iRobot Factory: Wie Schüler spielerisch programmieren lernen

Stand: 02.04.2024 07:59 Uhr

Gamification ist in Schulen immer häufiger Thema. Mit der iRobot Factory kommt ein Programm direkt aus Hannover. Damit sollen Schülerinnen und Schüler spielerisch lernen, Roboter zu programmieren.

von Mandy Sarti

Für viele Kinder gehören Tablet, Smartphone und Laptop zum Alltag. Laut der KIM-Studie (Kindheit, Internet, Medien) spielen 60 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren regelmäßig Online-Games. Und genau da setzen immer häufiger Lernprogramme an. Mit Gamification, also das spielerische Gestalten von eher trockenen oder ernsthaften Aufgaben, sollen die Kinder und Jugendlichen dort abgeholt werden, wo sie sich in ihrer Freizeit ohnehin tummeln. Das soll sie zum Lernen motivieren.

Software soll Schülerinnen und Schüler fürs Programmieren begeistern

Dort setzt die iRobot Factory an, mit der auch die Schülerinnen und Schüler der Realschule Wedemark arbeiten. Ihre Aufgabe in dieser Technikstunde: Einen digitalen Roboter auf dem Bildschirm so zusammenzubauen und zu programmieren, dass er auf einer grünen Linie fahren kann, ohne von der Fläche abzustürzen. Erst dann ist das Level geschafft. "Man muss nicht so viel labern, sondern kann einfach ausprobieren", sagt Svea. Die Achtklässlerin spielt in ihrer Freizeit gerne Strategiespiele und findet Programmieren eigentlich spannend - "aber bisher habe ich nichts verstanden". Mit der iRobot Factory sei das einfacher.

Schülerinnen sitzen um einen Tisch mit iPads in den Händen in einem Klassenraum der KSG Bad Bevensen in der Hand. © NDR Foto: Marlene Kukral
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Roboter lässt sich beliebig oft zusammenbauen

Zwei Schülerinnen gucken auf den Bildschirm der iRobot Factory © Screenshot NDR
Svea und ihre Mitschülerin Ninke bauen einen Roboter zusammen.

Doch es braucht Fingerspitzengefühl. Die Sensoren müssen so verbunden werden, dass das Roboter-Fahrzeug auch genau weiß, dass es auf der grünen Linie bleiben muss. Bei Svea und ihrer Sitznachbarin gelingt das nicht auf Anhieb - der Roboter stürzt ab. Aber das ist kein Problem: Denn das Fahrzeug lässt sich beliebig verändern. Und das, ohne die Sensoren abzunutzen und zu verbrauchen.

Künstlerinnen tauschen Pinsel gegen Maus

Genau das ist die Idee hinter der iRobot Factory: Robotik so einfach und kostengünstig zu machen, dass sie an allen Schulen angeboten werden kann. Die Idee stammt von drei Frauen. Sabine Oppermann, Malay Keophilavanh und Claudia Gouri sind eigentlich Künstlerinnen. Bei ihrer Arbeit mit jungen Menschen haben sie aber schon vor zehn Jahren gemerkt: An den Schulen in Niedersachsen hakt es bei Thema Robotik. Kurzerhand haben sie deshalb Pinsel gegen Maus getauscht, junge Programmiererinnen und Programmierer eingestellt und die Firma "Einfach Genial" gegründet.

Robotik für alle Schulformen

Sabine Oppermann und Malay Keophilavanh von der FIrma "Einfach Genial" schauen sich einen 3D-Druck an. © NDR
Sabine Oppermann und Malay Keophilavanh wollen spielerisch an Digitales heranführen.

"Wir haben gemerkt, dass etwas fehlt", sagt Malay Keophilavanh. "Und dass die Kinder nicht richtig in die Zukunft geführt werden. Andere Länder sind schon viel weiter." Nicht nur angesichts des Fachkräftemangels ist das ein Problem. Mit Gamification wollen sie den jungen Menschen komplexe Themen wie Programmieren leicht verständlich näherbringen. Und obendrein den Zugang für alle Kinder ermöglichen - ganz gleich, ob sie aufs Gymnasium, eine Gesamt- oder Förderschule gehen. Denn das Programm ist kostenlos. Gerade arbeiten sie außerdem an einem 3D-Druck. Der soll den virtuellen Roboter für die Schülerinnen und Schüler auch greifbar machen. "Es ist wichtig, mit allen Sinnen zu lernen", sagt Sabine Oppermann. "Für das eine Kind ist das Digitale besser, für das andere das Analoge."

Schüler programmiert Software jetzt selbst

Für den 17-jährigen Henrik war die iRobot Factory genau das, was er brauchte. Programmieren ist nämlich sein Hobby. Er hat alle Level in seiner Freizeit durchgespielt und darf das Programm jetzt sogar mit optimieren. Denn der Schüler sitzt bei "Einfach Genial" zwischen jungen Programmiererinnen und Programmierern am Schreibtisch. "Hier hole ich das nach, was ich in der Schule nicht bekomme." Und dabei ist er ziemlich stolz darauf, dass er das Programm mitgestaltet, mit dem auch seine Mitschülerinnen und Mitschüler arbeiten.

Brücke in die künftige Arbeitswelt?

Auch das Kultusministerium sieht einen Vorteil in einer solchen Spielsoftware. Es fördere nicht nur das Interesse an Robotik, "sondern bereitet Kinder auch darauf vor, mit den Unsicherheiten der zukünftigen Arbeitswelt umzugehen", sagte ein Sprecher. Es sei wichtig, dass Kinder lernen, Probleme schnell und kreativ zu lösen. Das Niedersächsische Landesamt für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) ist auch auf das Angebot aufmerksam geworden und bietet gemeinsam mit den Firmengründerinnen Workshops für Lehrkräfte an.

"Es fehlen Fachkräfte, Hardware und Software"

Die Geschäftsführerinnen erhoffen sich davon, dass mehr Lehrkräfte Interesse bekommen, sich auf Informatik als Schulfach zu spezialisieren. Aus Sicht von Malay Keophilavanh besteht da an den Schulen in Niedersachsen noch ein deutlicher Mangel: "Es fehlen Fachkräfte, Hardware und Software." Seit diesem Schuljahr ist Informatik in Niedersachsen ab der zehnten Klasse verpflichtend. Bisher gibt es laut Kultusministerium 560 Informatik-Lehrkräfte - insgesamt sind an den Schulen 71.393 Lehrkräfte beschäftigt. Gerade in ländlichen Gebieten ist das Personal besonders knapp. Malay Keophilavanh versteht ihr Engagement deshalb auch als Zeichen, das Bildungssystem auf die Probleme von morgen vorzubereiten.

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Hallo Niedersachsen | 30.04.2024 | 19:30 Uhr

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