Klinik-Beschäftigte demonstrieren für mehr Geld vom Bund

Stand: 20.09.2023 21:13 Uhr

Die Lage der Krankenhäusern in Niedersachsen spitzt sich immer weiter zu, vielen droht die Insolvenz. Am Mittwoch haben sich Tausende an einem bundesweiten Protesttag der Krankenhäuser beteiligt.

von Tullio Puoti

In Hannover gingen nach Polizeiangaben rund 2.500 Menschen auf die Straße. Sie forderten mehr Geld vom Bund, um ein Kliniksterben zu verhindern. Unterstützung erhielten die Demonstranten von Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD). "Wenn der Bund nicht schnell handelt, rennt uns die Zeit davon", warnte Philippi. Vielen Kliniken stehe das Wasser bis zum Hals. Daher brauche es noch vor der geplanten Krankenhausreform eine finanzielle Sicherung. Der Minister verwies darauf, dass das Land seine Beteiligung an den Investitionskosten der Krankenhäuser erhöhen werde. Für die Betriebskosten sei aber der Bund zuständig. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Sebastian Lechner, forderte in einer Mitteilung, das Land müsse zur Überbrückung selbst Liquiditätskredite für die Kliniken auf den Weg bringen und dürfe nicht länger auf den Bund warten.

Niedersachsen stellt 400 Millionen Euro Förderung bereit

Am Mittwoch wurde bekannt, dass das Land Niedersachsen den Neubau der Klinik in Großburgwedel (Region Hannover) und das neue Krankenhaus in Peine mit mehr als 400 Millionen Euro fördern wird. Die Landesregierung plant zudem ein Sondervermögen für bessere Versorgung.

NKG: "Krankenhäuser in Niedersachsen so gefährdet wie nie zuvor"

Nach Angaben der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) beträgt das Minus der Kliniken aktuell mehr als 498 Millionen Euro. Bis Ende 2024 könnte es eine Milliarde Euro werden. "Die Krankenhäuser in Niedersachsen sind so gefährdet wie nie zuvor", sagt Helge Engelke, Verbandsdirektor der NKG. Gründe für das finanzielle Defizit seien die Inflation, gestiegene Energiepreise und Tarifsteigerungen. Die für kommendes Jahr vereinbarte Erhöhung der Tarife um rund zehn Prozent für die Mitarbeitenden seien "vollkommen verdient" und die Krankenhäuser wollten diese auch zahlen. Allerdings seien viele Kliniken damit finanziell überfordert. Die Krankenhäuser und ihre Beschäftigten fordern vom Bund einen Inflationsausgleich und die vollständige Finanzierung der tariflichen Lohnsteigerungen. Zuletzt hatte in Niedersachsen das evangelische Agaplesion-Krankenhaus in Holzminden einen Insolvenzantrag gestellt.

Weitere Informationen
Eine Person schiebt ein Krankenhausbett über einen Flur © Colourbox Foto: Syda Productions

Niedersachsen fördert Kliniken mit mehr als 400 Millionen Euro

Damit sollen der Neubau der Klinik Großburgwedel und das neue Krankenhaus in Peine gefördert werden. (20.09.2023) mehr

Krankenschwestern schieben ein Krankenhausbett durch eine Flur. © sudok1/fotolia Foto: sudok1

Kliniken in Not: Städtetag spricht von "unterlassener Hilfeleistung"

Im Streit um die Finanzlage der Krankenhäuser in Niedersachsen verschärft sich der Ton. (31.08.2023) mehr

Kommunen fordern mehr Geld vom Land

Der Niedersächsische Städtetag nimmt aber auch das Land in die Pflicht. "Der Ministerpräsident muss die Krankenhaus-Finanzierung zur Chefsache machen", erklärt Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetags (NST). Auch kommunale Krankenhäuser stünden unter Druck und werden nach seinen Aussagen freiwillig von den Kommunen unterstützt. In den vergangenen zwei Jahren seien hier insgesamt bereits mehr als 800 Millionen Euro von zehn Kommunen geflossen. So sei es aber nicht vorgesehen, meint Arning. Per Gesetz sind eigentlich der Bund beziehungsweise die Krankenkassen für die Betriebskosten der Kliniken zuständig, zum Beispiel für Personal- und Energiekosten. Die Länder müssen unter anderem die Neubauten und Geräte finanzieren.

Bund plant umfassende Krankenhausreform

Bis zum 1. Januar 2024 soll ein neues Krankenhausgesetz in Kraft treten. Kliniken sollen umstrukturiert werden und einer von drei Kategorien angehören: wohnortnahe Grundversorgung, Regel- und Schwerpunktversorgung, Maximalversorgung. Bis zur Umsetzung will das Bundesgesundheitsministerium wohl erst mal kein weiteres Geld freigeben.

Weitere Informationen
Andreas Philippi (SPD) spricht bei einer Sitzung im Deutschen Bundestag. © picture alliance/Flashpic/Jens Krick Foto: Jens Krick

Finanzielle Not: Philippi sieht Akuthilfe für Kliniken kritisch

Niedersachsen wird laut dem Gesundheitsminister keine Akuthilfe anbieten - diese würde die Insolvenz allenfalls verzögern. (13.09.2023) mehr

Krankenschwestern schieben ein Krankenhausbett durch eine Flur. © sudok1/fotolia Foto: sudok1

Kliniken in Not: Städtetag spricht von "unterlassener Hilfeleistung"

Im Streit um die Finanzlage der Krankenhäuser in Niedersachsen verschärft sich der Ton. Die Städte fordern Geld vom Land. (31.08.2023) mehr

Symbolfoto Notaufnahme © dpa Foto: Klaus-Dietmar Gabbert
5 Min

NDR Info Serie: Krankenhäuser in Not

Viele Kliniken auch im Norden leiden unter Finanzdruck und ausgelaugten Pflegekräften. NDR Info beleuchtet in einer Serie in dieser Woche die Hintergründe. (24.07.2023) 5 Min

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 20.09.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Gesundheitspolitik

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

Einsatzkräfte von Rettungsdiensten sind im Einsatz auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Auf dem Weihnachtsmarkt ist ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. © Dörthe Hein/dpa-Zentralbild/dpa

Neunjähriger aus Niedersachsen stirbt bei Anschlag in Magdeburg

Das Kind kam nach NDR Informationen aus Warle im Landkreis Wolfenbüttel. Der jüngere Bruder des Jungen wurde leicht verletzt. mehr