Waffen und Erpressung: Mehr Gewalt an Schulen in Niedersachsen
Die Gewalt an Schulen in Niedersachsen nimmt zu. 2023 seien deutlich mehr Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte Opfer einer Straftat geworden als im Vorjahr, teilte das Landeskriminalamt mit.
Demnach waren im vergangenen Jahr insgesamt 3.270 Personen von Gewalttaten im Schulkontext betroffen, darunter etwa 1.110 Schülerinnen und Schüler sowie 150 Lehrkräfte. Um wen es sich bei den übrigen Opfern handelte, wurde nicht erfasst. Nach Angaben des Landeskriminalamts Niedersachsen (LKA) gab es allein etwa 2.680 Fälle sogenannter Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Dazu zählen zum Beispiel Bedrohung, räuberische Erpressung, Körperverletzung und Raub. Verglichen mit dem Jahr 2022 waren das im vergangenen Jahr etwa 520 Fälle mehr - das ist ein Anstieg um knapp ein Viertel.
Gewaltbereitschaft an Schulen steigt
Lehrkräfte nehmen eigenen Angaben zufolge eine wachsende Gewaltbereitschaft wahr. "Wir haben bemerkt, dass mehr Waffen zur Schule mitgenommen werden als früher", sagte Sven Winkler, Schulleiter einer Oldenburger Oberschule und Vorsitzender des Allgemeinen Schulleitungsverbandes Deutschlands. Dabei handele es sich vor allem um Messer und sogenannte Anscheinswaffen, die echten Schusswaffen täuschend ähnlich sehen. Laut Winkler hat auch die verbale Gewalt zugenommen. Demnach gibt es zunehmend rassistische, sexistische und beleidigende Beschimpfungen auf dem Schulfhof. Auch manche Eltern würden auf diese Art mit Lehrkräften kommunizieren, so Winkler.
Schule in Hannover setzt Ordnungsdienst ein
Viele Schulen versuchen daher, die Sozialarbeit auszubauen, um Gewalt zu verhindern. Oft fehle es aber an Personal, Zeit und Geld, sagte Winkler. Doch nicht immer sind es die Schülerinnen und Schüler selbst, die Probleme verursachen - an einigen Schulen stören auch schulfremde Personen durch Prügeleien, Sachbeschädigungen oder Beleidigungen den Schulalltag. Die IGS Büssingweg in Hannover hat Ende vergangenen Jahres einen städtischen Ordnungsdienst eingestellt. Der Einsatz habe sehr geholfen, da er den Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern ein besseres Sicherheitsgefühl vermittelt habe, sagte die Direktorin Isabell Lenius.
GEW fordert mehr Personal und Vernetzung der Schulen
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) reagierte besorgt auf die neuen Zahlen. "Um das Gewaltproblem nachhaltig zu lösen, ist es unerlässlich, dass wir über entsprechend geschultes Personal verfügen", sagte Niedersachsens GEW-Landesvorsitzender Stefan Störmer. Er regte an, Schulen stärker mit Bildungszentren, Vereinen, Jugendzentren und der Jugendhilfe zu vernetzen und gemeinsame Angebote zu schaffen. So könne Erziehungsarbeit viel effizienter gelingen. "Die Akteur*innen benötigen aber auch Zeit, um miteinander Kooperationsabsprachen treffen zu können", sagte Störmer. Er betonte: "Alle Mittel, die der Präventionsarbeit dienen, sind gut angelegte Mittel, die sich langfristig vielfach bezahlt machen."
CDU fordert mehr Sozialarbeit und Prävention
Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Christian Fühner, forderte mehr Sozialarbeit. Niedersachsen müsse die Sozialarbeit an Schulen mit einem Stufenplan über die nächsten Jahre ausbauen und den schulpsychologischen Beratungsdienst verstärken, sagte Fühner dem NDR Niedersachsen. Da auch Mobbing und Gewalt im Internet immer wieder Themen seien, müsse der Bereich Medienpädagogik an den Schulen stärker verankert werden. "Ebenso müssen polizeiliche Präventionsprogramme flächendeckend angeboten werden und die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe und den Familienzentren verbessert werden", sagte Fühner.