Kühnert-Nachfolger Matthias Miersch: "Ich werde alles geben"
Am Dienstag wurde Matthias Miersch als neuer SPD-Generalsekretär vorgestellt. Der Hannoveraner ist Nachfolger des überraschend zurückgetretenen Kevin Kühnert. Miersch kündigte an, kein "Ja-Sager" sein zu wollen.
"Ich werde alles geben", sagte der 55-jährige SPD-Politiker bei seiner Amtsverkündung in Berlin am Dienstag. Sein neuer Job sei "eine verdammt große Verantwortung", der er sich "mit voller Kraft und mit vollem Einsatz" stellen werde. Der Bundeskanzler könne sich "hundertprozentig" auf ihn verlassen, so Miersch. Er werde Olaf Scholz (SPD) aber auch Kontra geben: "Ich werde nicht bequem und ein einfacher Ja-Sager sein."
Miersch übernimmt Posten vorübergehend
Sein Vorgänger Kevin Kühnert war am Montag aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Noch am Montagabend war Miersch von Parteivorstand und -präsidium einstimmig zum neuen SPD-Generalsekretär bestimmt worden. Damit übernimmt der Niedersachse den Posten zunächst kommissarisch bis zum Parteitag im nächsten Jahr. Als Generalsekretär leitet der 55-Jährige die Parteizentrale und verantwortet laut Statut auch die Vorbereitung und Durchführung des Wahlkampfes für die in einem Jahr stattfindende Bundestagswahl.
Lob für Miersch aus Niedersachsen
In Niedersachsen fallen die innerparteilichen Reaktionen auf Miersch als Nachfolger von Kühnert durchweg positiv aus. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete den SPD-Politiker als "sehr, sehr gute Entscheidung." Miersch sei innerhalb der SPD sehr gut vernetzt und ein Mensch, der die Fähigkeit habe, Dinge so zuzuspitzen, dass alle sie verstehen. "Matthias Miersch ist ein sehr scharfzüngiger Diskussionsteilnehmer", sagte Weil. "Das ist in Wahlkampfzeiten ein Vorteil, den man sicherlich nicht unterschätzen darf." Der ehemalige Regionspräsident Hauke Jagau schätzt Miersch als gradlinigen und sehr geerdeten Politiker, wie er sagt. Und auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic aus Hannover sieht in Miersch nach eigenen Angaben genau den Richtigen für den Posten.
Miersch verhandelte über Heizungsgesetz
Miersch, 1968 in Hannover geboren, gehört zum Führungsgremium der Parlamentarischen Linken in der SPD. Als Fraktionsvize ist er zuständig für Umwelt, Klimaschutz und Energiepolitik. Miersch gilt als entschiedener Verfechter der Energiewende und hat laut Ministerpräsident Stephan Weil "ausgesprochen tiefe Kenntnisse" im Bereich der Wirtschafts- und Energiepolitik. So hat der Hannoveraner federführend zum Beispiel auch das umstrittene Heizungsgesetz mit Grünen und FDP verhandelt.
Politische Anfänge in Laatzen
In Hannover hatte Miersch sich unter anderem in der Kinder- und Jugendarbeit der evangelischen Kirche und des CVJM eingebracht. Der promovierte Jurist arbeitete als Fachanwalt für Strafrecht. Parallel dazu engagierte er sich früh in der SPD. Im Alter von 22 Jahren wurde er Mitglied im Rat der Stadt Laatzen (Region Hannover). Seit 2005 ist Miersch stets mit einem Direktmandat in den Bundestag eingezogen. 2021 gewann er seinen Wahlkreis Hannover-Land II mit 40,7 Prozent. Erst vor wenigen Tagen hatte er erklärt, erneut für den Bundestag kandidieren zu wollen. Miersch wurde bereits mehrfach als möglicher Nachfolger von Fraktionschef Rolf Mützenich gehandelt.
Politologe: Zwei Niedersachsen haben bei der SPD das Sagen
Auffallend an der Entscheidung für Matthias Miersch als Kühnert-Nachfolger sei, dass mit ihm und dem SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil jetzt zwei Niedersachsen im Willy-Brandt-Haus in Berlin das Sagen haben, sagte Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder im Interview mit NDR Info. Das sei sehr ungewöhnlich. "Normalerweise gibt es da eine starke Trennung zwischen den Landesverbänden. Man versucht, das etwas pluraler aufzustellen."
Experte: Miersch "hat einen mächtigen Job vor sich"
Er vermute, dass bei der Entscheidung viel Wert darauf gelegt wurde, dass es eine "klare Achse zwischen dem Parteivorsitzenden und dem Generalsekretär gibt". Da Politik in starkem Maße Teamsport sei, könne das eine gute Voraussetzung für den Prozess sein, der jetzt ansteht, so Schroeder. Die SPD müsse nun vor allem aus der Defensive herauskommen. "Der Abstand zur CDU ist gewaltig. Derjenige, der da jetzt die treibende, mobilisierende Rolle einnimmt als Generalsekretär, der hat einen mächtigen Job vor sich."
Kühnert zieht sich aus gesundheitlichen Gründen zurück
Der bisherige SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hatte am Montag überraschend seinen Rückzug erklärt. Der 35-Jährige begründete dies mit gesundheitlichen Gründen und fehlender Energie für den anstehenden Wahlkampf. Auch für den Bundestag will er im kommenden Jahr nicht wieder kandidieren. Vor Kühnert hatten unter anderem mit dem heutigen SPD-Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil, dem heutigen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sowie DGB-Chefin Yasmin Fahimi drei Niedersachsen den 1999 bei der SPD geschaffenen Posten zeitweise inne.