Ein Reichsbürger-Pass liegt neben einer Waffe und einem Nummernschild. © picture alliance/Christian Ohde Foto: Christian Ohde
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AUDIO: Anklage gegen mutmaßliche Mitglieder von "Reichsbürger"-Netzwerk (6 Min)

"Reichsbürger"-Terror: Der Ex-Polizist und die außerirdische Allianz

Stand: 14.12.2023 09:17 Uhr

Einst galt Michael F. aus Hannover als kompetenter Kriminalhauptkommissar, nun hat der Generalbundesanwalt gegen den "Reichsbürger" wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung Anklage erhoben. Was wird ihm vorgeworfen - und was sagt sein Anwalt dazu?

von Amelia Wischnewski, Angelika Henkel

Es ist eine Powerpoint-Präsentation, die Michael F. bei einem Treffen auf dem Jagdschloss von Heinrich XIII. Prinz Reuß in Thüringen gehalten haben soll. "Der Karren steckt tief im Dreck", analysiert er auf den ersten Seiten. Dann skizziert er, wie er sich den Wiederaufbau nach einem Zusammenbruch der Bundesrepublik vorstellt: Illustriert mit einem Schwarz-Weiß-Foto vom zerstörten Berlin 1945. So könnte es in Deutschland bald wieder aussehen, dann müsse die "neue Ordnung" übernehmen.  

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Anklage erhoben: Polizist F. sollte weitere Polizisten rekrutieren 

Die Bundesanwaltschaft ist sich sicher: F. war innerhalb des "militärischen Arms" der Gruppe für das Ressort "Inneres" zuständig - und sollte das in einer späteren Regierung nach dem geplanten Umsturz weiterführen. Die terroristische Gruppe habe sich schließlich gegründet, um die staatliche Ordnung gewaltsam zu beseitigen und eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu begründen. Die Verteidigung widerspricht: "Sie wollten nicht umstürzen. Sie gingen davon aus, dass das Gesellschaftssystem so marode sei, dass es auf Anstoß von Allianzen, einer außerirdischen und einer irdischen Allianz, zusammenbrechen würde", sagt Martin Heynert, der Michael F. gemeinsam mit anderen Rechtsanwälten verteidigt. "Nach diesem Zusammenbruch wäre die Stunde für Michael F. gekommen, mit seinen polizeilichen Kenntnissen eine neue Sicherheitsstruktur aufzubauen, zum Besten der Bürger, wie er selbst sagt."

Verschwörungsmythen aus der Szene der "Reichsbürger" 

Außerirdische und irdische Allianzen - es ist eine Gedankenwelt, in die sich auch die Ermittler des Bundeskriminalamtes während der Vernehmungen wohl erst hineindenken mussten. Michael F., der einmal ihr Kollege war, hat den Ermittlern in stundenlangen Gesprächen Einblicke gegeben - rund 4.000 Seiten Akten sind allein mit seiner Aussage gefüllt. Die Staatsanwälte sprechen von Verschwörungsmythen aus der QAnon-Ideologie. Bei der Allianz handele es sich um einen nicht existierenden, technisch überlegenen "Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika", heißt es in einer Pressemitteilung. 

Speisen, Rotwein und Verschwörung 

An drei von sechs Sitzungen des Rates - dem zentralen Gremium, ähnlich einer Regierung - soll F. teilgenommen haben, zählt die Anklage auf. Zusammenkünfte, bei denen es offenbar viel Wein und fünf Gänge gab. So jedenfalls schildert es der Anwalt von F. In konspirativen Treffen soll F. versucht haben, andere zum Mitmachen zu bewegen. Eines davon war nach Informationen des NDR Niedersachsen im Harz, ein anderes bei Sehnde in der Region Hannover, nahe der Justizvollzugsanstalt, in der er heute einsitzt. "Die Vereinigung war aus Sicht von Herrn F. nicht kriminell und nicht terroristisch", meint der Anwalt, anders als die Anklage. "Den Bundestag hätte er mit Sicherheit nicht erstürmt. Er sagt, er hätte da nie mitgemacht, und wäre sofort aus der Gruppe ausgestiegen."

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Mammutverfahren in Frankfurt, München und Stuttgart 

Ob er damit auch vor Gericht überzeugen kann, wird sich zeigen. Wenn das Oberlandesgericht Frankfurt die Anklage annimmt und das Verfahren eröffnet, wird Michael F. mit neun weiteren Angeklagten aus der Gruppe um den Unternehmer Prinz Reuß Platz nehmen. Darunter auch ein Unternehmensberater aus den Landkreis Harburg, der zu dem Treffen in Sehnde gekommen war und der Gruppe insgesamt 160.000 Euro gespendet haben soll. Zwei weitere Niedersachsen sind in München angeklagt: Eine Ärztin aus Vechelde und ein Rechtsanwalt aus Hannover. Weil die Gruppe der insgesamt 27 Angeschuldigten zu groß für einen Gerichtssaal ist, werden sie auf drei Standorte, Frankfurt, München und Stuttgart, aufgeteilt. Gegen weitere Unterstützer - darunter zwei Polizisten aus Niedersachsen - wird ermittelt. 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 12.12.2023 | 14:30 Uhr

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