Bunnen gegen Rechtsruck: "Wir sind garantiert kein Nazi-Dorf"
Die Demo in Bunnen war lange geplant und deshalb keine Reaktion auf die rassistischen Gesänge auf dem Schützenfest. Dennoch erstaunt einige der Umgang mit genau diesem Thema auf der Veranstaltung.
"Unsere Dörfer sind bunt": Unter diesem Motto sind am Sonntag rund 300 Menschen in Bunnen in der Gemeinde Löningen im Landkreis Cloppenburg zusammen gekommen - gegen Rechtsextremismus und für eine bunte Gesellschaft. Der Zeitpunkt der schon lange geplanten Demo hätte kaum passender sein können: Macht doch seit mehr als einer Woche ein Video vom örtlichen Schützenfest Schlagzeilen. Mehrere Personen singen rassistische Parolen zur Melodie des Liedes "L’amour toujours" von Gigi D’Agostino.
Präsident des Schützenvereins sagt nichts zu Parolen
Der Staatsschutz ermittelt. Die betroffenen Mitglieder des Schützenvereins haben diesen inzwischen verlassen. Doch am Rednerpult der Demo wird dieses Ereignis kaum erwähnt. Gregor Meyer, Präsident des Schützenvereins, zum Beispiel spricht über Wachsamkeit und Zivilcourage, die er im Moment in der Gesellschaft am meisten vermisse. Ein Bezug zum Schützenfest in Bunnen fehlt.
Farbige Studentin kritisiert Schützenverein
Bis Marième Diène ans Mikrofon tritt. Die 23-Jährige ist in Bunnen geboren. Ihre Mutter ist hellhäutig, ihr Vater dunkelhäutig, er kommt aus dem Senegal. Die Familie lebt seit 30 Jahren in Bunnen. Erst vor einer guten Woche ist die Studentin gebeten worden, auf der Demo zu sprechen. Sie hat lange überlegt, ob sie kommen soll. "Fünf Minuten vorher kann man noch zurücktreten", sagte sie vor der Demo. Aber dann nimmt sie all ihren Mut zusammen und spricht zu den Menschen auf dem Dorfplatz: "Es macht mich sehr traurig, dass über ein bestimmtes Ereignis nicht gesprochen werden darf, obwohl es metaphorisch wie eine Bombe in unser Dorf eingeschlagen ist." Ein Teil des Publikums applaudiert laut.
"Wir sind garantiert kein Nazi-Dorf"
Das Organisationsteam wollte das Thema nach eigenen Angaben bei der Demo ausklammern. Zu viel sei in den letzten Tagen bereits über den Vorfall und das Dorf berichtet worden. "Wie in der Demokratie üblich, muss auch irgendwann gut gewesen sein", sagte Demo-Anmelder Helmut Hüdepohl. Es wäre überflüssig gewesen, nochmal darauf hinzuweisen. "Wir sind garantiert kein Nazi-Dorf oder was sonst geschrieben ist. Das tut uns weh", betonte er. Zudem habe die Veranstaltung einen anderen Anlass gehabt: Sie sollte die großen Demos gegen Rechtsextremismus vom Anfang des Jahres in vielen deutschen Städten fortführen.
Rassistische Erfahrungen in Bunnen
Marième Diène nutzt die Redezeit, um über ihre Erfahrungen mit Rassismus zu sprechen. Wie ihre Mutter beim Kinderarzt mit der kleinen Marième im Arm gefragt wird, aus welchem Land sie denn dieses Baby habe. Oder ihr fremde Leute beim Einkaufen mit ihrer Mutter ungefragt in die Haare fassen. Oder aber ihrer kleinen Schwester gesagt wird, sie solle sich waschen und dass sie eine "braune Kackwurst" sei.
Studentin: "Hört betroffenen Menschen zu"
"Ja, es gibt auch Rassismus bei uns in Bunnen", sagt Marième. "Und es ist anders, als eine farbige Person in diesem Dorf zu wohnen." Sie würde gerne ohne Angst über die Vorfälle auf dem Schützenfest sprechen. Zum Schluss ihr Appell: "Hört betroffenen Menschen zu! Helft dabei. Und schaut bei Rassismus nicht weg!" Diesmal klatschen alle auf dem kleinen Dorfplatz in Bunnen laut und lange.