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"L'Amour Toujours": Fast 30 Fälle in Niedersachsen polizeibekannt

Stand: 10.06.2024 09:47 Uhr

Seit dem Eklat auf Sylt sind auch in Niedersachsen viele Fälle von rassistischen Parolen zur Melodie des Partyhits "L'Amour Toujours" bekannt geworden. Das LKA nennt auf NDR Anfrage konkrete Zahlen.

Bis Ende Mai seien landesweit 28 Fälle polizeilich bekannt geworden, in denen der Liedtext von "L'Amour Toujours" ausländerfeindlich umgedichtet wurde, teilte eine Sprecherin des LKA Niedersachsen auf NDR Anfrage mit (Stand: 28. Mai 2024). Insbesondere im Mai seien die Fallzahlen steil nach oben geschossen: Allein in diesem Monat seien etwa die Hälfte der 28 Fälle von der Polizei erfasst worden. Die Zahl könne noch höher ausfallen, so die Sprecherin, etwa durch nachträgliche Veröffentlichungen von Video- oder Audioaufnahmen in sozialen Netzwerken. Das Phänomen werde gerade durch die sozialen Netzwerke immer bekannter, so die LKA-Sprecherin.

Karte: Polizeilich erfasste Vorfälle von rassistischen Parolen zu "L'Amour Toujours" in Niedersachsen, sortiert nach Polizeiinspektionen

Rassistische Parolen zu "L'Amour Toujours" seit November

Erstmalig aufgetreten seien ausländerfeindliche Umdichtungen des Originaltextes des Liedes von Gigi D'Agostino im November 2023, so die Sprecherin. Das LKA hat die Zahlen auf Basis von Meldungen und Verlaufsberichten der Polizeibehörden ermittelt. Eine automatisierte Auswertung war laut Sprecherin nicht möglich, da der "Abgesang bzw. das Gegröle volksverhetzender Lieder" nicht im sogenannten Tatkatalog einer bundesweiten Richtlinie zur Meldung von politisch motivierter Kriminalität aufgeführt ist. Die Daten seien daher entsprechend dynamisch, betonte die Sprecherin am Donnerstag.

Behrens: Verbreitung "widerlichen Gedankengutes" kein Partyspaß

In Niedersachsen ermittelt mittlerweile in mehreren Fällen der Staatsschutz. Innenministerin Daniela Behrens hatte sich Ende Mai für Konsequenzen ausgesprochen. Es sei wichtig, die Täterinnen und Täter nicht nur zu identifizieren, sondern sie auch zu bestrafen, sagte die SPD-Politikerin. Die Verbreitung dieses "widerlichen Gedankengutes" sei kein harmloser Partyspaß. "Wir nehmen diese Entwicklung nicht länger hin und lassen die Gegner unserer Demokratie und unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht einfach gewähren." Behrens zeigte sich dabei bestürzt über die rassistischen Parolen, die zu einem harmlosen Lied gesungen werden, "ohne dass in der unmittelbaren Umgebung jemand einschreitet und diesem Treiben ein Ende setzt".

"Kein Platz für Rassismus" steht auf einem Plakat bei einer Demonstration gegen Rechtsextremismus auf dem Jungfernstieg. © Jonas Walzberg/dpa
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Ausländerfeindliche Gesänge vor einer Schule

In den vergangenen Wochen waren mehrere Vorfälle bekannt geworden, die dem Vorfall auf Sylt ähneln und von denen teilweise auch Videos öffentlich geworden sind. Ende Mai waren ausländerfeindlichen Gesänge vor einer Schule in Otterndorf (Landkreis Cuxhaven) zu hören. Schülerinnen und Schüler einer Otterndorfer Schulklasse hatten den Vorfall der Polizei gemeldet. Die Einsatzkräfte trafen vor dem Ottendorfer Schulzentrum demnach auf etwa zehn Jugendliche im Alter von 15 bis 19 Jahren. Ein 16-Jähriger habe zugegeben, die Textzeilen gesungen zu haben. Andere hätten eine Beteiligung "zumindest teilweise" abgestritten und seien als Zeugen vermerkt worden. Die Polizei habe Strafverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet und schon vor Ort eindringliche Gespräche mit allen Beteiligten geführt, teilten die Beamten mit.

