Krise bei VW: Mitarbeiter wären zu Gehaltsverzicht bereit
IG Metall und der Volkswagen-Betriebsrat haben in Wolfsburg einen "Zukunftsplan" vorgestellt, der die Personalkosten um 1,5 Milliarden Euro senken soll. VW reagierte zunächst zurückhaltend auf die Vorschläge.
"Weil nachhaltige Lösungen her müssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor", sagte Gesamt- und Konzernbetriebsratschefin Daniela Cavallo. Für Gewerkschaft und Betriebsrat stehen die Beschäftigungssicherung und eine Perspektive für alle VW-Standorte nach wie vor im Vordergrund. "Wir können uns vorstellen, mit der Entgelterhöhung in der Fläche zunächst nicht in Auszahlung zu gehen, sondern als kollektives Arbeitszeitvolumen in einen Zukunftsfonds fließen zu lassen", sagte IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger. Damit solle der notwendige Umbau des Autobauers sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen begleitet werden. Mit dem Zukunftsfonds könne ein solidarisches Element über alle Standorte hinweg geschaffen und bei Bedarf Arbeitszeiten gesenkt werden, so Gröger.
So sieht der "Zukunftsplan" von IG Metall und Betriebsrat aus:
- Produktverteilung soll Stammbelegschaften in allen deutschen Standorten absichern und Werksschließungen abwenden
- Geforderter "Beitrag der Belegschaft" soll über befristeten Boni-Verzicht laufen - Vorstand inklusive
- Vorstand und Management sollen stärker beitragen als der Tarif
- Arbeitnehmerseite wäre für Gesamtpaket bereit, Tariferhöhung in Zukunftsfonds zu geben
- Neue Beschäftigungssicherung für die Volkswagen AG soll wieder in Kraft treten
- Im Gesamtpaket muss auch ein Beitrag durch die Dividenden-Politik enthalten sein
IG Metall: "Legen 1,5 Milliarden Euro auf den Tisch"
Die Arbeitnehmervertreter schlagen vor, dass in den Jahren 2025 und 2026 Teile der Boni von Vorstand über Management bis in den Tarif für die Zukunftssicherung eingebracht werden. Dazu sollen Management und Vorstand stärker beitragen als die Tarifbeschäftigten. Darüber hinaus plädieren IG Metall und Betriebsrat dafür, dass im Gesamtpaket auch ein Beitrag durch die Dividenden-Politik enthalten sein muss. Betriebsratschefin Cavallo betonte zudem, dass es dringend Zukunftsinvestitionen in neue Technologien brauche, unter anderem mit Blick auf die sogenannte Batteriestrategie an den Komponentenstandorten. Dabei gehe es um die Herstellung von Batteriezellen und weiteren Teilen für die Elektromobilität. "Nicht nur um die Beschäftigung zu erhalten, sondern auch, um Kernaufgaben bei VW zu behalten und dafür zu sorgen, uns an den Standorten nicht von Zulieferern aus dem asiatischen Raum abhängig zu machen", sagte Cavallo. Mit all diesen Vorschlägen sollen zusammengenommen "nach unseren Berechnungen 1,5 Milliarden Euro auf den Verhandlungstisch" gelegt werden, sagte Gröger in Wolfsburg.
VW muss jetzt Lösungen ermöglichen
Die Arbeitnehmerseite gehe mit diesem Gesamtpaket einen "ungewöhnlichen Schritt" in der dritten Runde der Tarifverhandlungen, "indem wir dem Unternehmen ein Stück weit die Hand reichen", so Gröger. Im Gegenzug verlangen IG Metall und Betriebsrat die Garantie, VW-Standorte und Beschäftigung zu erhalten. Nun sei es an VW, Verantwortung zu übernehmen und schnelle Lösungen zu ermöglichen, sagte der Gewerkschafter. "Andernfalls würde der Tarifpartner mutwillig eine Eskalation provozieren", so der IG-Metall-Verhandlungsführer. Aus Sicht von Cavallo hat der Autobauer bislang kein konkretes Zukunftskonzept vorgelegt. Stattdessen habe VW mehrere Belegungsszenarien vorgestellt, die der Betriebsrat nicht unterstütze, sagte Cavallo. So wolle Volkswagen unter anderem in erheblichem Umfang Outsourcing betreiben und ganze Abteilungen schließen.
Wie reagiert der Wolfsburger Autobauer VW?
Volkswagen begrüßte zunächst die Offenheit für Maßnahmen zur Anpassung der Arbeitskosten. "Jeder Vorschlag hilft, der einen Beitrag zur Zielerreichung leistet", sagte Personalvorstand Gunnar Kilian am Mittwoch. Die Vorschläge müssten nun finanziell geprüft werden. Für die Volkswagen AG stehen laut Kilian nach wie vor finanzielle Ziele und die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt. Werksschließungen seien weiterhin nicht ausgeschlossen. "Der eingebrachte Vorschlag muss sich daran messen lassen, ob er konkrete und nachhaltige Lösungen bietet, die sowohl die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens sichert als auch die Zukunft der Belegschaft glaubhaft schützt", sagte der Personalvorstand. In der Tarifrunde am Donnerstag wolle man darüber in den Austausch gehen.
VW: Werke sind nicht mehr ausgelastet
Volkswagen schließt seit Anfang September wegen zu geringer Gewinne betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen in Deutschland nicht mehr grundsätzlich aus. Laut Betriebsrat droht drei VW-Werken das Aus. Der Grund ist nach Auskunft des Autobauers die sinkende Nachfrage, weshalb Fabriken nicht mehr ausgelastet seien. Das VW-Management fordert in den Tarifverhandlungen eine Senkung der Entgelte um zehn Prozent sowie den Verzicht auf eine Reihe von Sonderzahlungen. Im Gegenzug zum Erhalt der Standorte hatte Volkswagen die Gewerkschaft aufgefordert, ihrerseits dem Unternehmen entgegenzukommen. Die Friedenspflicht endet am 1. Dezember - dann wären auch wieder Streiks möglich.