Unwetter in Braunschweig: "Einmalig in der jüngeren Geschichte"
Tief "Lambert" hat in Niedersachsen zu vielen Feuerwehreinsätzen geführt. Ein Schwerpunkt war Braunschweig. Drei große Gewitterzellen zogen über die Stadt. Die Aufräumarbeiten dauern an.
Vornehmlich müssten die Einsatzkräfte überflutete Keller und Garagen leerpumpen, teilte die Leitstelle der Braunschweiger Feuerwehr am Nachmittag auf NDR Anfrage mit. Die Wetterberuhigung im Laufe des Tages habe dafür gesorgt, dass Einsätze nun schnell abgearbeitet werden könnten, hieß es. Wie groß die entstandenen Schäden sind, ist allerdings weiterhin unklar. Rund 5.000 Notrufe waren bis Freitagnachmittag eingegangen. Die Feuerwehr kam bislang auf mehr als 1.000 Einsätze, hinzu kamen knapp 500 Polizei-Einsätze.
Einsatzkräfte aus anderen Kommunen helfen in Braunschweig
"Das ist eine Lage, mit der wir es so noch nicht zu tun hatten", sagte Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD) am Freitagmorgen während einer Pressekonferenz. "Wir waren auf ein Starkregenereignis vorbereitet", sagte auch Feuerwehr-Fachbereichsleiter Torge Malchau, "die Dimension, die es jetzt gehabt hat", sei jedoch "einmalig in der jüngeren Geschichte". Bei normalem Starkregen seien in der Stadt zwischen 200 und 300 Kräfte im Einsatz, diesmal seien es zu Spitzenzeiten 1.000 gewesen. Allein 300 von ihnen seien aus benachbarten Landkreisen hinzugezogen worden.
Sporthallen bleiben bis Montag geschlossen - Nachtlauf und Camp abgesagt
Angesichts der Lage kündigte Oberbürgermeister Kornblum an, dass der für Freitag angesetzte 37. Braunschweiger Nachtlauf zumindest an diesem Tag ausfalle. Konsequenzen hat das Unwetter auch für die kurzfristige Nutzung der Turnhallen in Braunschweig: Über das Wochenende werden sämtliche Sporthallen aus Sicherheitsgründen in der Stadt gesperrt. Den Angaben zufolge handelt es sich um eine Vorsichtsmaßnahme. Der Starkregen habe die Decke der alten Sporthalle der Sally-Perel-Schule durchfeuchtet, worauf sich einige Platten der Verkleidung lösten. Die Stadt will daher den Zustand der Dächer der übrigen etwa 90 Sporthallen überprüfen. Ab Montagmittag sollen die Hallen wieder genutzt werden können, hieß es. Auch das fürs Wochenende geplante Evangelische Landesjugendtreffen wurde von der Landeskirche abgesagt. Das Camp sollte erstmals im Kennelbad stattfinden.
"Letzte Generation" protestiert in der Innenstadt
Aktivisten der "Letzten Generation" nahmen die Folgen des Unwetters zum Anlass für einen Demonstrationszug. Etwa 25 Teilnehmende zogen laut Polizei am Freitagnachmittag durch einen Teil der Innenstadt. "Mit dem Fortschreiten der Klimakatastrophe werden Unwetter und Stürme dieser Art häufiger und stärker", hatte die Gruppe zuvor mitgeteilt. Laut Polizei kam es im Verlauf der dreistündigen Aktion auf der Strecke zu temporären Verkehrsbehinderungen und Einschränkungen des ÖPNV.
Regen setzt Schlossplatz unter Wasser, Schlamm blockiert Gleise
In Braunschweig hatte es in der Nacht zu Freitag so stark geregnet, dass unter anderem der Schlossplatz unter Wasser stand, Schlamm zeitweise die Schienen der Straßenbahn blockierte und in Geschäfte und Kneipen der Innenstadt Regen lief. Betroffen war auch die Magni-Tiefgarage, die wegen eines Wasserschadens vorerst geschlossen ist, wie die Stadt mitteilte. Bis einschließlich Montag seien zudem alle Bezirkssportanlagen wie das Franzsche Feld und der Jahnplatz gesperrt.
Bilanz für Niedersachsen: Drei Verletzte
Während es in Braunschweig bei Sachschäden blieb, kam es landesweit infolge des Unwetters auch zu Personenschäden. Mindestens drei Menschen wurden bei Baumunfällen verletzt. In Northeim stürzte laut Polizeiangaben ein Baum auf ein Auto um, die Fahrerin wurde schwer verletzt. In Hann. Münden kam es bereits am Donnerstag zu zwei ähnlichen Unfällen - hier wurden eine 19-jährige und eine 41-jährige Autofahrerin durch umfallende Bäume verletzt.
Viele Einsätze auch in Hildesheim - zwei Schulausfälle
Auch in anderen Landkreisen und Städten Niedersachsens waren in der Nacht Großaufgebote von Feuerwehr und Rettungsdienst unterwegs. So wurden etwa aus Stadt und Landkreis Hildesheim sehr viele Einsätze gemeldet. Die Leitstelle nahm rund 1.700 Anrufe entgegen. Schäden hinterließen die Wassermassen unter anderem an der Ganztagsschule Drispenstedt in Hildesheim. Dort fällt in der Folge auch am Montag noch der Unterricht aus, wie die Stadt mitteilte. Ebenfalls wegen eines Wasserschadens musste eine Grundschule im knapp 30 Kilometer entfernten Elbe (Landkreis Wolfenbüttel) am Freitag geschlossen bleiben.
Stromausfall in Einbeck, Konzertabsage in Lingen
Unter anderem im Ort Hardegsen (Landkreis Northeim) wurden Keller und Straßen geflutet sowie Gullydeckel hochgedrückt. In Einbeck waren mehrere Ortsteile von einem Stromausfall betroffen. Starken Regen, Hagelschläge und Sturmböen gab es auch im Landkreis und in der Stadt Göttingen. Hier rückten die Rettungskräfte mehr als 250-mal aus. In Lingen (Landkreis Emsland) wurde das Open-Air-Konzert des britischen Sängers Sting abgesagt. An der Messe in Hannover lief am Freitagvormittag ein Regen-Rückhaltebecken über. Eine angrenzende Straße wurde überflutet. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) dankte Polizei und Feuerwehr in ganz Niedersachsen für ihren Unwetter-Einsatz. Auf sie sei in jeder Notlage verlass, so Behrens.