Yasmin Fahimi zur neuen DGB-Chefin gewählt
Als erste Frau ist Yasmin Fahimi an die Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gewählt worden. Die frühere SPD-Generalsekretärin erhielt auf dem DGB-Bundeskongress 93 Prozent der Stimmen.
358 der 398 Delegierten entschieden sich für Fahimi, die einzige Kandidatin war. 26 Delegierte votierten gegen die 54-Jährige, zehn enthielten sich. Bei ihrer Vorstellung auf dem Kongress in Berlin warb die gebürtige Hannoveranerin mit ihrer Biografie. Als Tochter einer alleinerziehenden Mutter sei sie auf manche Widerstände gestoßen, sagte sie vor den Delegierten. Unter ihrer Führung werde der DGB unter anderem verstärkt gegen die Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt kämpfen. "Wir wollen Lebensverhältnisse, die Glück und Perspektiven schaffen." Dazu zähle auch bezahlbarer Wohnraum - und insgesamt eine Gemeinwohlorientierung, "die nicht alles dem Markt überlässt".
Gratulation von Weil
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gratulierte Fahimi zu ihrer Wahl. Sie sei eine ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin, die die Interessen der Arbeitnehmenden klar und deutlich vertreten werde. "Ich freue mich auf eine sehr gute Zusammenarbeit mit einer alten Freundin", schrieb Weil in den sozialen Netzwerken.
Überraschungskandidatin für Hoffmann-Nachfolge
Der bisherige DGB-Chef, der 66-jährige Reiner Hoffmann, war aus Altersgründen nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Er führte insgesamt sechs Jahre den Gewerkschaftsbund an. Seine Nachfolgerin beschrieb Hoffmann als "außerordentlich erfahrene, in den Belangen der Arbeitswelt sehr versierte und gut vernetzte Expertin". Die Nominierung Fahimis vonseiten des DGB-Vorstands kam in Januar eher überraschend. Turnusgemäß wäre ein Mitglied der Industriegewerkschaft (IG) Metall an der Reihe gewesen, diese hatte aber augenscheinlich keine passende Frau, die für den Posten infrage gekommen wäre.
Ehemalige Generalsekretärin der SPD
Fahimi kann jede Menge politische Erfahrung vorweisen. 2014 war sie auf Bundesebene Generalsekretärin der SPD. Mit dem damaligen Parteichef Sigmar Gabriel klappte die Zusammenarbeit allerdings selten perfekt. Nach nicht einmal zwei Jahren gab sie das Amt wieder ab und wurde Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium.
Fahimi legt Direktmandat nieder
Die studierte Chemikerin gilt als Parteilinke und engagierte sich zu Beginn ihrer politischen Karriere bei den Jusos, der Jugendorganisation der SPD. Sie setzt sich für die Vermögenssteuer und die Entlastung von Menschen mit kleinerem Einkommen ein. Fahimi gestand jüngst, selbst noch nie in ihrem Leben gestreikt zu haben. 2017 wurde sie für den Wahlkreis Hannover-Süd als Abgeordnete in den Deutschen Bundestag gewählt; 2021 verteidigte die gebürtige Hannoveranerin ihr Direktmandat, welches sie "aus Respekt vor der neuen Herausforderung" zeitnah niederlegen möchte.
Jahrzehntelange Gewerkschaftserfahrung
Seit Ende vergangenen Jahres sitzt die 54-Jährige zudem im SPD-Parteivorstand. Seit 1998 ist sie Mitglied bei der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und kann somit auf jahrzehntelange Gewerkschaftserfahrung zurückblicken. Die IG BCE bezeichnet sie als "eine aktive Gestalterin und Reformerin" und "für den DGB-Vorsitz die richtige Kandidatin zur richtigen Zeit". Sie sei eine Gewerkschafterin mit Herz und Verstand. Michael Vassiliadis, ihr Lebensgefährte, ist Chef der Gewerkschaft.