EU bereitet Weg für schnellere Wolfsabschüsse in Norddeutschland

Stand: 26.09.2024 14:27 Uhr

Wölfe sollen künftig innerhalb der EU schneller abgeschossen werden dürfen. Die EU-Staaten haben dafür gestimmt, den Schutzstatus von "streng geschützt" auf "geschützt" herabzusetzen.

Deutschland stimmte ebenfalls für einen abgesenkten Schutz des Wolfs. In Niedersachsen leben laut Umweltministerium zurzeit 56 Wolfsrudel, drei Paare und drei Einzelwölfe. Für Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sei eine Herabstufung des Wolfschutzes der richtige Schritt, um einem "praxisnahen, regional differenzierten Bestandsmanagement" näher zu kommen. Ein regionales Wolfsmanagement könne erweitert werden, wo es zu Konflikten mit der Weidetierhaltung komme, so Meyer. "So weit wie heute waren wir noch nie", sagte die niedersächsische Landtagsabgeordnete Thordies Hanisch (SPD). Es sei ein erster Schritt, um Weidetierhalter und Menschen im ländlichen Raum besser unterstützen zu können, da Regionen wie Niedersachsen besonders von wachsenden Wolfspopulationen betroffen seien, so Hanisch am Mittwoch.

Landtagsabgeordneter Mohrmann: "Tiere effektiv durch Wolfsregulation schützen"

Der niedersächsische CDU-Landtagsabgeordnete Marco Mohrmann begrüßt den Vorschlag aus Brüssel ebenfalls. Ein aktives Wolfsmanagement sei nun möglich und die Landesregierung müsse nun die bestehenden Möglichkeiten nutzen, um "unsere Weidetierhalter und ihre Tiere endlich effektiv durch eine Wolfsregulation zu schützen", so Mohrmann in einer Mitteilung am Mittwoch.

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NABU: Es mangelt an klaren Abschuss-Vorgaben

Der Schafzuchtverband Niedersachsen begrüßt den Vorstoß der EU. Für die Weidetierhaltung sei es eine gute Entscheidung, so der Verbandsvorsitzende Joachim Rehse gegenüber NDR Niedersachsen. Es gebe mittlerweile genügend Wolfsrudel in Niedersachsen. Dem widerspricht der Naturschutzbund (NABU) und lehnt diesen Schritt ab, heißt es in einer Stellungnahme am Mittwoch. In der Debatte werde nicht thematisiert, dass auch nach der jetzigen Rechtslage der Abschuss von Wölfen, die Schäden verursachen, angeordnet werden könne. Es mangele jedoch an klaren Abschuss-Vorgaben, sagte eine Sprecherin des NABU.

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Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Backhaus kontaktierte Lemke

Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Till Backhaus (SPD) sieht in der Abstimmung auf EU-Ebene einen notwendigen Schritt. In Deutschland sei bereits viel Zeit "durch unausgereifte Vorschläge seitens des Bundesministeriums" verloren gegangen, sagte Backhaus am Mittwoch. Er hoffe nun, dass das Verfahren in Brüssel mit der "angebrachten Ernsthaftigkeit" verfolgt werde. Der Umweltminister hatte im Vorfeld immer wieder dafür plädiert, den Schutzstatus des Wolfes auf EU-Ebene herabzustufen, um dessen Bestand regulieren zu können. Anfang dieser Woche schickte er dazu einen Brief an seine Amtskollegin auf Bundesebene, Steffi Lemke (Grüne). In diesem Zusammenhang betonte Backhaus, eine Regulierung sei nötig, um eine nachhaltige und konfliktfreie Koexistenz von Mensch und Wolf im gesellschaftlichen Konsens zu gewährleisten.

Zuchtverband begrüßt Entscheidung

Der Landesschaf- und Ziegenzuchtverband Mecklenburg-Vorpommern nannte die Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten "einen wichtigen und richtigen Schritt". "Es wird Zeit, dass die rechtlichen Grundlagen den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden", so die Verbandsvorsitzende Susanne Petersen. Die Festlegung der Berner Konvention stamme aus einer Zeit, als der Bestand der Wölfe stark gefährdet war. Inzwischen sei ein guter Erhaltungszustand erreicht. Sie forderte die Bundesregierung gleichwohl auf, "den Bundesländern ein bereits jetzt mögliches europarechtskonformes und regional differenziertes Bestandsmanagement zu ermöglichen".

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In Mecklenburg-Vorpommern leben aktuell nachweislich 18 Rudel, sechs Paare und drei Einzelwölfe. 77 Welpen wurden bestätigt. Backhaus' Worten zufolge hat der Wolf im Nordosten einen guten Erhaltungszustand erreicht. Sein Bestand müsse reguliert werden, auch um Nutztiere zu schützen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden in diesem Jahr bislang mehr als 170 Tiere durch Wölfe getötet oder verletzt. 

Lemke: "Kein Freifahrtschein für ungeregelte Abschüsse"

Bundesumweltministerin Lemke teilte am Mittwoch mit, die Bestandszahlen des Wolfes hätten sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass dieser Schritt aus Sicht der Naturschützer verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig sei. Eine Reduzierung des Schutzstatus kann laut Lemke dem Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität im Umgang mit problematischen Wölfen geben. Allerdings sei sie kein Freifahrtschein für ungeregelte Abschüsse. "Der Wolf ist und bleibt eine geschützte Art, sein guter Erhaltungszustand das Ziel", sagte die Ministerin.

Änderung in der Berner Konvention für Herabstufung des Schutzstatus nötig

Bis die neuen Pläne umgesetzt werden, dürfte es allerdings noch dauern. Sobald die Entscheidung auch formell auf Ministerebene angenommen wurde, kann die EU einen Antrag für einen herabgesenkten Schutzstatus des Wolfs beim sogenannten Ständigen Ausschuss der Berner Konvention einreichen. Das ist ein 1979 verabschiedeter völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer wildlebender Tiere und Pflanzen. Sollte es im Ständigen Ausschuss eine Mehrheit für den geänderten Schutzstatus geben, kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht eine Mehrheit unter den EU-Staaten sowie im Europaparlament.

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 25.09.2024 | 19:30 Uhr

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