Medien-Scouts an Schulen im Kampf gegen Cybermobbing und Hass
Ob Fakenews, Kinderpornos, Mobbing oder Mediensucht – die Gefahren im Internet sind groß. In Salzgitter gibt es jetzt das Projekt MedienScoutz. Dabei werden Schülerinnen und Schüler ausgebildet, um Aufklärungsarbeit zu leisten.
Viele Jugendliche und Kinder surfen im Netz oder geben Fotos einfach weiter, ohne die gesetzlichen Grenzen zu kennen. Aufklärung und Begleitung ist hier besonders wichtig, aber junge Menschen haben oft Angst, mit Eltern oder Lehrkräften zu reden. Doch mit wem darüber sprechen, was dort im Internet passiert? In Salzgitter gibt es nun an drei Schuen sogenannte Medien-Scouts. Das sind engagierte Schüler*innen, die sich von der Polizei und der Stadt ausbilden lassen, um Medien-Fragen ihrer Mitschüler*innen zu beantworten und Hilfe anzubieten.
Medien-Scouts: Kenntnis der Grundrechte ist Voraussetzung
Alle drei Monate trifft sich Polizei-Hauptkommissarin Claudia Kramer mit den Medien-Scouts. Heute ist das Thema Persönlichkeitsrechte. Aufmerksam lauschen ihr 20 Schüler und Schülerinnen. Das Ziel ist, sie in Sachen Mediennutzung fit zu machen. Heute am Beispiel eines Mädchens, das ungewollt auf der Toilette fotografiert wurde. Das Foto landet in einem Chat und sie wird genötigt. Claudia Kramer möchte von der Klasse wissen, um welche Straftaten es sich dabei konkret handelt. Ein Mädchen aus der Klasse antwortet: "Nach Paragraf 201 Strafgesetzbuch darf man ohne Einwilligung nicht fotografiert werden und erst recht nicht auf einer Toilette." Für einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien, müssen die Medien-Scouts auch die Grundrechte kennen.
Medien und Mobbing: Straftaten an Schulen nehmen zu
Ein grundlegendes Problem sei, dass viele Kinder und Jugendliche gar nicht wissen, was im Netz erlaubt ist und was nicht, erklärt Claudia Kramer. Zudem gebe es keine Altersbegrenzung, ab wann Eltern ihren Kindern ein Handy kaufen dürfen und so sei auch der unbeschränkte Zugang ins Internet möglich: "Die Inhalte können oft gar nicht verarbeitet werden und Austragungsorte, um dies dann zu verarbeiten, sind oft die Schulen." Deshalb hat sie das Projekt vor drei Jahren zusammen mit der Stadt Salzgitter gestartet. Die Idee: Schüler zu Medien-Scouts auszubilden, damit sie ihren Mitschüler*innen in der digitalen Welt helfen. Denn auch in Salzgitter haben Straftaten im Schulkontext zugenommen.
Themen werden in einer AG aufgearbeitet
Mittlerweile gibt es 60 Medien-Scouts an drei Schulen. Alle engagieren sich in ihrer Freizeit, so wie die Neuntklässler Melisa und Yanik. Melisa sagt: "Ich bin selbst aktiv bei TikTok und Instagram. Da sieht man auch, wie Leute beleidigt oder gehatet werden." Yannic war selbst schon davon betroffen: "Es ist sehr schmerzhaft, das zu erleben. Und es tut weh, andere leiden zu sehen, wenn man es selber schon erfahren hat." Die 20 Medien-Scouts der Gottfried-Linke-Realschule in Salzgitter sind immer für ihre Mitschüler*innen ansprechbar. In der MedienScoutz-AG werden die Anfragen zusammen mit Informatiklehrerin Kerstin Behrens jede Woche aufgearbeitet. Sara berichtet von einem Jungen: "Er meint, dass er aus Versehen Fotos davon gepostet hat, wie er auf Toilette sitzt. In einem Workshop mit der Klasse haben wir geübt, diesen Screenshot zu löschen und nicht weiterzuverbreiten."
Starke Verunsicherung durch schräge Aktionen im Netz
Nicht nur peinliche Fotos und Mobbing sondern auch kuriose Mutproben in den sozialen Medien und Kettenbriefe einer Horrorfigur beschäftigen die Medien-Scouts, erzählt Maja: "Die Kinder aus der 5. Klasse können teilweise gar nicht mehr schlafen, weil sie unheimliche Briefe bekommen. Sie glauben, dass eine Horrorfigur namens Momo, sie um drei Uhr nachts besuchen wird, wenn sie den Brief nicht weiterleiten." In solchen Momenten sind die Medien-Scouts wichtige Ansprechpartner. Maya findet es hilfreich, dass die Schüler*innen noch andere Ansprechpartner haben als Erwachsene, wenn sie solche Probleme haben. Im besten Fall lösen sie die Probleme zusammen mit den Lehrkräften bereits in der Schule - ohne Strafanzeige, sagt Lehrerin Behrens: "Unser Ziel ist es, die Schüler zu sensibilisieren und ihnen beizubringen, wie sie es richtig machen sollen." Um so früh wie möglich über Mediennutzung aufzuklären, geben die Medien-Scouts sogar demnächst einen Workshop in einer Grundschule.