Kommentar: "Entscheidung für Pistorius aus der Not heraus"
Boris Pistorius folgt auf Christine Lambrecht (beide SPD) als Bundesverteidigungsminister. Zeit, sich einzuarbeiten und die vom Kanzler angekündigte Zeitenwende zu bewältigen, hat er nicht.
Ein Kommentar von Ludger Vielemeier, Chefredakteur Audio & News
Unverhofft kommt oft. Und dieser Coup war nun wirklich überraschend. Es wurde so viel spekuliert: Nur sein Name fiel nie. Klingbeil, Schmidt, Heil, Högl rauschten durch die Medien. Aber der eine wollte nicht, der zweite zierte sich öffentlich und zwei weitere kamen für Kanzler Scholz nicht infrage. Und das hieß dann: außerhalb von Berlin suchen. Dann den besten finden. Und der ist aus der Sicht des Kanzlers Boris Pistorius, erfolgreicher Innenminister in Niedersachsen: ehrgeizig, integer und fähig. Was er vor allem kann: Organisation, Struktur und Prozesse steuern. Alles das, was seine Vorgängerin nicht konnte und wo es in der Bundeswehr extreme Defizite gibt.
Pistorius hat keine Erfahrung in der Bundespolitik
Die Opposition sagt 3. Wahl. Das ist richtig. Pistorius ist Landespolitiker. Die Berliner Luft kennt er nicht. Und auch nicht die sehr spezielle Blase der Hauptstadt - mit den vielen Schlingen und Fallstricken. Sicher ein Nachteil. Zumal Pistorius keine Zeit hat, sich einzuarbeiten. Die Panzerfrage wiegt schwer; Beschaffung und Ausrüstung: ein einziges Desaster. Und hinzu kommt die Zeitenwende. Die Kanzler Scholz spektakulär angekündigt hat. Danach ist wenig passiert. Und die Probleme der deutschen Armee sind so komplex und so groß, dass es einige Jahre dauert, bis eine Wende auch nur zum Besseren erreicht ist.
Mit Christine Lambrecht ging es nicht weiter
Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin war die falsche Wahl. Ein schwerer Fehler des Kanzlers. Ob Pistorius diese Wende schafft? Es gibt sehr viele Fragezeichen. Klar ist nur: Mit Christine Lambrecht ging es nicht weiter. In seiner Not musste der Kanzler einen Nachfolger präsentieren, der darauf hoffen lässt, dass die Bundeswehr besser geführt wird als bisher. Zumindest das ist Olaf Scholz gelungen. Und insofern hat der Kanzler die bestmögliche Entscheidung getroffen.