von NDR Schleswig-Holstein sollten angemeldete Teilnehmer 48 Stunden vorher über den Ort informiert werden. Wer teilnehmen darf, wird kontrolliert: Anmeldungen werden geprüft und teilweise abgelehnt. In den Absagen per E-Mail begründet die AfD dieses Prozedere mit "Anmeldungsinfiltrationen durch Akteure des linksextremen Milieus in der Vergangenheit." Unterschrieben sind die Mails von Kevin Dorow, Beisitzer im AfD-Landesvorstand. Die AfD rechnete eigenen Angaben zufolge mit 150 bis 200 Teilnehmern.