Windparkstreit in der Wesermarsch
Ein Windpark in der Wesermarsch. Der Wind dreht 15 Rotoren hier im Oldenbroker Feld, auf dem Gebiet der Gemeinde Ovelgönne. Alle Anlagen sind in diesem Jahr aufgestellt worden. Cordula Rebehn hat uns mit hierhergenommen. Sie ist Vorstandsmitglied des Landesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen e.V., kurz LBU. Sie ärgert sich über diesen Windpark. "Als diese Windenergie-Anlagen vom Landkreis genehmigt wurden, sind sie auch in einem Gebiet genehmigt worden, das so eigentlich nicht genehmigungsfähig ist."
Klagen gegen Windparks
Gegen fast alle Windparks, die der Landkreis Wesermarsch in den letzten Jahren genehmigt hat, geht der LBU gerichtlich vor. Jedes Mal kritisiert der Umweltverband, dass es bei den Genehmigungsverfahren vonseiten des Landkreises zu erheblichen Fehlern gekommen sei.
So wie auch im Barghorner Moor, ebenfalls in der Gemeinde Ovelgönne. Drei Windräder sollen direkt im Moor stehen, sechs weitere im Halbkreis um das Moor herum. Noch stehen hier allerdings keine Anlagen. Denn der LBU hat auch gegen diesen Windpark geklagt. Solange das Verfahren läuft, liegt auf dem Projekt ein Baustopp, so Cordula Rebehn. "Das hier ist ein sogenanntes Vorranggebiet" erklärt sie. "Da kann man nicht einfach einen Windpark reinstellen."
Fragwürdige Genehmigungen
Tatsächlich kann man das nicht so einfach. "Vorranggebiet" ist ein Begriff aus der Raumplanung. Welche Flächen eines Landkreises wofür genutzt werden sollen - das legen die Raumplaner des jeweiligen Landkreises fest. Vom Landkreis abgesegnet haben diese Vorranggebiete dann rechtsbindende Wirkung. So steht es im Raumordnungsgesetz.
Warum genehmigt also der Landkreis Wesermarsch trotzdem den Windpark im Barghorner Moor? Der zuständige Baudezernent des Landkreises Matthias Wenholt erklärt die Genehmigung so: "Unsere Aufgabe war es zu bewerten: Kann der Torfabbau und die Windenergie tatsächlich auch nebeneinander stattfinden? Und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Windenergie und die Rohstoff-Gewinnung nicht ausschließen." Eine bemerkenswerte Begründung, denn das Raumordnungsgesetz besagt ja, dass sie sich ausschließen.
Interessenskonflikte des Landrats?
Doch wir stoßen noch auf einen weiteren möglichen Grund für die fragwürdige Genehmigung: Thomas Brückmann. Er ist der Landrat in der Wesermarsch. Davor war er der Bürgermeister von Ovelgönne. Als solcher hat er die Windparks geplant, die er später mit genehmigt hat. Einen Interessenkonflikt sieht er darin nicht. Er sagt, er habe sich aus dem ganzen Genehmigungsprozess rausgehalten. "Gerade deshalb, weil mir bewusst gewesen ist, wie das auf einen Bürger wirken muss, wenn man erst auf der kommunalen Seite diese Planung mit vorangetrieben hat und anschließend auf der Genehmigungsseite das Okay dazu gibt."
Panorama 3 liegen jedoch Dokumente vor, die einen anderen Schluss zulassen. Gesprächsprotokolle und Behördenbriefe belegen, dass sich Brückmann sehr wohl eingemischt hat. So hat er beispielsweise einer verantwortlichen Mitarbeiterin explizite Fragen zum Genehmigungsverfahren der Windparks gestellt. Unter anderem auch hinsichtlich der möglichen Windkraftflächen der Gemeinde Ovelgönne. Er fragte, warum diese oder jene Fläche keine Berücksichtigung fände. Hat er sich mit solchen Fragen nicht doch eingemischt? Brückmann sagt im Interview: "Nein, das sehe ich nicht so."
Drohende Millionenkosten
Umweltschützerin Cordula Rebehn ist nach den ersten Beschlüssen der Gerichte zuversichtlich, dass sie einen Windpark hier im Barghorner Moor - auch über den einstweiligen Baustopp hinaus - verhindern kann. Denn ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg aus dem Jahr 2017 kommt zu dem Ergebnis, dass das Vorranggebiet eine Windenergienutzung ausschließt. Das Gerichtsverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen.
Für den Landkreis könnte die Genehmigung des Windparks noch teuer werden. Wenn der Investor den Landkreis für die entgangenen Erträge aus dem nie gebauten Windpark in Regress nehmen würde. Das könnte den Landkreis Wesermarsch Millionen kosten.