Warnstreik bei VW: Zehntausende Mitarbeiter legen Arbeit nieder
Der wohl größte Arbeitskampf seit Jahren bei VW hat begonnen. An fast allen Standorten bundesweit traten Mitarbeitende am Montag zeitweise in den Warnstreik. Weitere Aktionen sind angekündigt.
Mehrere Zehntausend Menschen beteiligten sich am Vormittag laut ersten Angaben der IG Metall an dem Arbeitskampf an fast allen deutschen Standorten. Allein in Wolfsburg zogen Tausende VW-Beschäftigte mit einem Demonstrationszug durch das Stammwerk. Bei einer Kundgebung vor dem Vorstandshochhaus skandierten sie in Sprechchören "Streikbereit! Bundesweit!". Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo forderte in einer Rede von den Aktionären des Unternehmens einen größeren Beitrag in der Krise. "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten", sagte Cavallo bei der Kundgebung.
Warnstreiks in VW-Werken dauern zwei Stunden
Ähnliche Aktionen gab es auch an weiteren VW-Standorten in Niedersachsen: In Emden zogen laut IG Metall rund 4.000 Beschäftigte mit Pfeifen, Bannern und Plakaten vor das Werkstor. In Hannover beteiligten sich demnach etwa 5.000 Beschäftigte an einem Demozug, in Braunschweig mehr als 1.000. Die Gewerkschaft hatte die Warnstreiks am Sonntag nach Ablauf der Friedenspflicht angekündigt. Sie dauern jeweils zwei Stunden und sollen in jeder Schicht wiederholt werden. Dazwischen werde normal produziert, so ein Sprecher.
Bundesweit neun Standorte betroffen - Osnabrück ist die Ausnahme
In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Betroffen sind neun der zehn deutschen VW-Standorte, darunter in Niedersachsen die Werke in Braunschweig, Emden, Hannover, Salzgitter und Wolfsburg. Ausgenommen ist das VW-Werk Osnabrück, das im Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie organisiert ist. Darüber hinaus wird die Volkswagen Sachsen GmbH bestreikt. Hierzu zählen die VW-Werke Chemnitz, Dresden und Zwickau mit mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
IG Metall: "Härtester Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat"
Mit den Warnstreiks - den ersten bei VW seit 2018 - will die IG Metall den Druck auf Volkswagen erhöhen. "Wenn nötig, wird das der härteste Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat", sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger am Sonntag. "Wie lange und wie intensiv diese Auseinandersetzung gehen muss, hat Volkswagen am Verhandlungstisch zu verantworten. Was nun folgt, ist der Konflikt, den Volkswagen herbeirief. Wir wollten ihn nicht, aber wir werden ihn so engagiert führen wie notwendig", sagte der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite.
VW will "Notversorgung sicherstellen"
Zu möglichen Produktionsausfällen infolge des Warnstreiks machte Volkswagen zunächst keine Angaben. Man wolle die Auswirkungen so gering wie möglich halten, sagte ein Sprecher. Bereits im Vorfeld habe das Unternehmen deshalb "gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellen". Nach der Streikankündigung am Sonntag hatte VW erklärt, es respektiere das Recht der Beschäftigten, an einem Warnstreik teilzunehmen. Man setze weiter auf eine einvernehmliche Lösung mit der Arbeitnehmerseite, so das Unternehmen.
VW hatte "Zukunftsplan" zuvor abgelehnt
IG Metall und Betriebsrat hatten vergangene Woche einen eigenen Plan für die Zukunft von Volkswagen präsentiert. Dem Konzern stellten sie dabei eine Kostenentlastung von 1,5 Milliarden Euro in Aussicht. Dafür wollte die Gewerkschaft eine mögliche Tariferhöhung in einen Zukunftsfonds einbringen und vorerst nicht auszahlen. Im Gegenzug sollte VW auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Der VW-Konzern lehnte diesen sogenannten "Zukunftsplan" der Arbeitnehmerseite am Freitag ab. "Zwar können sich kurzfristig auch positive Effekte ergeben", die Entlastungen seien jedoch nicht nachhaltig, teilte VW mit. Vorschläge wie die Streichung der Boni für Manager seien rechtlich nicht umsetzbar. Man wolle aber mit der Arbeitnehmerseite im Dialog bleiben, "um gemeinsam tragfähige Lösungen zu erarbeiten". Nach dem Scheitern der dritten Tarifrunde war für den 9. Dezember ein neuer Termin für die Fortsetzung der Verhandlungen angesetzt worden.