Verfassungsschutzbericht: Mehr Rechtsextremisten in Niedersachsen
Die Zahl der Rechtsextremisten ist im vergangenen Jahr in Niedersachsen gestiegen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht 2023 hervor. Innenministerin Behrens warnt davor, rechtsextreme Äußerungen zu verharmlosen.
Den Angaben zufolge ist die Zahl der Rechtsextremisten in Niedersachsen im Jahr 2023 von 1.610 auf 1.690 Personen leicht gestiegen. Etwa die Hälfte sei in einer Partei wie "Die Heimat", ehemals NPD, und "Die Rechte" organisiert. Ebenfalls rund die Hälfte der rechtsextremistischen Personen in Niedersachsen stufte der Verfassungsschutz als gewaltbereit ein.
Behrens: Rechtsextremismus will Gesellschaft unterwandern
"Die größte Bedrohung für unsere Demokratie stellt nach wie vor der Rechtsextremismus dar", sagte Daniela Behrens (SPD) am Donnerstag in Hannover bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts. Rechtsextremisten wollten die Gesellschaft unterwandern. Der Verharmlosung von rechtsextremen Äußerungen müsse daher entgegengetreten werden, betonte die SPD-Politikerin. "Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen und müssen einer vermeintlichen gesellschaftlichen Akzeptanz mit allen Mitteln unseres Rechtsstaates entgegenwirken", sagte Behrens.
Mehr "Reichsbürger" in Niedersachsen
Im Fokus des Verfassungsschutzes stehe demnach auch die Entwicklung der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". Ihre Zahl sei im vergangenen Jahr von 900 auf 1.080 Personen gestiegen. Behrens verwies hierbei auf die Ermittlungen gegen Mitglieder der Gruppe Prinz Reuß - auch vier Personen aus Niedersachsen werden der Gruppe zugerechnet und befinden sich in Untersuchungshaft. Die bisherigen Erkenntnisse in dem Fall bestätigen laut Behrens die Analyse des Verfassungsschutzes, wonach sich eine neue, teils gewaltorientierte Mischszene in Niedersachsen herausbildet. Demnach verschwimme die Grenze zwischen "Rechtsextremismus" sowie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" zunehmend, wobei Verschwörungsideologien das gemeinsame Fundament bilden würden.
Auch Zahl der Linksextremisten steigt
Wie aus dem Verfassungsschutzbericht weiter hervorgeht, ist auch die Zahl der Linksextremisten von 1.200 im vergangenen Jahr auf rund 1.250 Personen gestiegen. Der Schwerpunkt linksextremistischer Aktivitäten seien Übergriffe auf vermeintlich rechtsextreme Personen, sagte Innenministerin Behrens. Verfassungsschutzpräsident Dirk Pejril betonte zudem: "Die Hemmschwelle von Linksextremisten zur Anwendung von Gewalt - auch gegenüber Menschen - ist weiterhin niedrig."
Sinkende Tendenz bei Salafisten
Die Zahl der Personen in islamistisch-extremistischen Gruppen ist in Niedersachsen im vergangenen Jahr von 1.565 auf 1.410 gesunken. Davon konnten im Jahr 2023 rund 700 Personen der salafistischen Szene zugerechnet werden - 100 Personen weniger als im Vorjahr. Allerdings habe sich die Nutzung der sozialen Medien durch islamistische Akteure im vergangenen Jahr deutlich professionalisiert und weiter verstärkt, sagte Behrens. Erst am Mittwoch hatte die Innenministerin den salafistischen Verein "Deutschsprachige Muslimische Gemeinschaft" (DMG) in Braunschweig verboten.
Zuwachs an Spionage und Desinformation
Im vergangenen Jahr habe zudem bundesweit die Zahl der Spionageangriffe aus Russland, China, dem Iran und Teilen der Türkei sowie Fälle von Desinformation zugenommen, sagte Behrens. Laut dem Bericht hat der Niedersächsische Verfassungsschutz 27 Verdachtsfälle auf Cyberspionage bearbeitet. Vor allem russische Desinformationskampagnen stellen laut Behrens eine Bedrohung für die demokratische Grundordnung dar: "Putins falsche Botschaften fallen hierzulande teilweise auf fruchtbaren Boden", betonte die SPD-Politikerin. Angehörige der AfD und der "Reichsbürger"-Szene würden diese falschen Narrative weiterverbreiten.
Polizeigewerkschaft fordert Stärkung des Verfassungsschutzes
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte angesichts der aktuellen Zahlen eine Stärkung des Verfassungsschutzes. "Der Bericht zeigt, dass in keinem Feld der extremistischen Bedrohung unserer demokratischen Grundordnung von einer Entspannung auszugehen ist", sagte der Vorsitzende der Kreisgruppe Verfassungsschutz, Dragan Maric. Der Verband fordert daher nach eigenen Angaben eine kontinuierliche Stärkung des Verfassungsschutzes in Form von einer Anhebung der Sicherheitszulage für Mitarbeitende sowie einen Personalausbau und Investitionen in die digitale Infrastruktur der Sicherheitsbehörden insgesamt.