Personalmangel: Probleme ohne Ende an den Schulen

Stand: 31.01.2024 17:21 Uhr

Niedersachsens Schülerinnen und Schüler haben sich heute in die kleinen Zeugnisferien verabschiedet. Nach einem kurzen Durchatmen beginnt am Montag das zweite Halbjahr - mit den alten Problemen.

von Torben Hildebrandt

Vor dem Start des zweiten Halbjahrs liegt die rechnerische Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen Schulen bei 96,9 Prozent. Das hat Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) mitgeteilt. Zwar hat sich der Wert damit zum ersten Mal seit 2019 leicht verbessert, er ist aber immer noch einer der schlechtesten überhaupt. Hamburg sieht den Abwärtstrend der vergangenen Jahre gestoppt. Bildungsverbände und Opposition üben dagegen deutliche Kritik.

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Ein mit Schülerinnen und Schülern gefülltes Klassenzimmer. © Screenshot
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Unterrichtsversorgung "historisch schlecht"

Der Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Stefan Störmer, spricht von einer "nach wie vor historisch schlechten Unterrichtsversorgung". Das sei keine Trendumkehr, sondern Stagnation, so Störmer. Christian Fühner, Schulexperte der CDU im Landtag, wirft der Ministerin Untätigkeit vor: "Es ist einfach nichts passiert, was die Situation verbessert", sagt Fühner.

Philologenverband: 110 Prozent sind ideal

Tatsächlich bedeutet eine Unterrichtsversorgung von knapp 97 Prozent, dass schon im Normalbetrieb zu wenige Lehrkräfte da sind, um alle geplanten Unterrichtsstunden zu geben. Wenn dann noch Lehrerinnen und Lehrer krank ausfallen, häufen sich die Probleme. Der Philologenverband betont: Um Krankheiten und Ausfälle in den Kollegien zu kompensieren, sei eine Unterrichtsversorgung von mindestens 110 Prozent erforderlich. "Davon sind wir meilenweit entfernt", betont der Verbandsvorsitzende Christoph Rabbow.

Mehr Schüler durch Migration und Geburtenplus

Die Zahlen zur Unterrichtsversorgung zeigen: Kultusministerin Hamburg stellt zwar weiter zusätzliche Lehrkräfte ein, aber es reicht nicht. Denn auch die Aufgaben wachsen. Das kostet viel Personal:

  • Steigende Geburtenzahlen und Migration bedeuten mehr Schüler
  • Inklusion
  • Sprachförderung
  • Ganztagsangebote

Ohne diese Sonderaufgaben wäre die rechnerische Unterrichtsversorgung besser.

Förderschulen und Hauptschulen besonders geplagt

Kultusministerin Hamburg spricht von einem "Weg der 1.000 Schritte", um die Personalprobleme in den Griff zu kriegen. Die Grünen-Politikerin verweist zum Beispiel auf eine bessere Bezahlung von Lehrkräften, auf Entlastung im Job oder auf Teilzeitkräfte, die mehr arbeiten. Positive Effekte seien zum Teil erst in einigen Jahren zu erwarten, so Hamburg. Sie räumt ein, dass einzelne Schulen große Probleme haben, den Unterricht sicherzustellen. Die Unterrichtsversorgung ist von Schulform zu Schulform unterschiedlich:

  • Gymnasien: 99,6 Prozent
  • Grundschulen 98,7 Prozent
  • Gesamtschulen 96 Prozent
  • Realschulen 95,2 Prozent
  • Oberschulen 93,4 Prozent
  • Hauptschulen 92,1 Prozent
  • Förderschulen 91,6 Prozent

Jede vierte Stelle offen

Wie schlecht die Personallage ist, zeigen auch die Einstellungszahlen zum zweiten Halbjahr. Erneut hat das Land nicht ausreichend Bewerberinnen und Bewerber gefunden. Von den 1.178 ausgeschriebenen Stellen sind bislang knapp 75 Prozent besetzt - das heißt, dass jeder vierte Posten offen ist. Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte spricht von einer katastrophalen Situation. "Hier muss schnellstens nachgesteuert werden, denn es geht schlichtweg um die Bildungschancen einer ganzen Generation", sagt VNL-Chef Torsten Neumann.

AfD: Es braucht mehr Lehramtsstudierende

Die AfD kritisiert, dass der Zuwachs an Lehrkräfte nur dadurch zustande komme, "das vergleichbar wenig Lehrer in den Ruhestand gegangen sind und teilweise über den Stichtag der Pension hinaus weiterarbeiten", so Harm Rykena, bildungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag. "Wenn nicht deutlich mehr Lehramtsanwärter aus den Hochschulen kommen, wird sich der Lehrermangel auf Dauer kein Stück bessern". Mit Ausnahme der Grundschulen hätten die Schulen mit den leistungsschwächsten Schülerinnen und Schülern dabei den schlechtesten Versorgungsgrad.

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