Kreisrat: "Der Vorfall macht mich traurig und wütend"

"Der Vorfall macht mich traurig und wütend. Ich schäme mich dafür, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen. Wir werden das nicht hinnehmen", sagte Friedhelm Ottens (SPD), Erster Kreisrat des Landkreises Cuxhaven. Schule, Landkreis und andere Beteiligte verständigten sich nach dem Vorfall auf Maßnahmen. Intern einigten sich die Schulleiter auf ein konsequentes Vorgehen gegen die drei an der Tat beteiligten Schüler. Darüber hinaus sollen die sozialen Medien und eine Veranstaltung in Otterndorf für ein klares Bekenntnis zu Vielfalt genutzt werden. Zusätzlich sollen alle Schulen einen Leitfaden für den Umgang mit solchen Fällen erhalten. Dieser werde vom Schulamt und der Polizei erarbeitet.

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Rassistisches Gegröle auf Schützenfesten

Mehrere Personen hatten zudem am Pfingstmontag auf dem Schützenfest in Löningen (Landkreis Cloppenburg) rassistische Parolen zur Melodie des Liedes "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino gerufen. Der Staatsschutz ermittelt auch nach ähnlichen Vorfällen auf dem Schützenfest in Altendorf (Landkreis Gifhorn). Im Zuge der Ermittlungen sei ein weiterer Vorfall bekannt geworden, sagte ein Sprecher dem NDR Niedersachsen. Der Verein hat angekündigt, seine Satzung zu ändern. Außerdem soll es eine schwarze Liste geben mit Liedern, die auf keinen Fall gespielt werden dürften. Beim Schützenfest in Leiferde (Landkreis Gifhorn) Ende April sollen Besucher zu dem Song den rassistischen Text gesungen haben. Weil sich niemand aktiv an die Polizei gewandt hatte, haben die Ermittler von dem Vorfall über einen Zeitungsbericht erfahren. Die Polizei Braunschweig untersucht, ob es Zusammenhänge zwischen einem Schützenfest im Stadtteil Melverode und einem Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft in der Nähe gibt.

Ermittlungen in Emden, Nordenham und Bremen

Auch in Ostfriesland ermittelt der Staatsschutz der Polizei wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Bei einer Feier in Emden sollen Partygäste Ende Mai ebenfalls rassistische Parolen zu dem Lied "L’Amour Toujours" gesungen haben. Davon liege eine Tonaufnahme vor, wie eine Polizeisprecherin sagte. Zuvor hatte die "Ostfriesen-Zeitung" berichtet. In Nordenham (Landkreis Wesermarsch) haben Zeuginnen und Zeugen die Polizei am vergangenen Freitag auf rassistische Gesänge in der Nähe eines Campingplatzes aufmerksam gemacht. Laut Polizei wird gegen die drei Frauen und sechs Männer im Alter von 26 bis 66 Jahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Auf einer Gartenparty in Bremen-Huchting hatte ein 49-Jähriger am Samstag ebenfalls rassistische Parolen gerufen, wie die Polizei mitteilte.Gegen ihn laufen nun ebenfalls Ermittlungen.

Erster bekannter Vorfall in Messingen

Mehrere Monate zurück liegt ein Vorfall in Messingen (Landkreis Emsland). Dort sollen an Weihnachten Gäste auf einer öffentlichen Feier in einer Gaststätte ebenfalls ausländerfeindliche Parolen gesungen haben. Die Polizei hat mittlerweile durch Zeugenhinweise eine männliche Person ermitteln können. Die Akten des Falls sind auf dem Weg zur Staatsanwaltschaft Osnabrück, hieß es.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Oldenburg | 10.06.2024 | 09:30 Uhr

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